Das Duo Ell/Nikki aus Aserbaidschan holt den Eurovision Song Contest nach Baku. Foto: dapd

Ell und Nikki holen den ESC nach Baku - Titelverteidigerin Lena landet auf Platz 10.

Düsseldorf - Aserbaidschan hat den Eurovision Song Contest in Düsseldorf gewonnen. Die deutsche Titelverteidigerin Lena kam mit ihrem Song "Taken By A Stranger" auf einen ordentlichen zehnten Platz.

Mit Liebeslied zum ersten Sieg für Aserbaidschan

Für Aserbaidschan ist es der erste Sieg in der 55-jährigen Grand-Prix-Geschichte. Italien kam nach 14 Jahren Eurovisions-Pause mit einer Swingnummer direkt auf Platz zwei; Schweden belegte Rang drei. Die Schweiz - überraschend ins Finale gekommen - kam auf den letzten Platz im 25er Teilnehmerfeld.

Für Aserbaidschan holte das Duo Ell und Nikki den Titel mit seinem gefühlvollen Liebeslied "Running Scared". Der Song geht unter die Haut, nimmt aber deutliche Anleihen bei westlichen Pop-Balladen. Das Gesangspaar setzte sich in einem spannenden Finale erst sehr spät mit zuletzt 221 Punkten vor Italien (189) und Schweden (185) durch. Im Finale waren alle 43 diesjährigen Grand-Prix-Teilnehmer stimmberechtigt, also auch die Nationen, die bereits im Halbfinale ausgeschieden waren.

Titelverteidigerin Lena mit Platz zehn zufrieden

Lena scheint mit dem Ergebnis bei ihrer missglückten Mission Titelverteidigung zufrieden. Wenigstens ließ sich die 19-Jährige in ihrer Reaktion kurz nach der dreistündigen Show keine Enttäuschung anmerken. "Es geht mir fantastisch", sagte sie in der ARD zu Platz zehn mit 107 Punkten. "Ich fühl mich wie auf Wolke 2000. Von mir fällt ein Riesenstein." Auch ihre Fans scheinen mit Platz zehn leben zu können. Die 12.000 Zuschauer beim Public Viewing in Lenas Heimatstadt Hannover freuten sich größtenteils über die Performance und feierten eine ausgelassene Grand-Prix-Party - ebenso wie tausende Fans auf der Hamburger Reeperbahn und am Rheinufer in Düsseldorf.

Die größte TV-Show, die das deutsche Fernsehen je produziert hat, bot großes Kino: Eine fantastische Bühne, ein vor Farbenbrillanz sprühender Riesenscreen von 60 Mal 18 Metern, verspielt-künstlerische Einspielfilmchen und untypisch-deutsche Gags. Gut, das Ganze hat die Gebührenzahler auch rund zwölf Millionen Euro gekostet. Aber die Shows in Oslo und Moskau in den Vorjahren waren noch teurer, wie die ARD-Vorsitzende Monika Piel kurz vor dem Finale betonte - und außerdem ist der letzte Grand Prix auf deutschem Boden ja auch 28 Jahre her.

Zwölf Punkte für Moderatoren Engelke, Rakers und Raab

Das Moderatoren-Trio Anke Engelke, Judith Rakers und Stefan Raab machte seine Sache gut: Engelke überzeugte durch Witz und ihre Eloquenz in perfektem Englisch und Französisch, "Tagesschau"-Sprecherin Rakers zeigte sich als Diva in silbrig glänzenden Galakleidern und plauderte im "Green Room" mit den Künstlern wie in einer Opern-Pause. Raab überzeugte weniger als Moderator denn als musizierender Entertainer: Seine Show-Eröffnung mit "Satellite" - Lenas Gewinnersong von 2010 - war ein Kracher: Rockig und mit Big-Band-Unterstützung interpretierte er das Lied völlig neu. Und als Sahnehäubchen durfte Lena aus einem Pulk von Lena-Klonen auf einen Kontrabass steigen und die letzten Takte mitträllern.

Überraschend war diesmal - selbst für eingefleischte Grand-Prix-Experten und -Fans - die überwiegend hohe Qualität der musikalischen Länder-Beiträge: Kaum schräge Stimmen und so gut wie keine Fremdschäm-Momente, dafür aber auch wenig Folkloristisches. Es dominierte Pop westlicher Machart mit maximal angedeuteten ethnischen Nuancen. Immerhin reichte die Palette von Gothic-Rock aus Georgien über Italo-Jazz-Piano, korsische Oper und Euro-Pop aus Ungarn bis zu spanischer Fiesta-Musik.