Szene aus „Master of the Universe“ Foto: Verleih

Überraschung bei der Gala zum Europäischen Filmpreis in Riga: Gleich fünf Auszeichnungen gingen an „Ida“ von Pawel Pawlikowski. Der Stuttgarter Marc Bauder freute sich über die Ehrung für „Master of the Universe“.

Stuttgart - Für Pawel Pawlikowski war es eine „fantastische Nacht“. Mit seinem bewegenden Schwarz-Weiß-Drama „Ida“ holte der polnische Regisseur beim 27. Europäischen Filmpreis fünf Trophäen, darunter den Preis für den besten Spielfilm. Doch auch der gebürtige Stuttgarter Marc Bauder konnte nach der Verleihung in der lettischen Hauptstadt Riga am Samstagabend die Sektkorken knallen lassen. Er wurde für seine Banker-Doku „Master of the Universe“ in der Kategorie bester Dokumentarfilm ausgezeichnet.

Begeistert hatte unsere Kritikerin über „Ida“ geschrieben: „Polen 1962. Eine Frau hält den Totenkopf ihres Sohnes in den Händen. Sein Mörder, ein polnischer Bauer, hat das jüdische Kind in der Nazizeit erschlagen. Neben der Frau steht ihre Nichte im Habit einer katholischen Novizin. Erst seit Stunden weiß Anna, dass sie eigentlich Ida heißt, dass die Aufnahme in ein Kloster ihr das Leben gerettet hat. Es ist ein Danse macabre, ein in Schwarz-Weiß gedrehtes Juwel,das Pawel Pawlikowski erzählt. Wanda, die jüdische junge Mutter, entwickelt sich im Nachkriegspolen zu einer rachsüchtigen, parteitreuen Richterin mit dem Hang zu zügellosem Alkohol- und Männerverbrauch. Anna/Ida, ihre Nichte, tastet sich an ihrer Seite in das außerklösterliche Leben.“

Nicht minder beeindruckt war unser Kritiker von Marc Bauders jetzt in Riga als bester Dokumentarfilm geehrtem „Master of the Universe“. Ein Ausschnitt: „,War die Deregulierung für die Krise verantwortlich? Nein. War sie die Voraussetzung? Ja.’

So redet der frühere Investmentbanker Rainer Voss, ein kalter Analytiker mit scharfem Verstand. Wo J. C. Chandor in seinem Spielfilm „Margin Call“ (2011) mit Kevin Spacey und Zachary Quinto versucht hat, die Finanzkrise in fiktionalisierter Form begreifbar zu machen, lässt der Stuttgarter Dokumentarfilmer Marc Bauder nun einen Insider seine Sicht der Dinge darstellen. Wie Bauder diesen Monolog inszeniert, ist atemberaubend. Er hat in exakt jenem stillgelegten Bankenturm in Frankfurt gedreht, in dem Voss früher tätig war, bevor seine Firma von einer anderen geschluckt wurde.

Am stärksten ist der Film, wenn Voss simple, leicht nachvollziehbare Widersprüche formuliert: ,Über 100 Millionen für die Kultur wird jahrelang gestritten, 100 Milliarden für die Banken, das geht übers Wochenende’, sagt er, ehrlich verwundert. Genau wie darüber, dass weiter munter mit hohem Risiko gezockt werden darf: ,Die Finanzfirmen machen das nur, weil sie dürfen. Die Politik müsste nur sagen: Hört auf!’

In der Euro-Krise hätten die Investoren mit dem schwächsten Land angefangen, sagt er, nach Griechenland dann Portugal, Spanien und Italien ins Visier genommen. Jetzt sei Frankreich an der Reihe. ,Das ist dann das Ende’, glaubt Voss. ,Das fliegt uns um die Ohren’.“

Auch die Deutschen Natascha Curtius-Noss und Claus-Rudolf Amler bekamen Preise in Riga – für das Kostüm- und Szenenbild des Alpendramas „Das finstere Tal“. Die Auszeichnung als bester Schauspieler gewann derweil der Brite Timothy Spall („Mr. Turner – Meister des Lichts“). Als beste Schauspielerin wurde in Abwesenheit die Französin Marion Cotillard („Zwei Tage, eine Nacht“) geehrt.

Emotional wurde es, als Agnès Varda (86) für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Die französische Filmemacherin nahm die Ehrung sehr gerührt und etwas verlegen entgegen. Doch die Regisseurin und Autorin - „Großmutter der Nouvelle Vague“ - äußerte auch Kritik: Zu wenig Frauen seien unter den Nominierten für den Filmpreis gewesen. Der britische Filmemacher Steve McQueen („12 Years a Slave“) wurde für seinen „einzigartigen Beitrag zum internationalen Kino“ geehrt.

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