Deutschland und Frankreich schlagen zur Tilgung der Schulden ein Sonderkonto vor.

Athen/Paris - Griechenland steht mit dem Rücken zur Wand: Die Hauptgeldgeber Deutschland und Frankreich erhöhen den Druck auf das Euro-Sorgenkind. Zur Tilgung der Schulden Athens brachten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ein Sonderkonto ins Spiel. Über dieses Sperrkonto, auf das die griechische Regierung keinen Zugriff hätte, sollten Zinszahlungen des von der Staatspleite bedrohten Landes abgewickelt werden. Damit hätten Investoren die Sicherheit, dass sie regelmäßig auch ihre Zinsen bekommen.

Noch immer kein Durchbruch bei Verhandlungen

In Athen gibt es noch immer keinen Durchbruch bei den Spar-Verhandlungen. Die Gewerkschaften kündigten für Dienstag einen Streik an. Klare Worte kamen auch aus Brüssel: Dort rief die EU-Kommission zu raschem Handeln auf. „Die Fristen sind bereits überschritten“, sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn. Die Brüsseler Behörde sieht vor allem die Regierung von Regierungschef Lucas Papademos gefordert: „Der Ball ist im Feld der griechischen Behörden“, sagte der Sprecher.

Die griechische Regierung steht an mehreren Fronten unter massivem Druck. So muss sie sich mit den Finanzkontrolleuren von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB), der sogenannten Troika, nicht nur auf weitere Einsparungen einigen, sondern auch die Verhandlungen mit den privaten Gläubigern für den dringend benötigten Schuldenschnitt in Höhe von 100 Milliarden Euro erfolgreich zu Ende bringen.

Die Einigung ist Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Tranche von Hilfskrediten an das klamme Land. Sollten die Verhandlungen scheitern, droht dem Land die Staatspleite. In deutlichen Worten forderten Merkel und Sarkozy am Montag die griechische Regierung und alle Parteien in Athen auf, die zugesagten Reformen bedingungslos umzusetzen und Forderungen der „Troika“-Kontrolleure nach weiteren Einsparungen zu erfüllen. Ansonsten blieben zusätzliche Milliarden-Hilfen weiter blockiert.

Ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone sei kein Thema

Ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone sei aber kein Thema, betonten Merkel und Sarkozy nach einem Treffen der Regierungen beider Länder in Paris. „Die Zeit drängt, und deshalb muss schnell etwas geschehen“, sagte die Kanzlerin. Für die gesamte Euro-Region stehe viel auf dem Spiel. Es könne keine Einigung geben, wenn die Vorschläge der „Troika“ nicht umgesetzt würden. „Sie liegen auf dem Tisch.“

In den nächsten Tagen müsse es Fortschritte geben, mahnte Merkel mit Blick auf die Gespräche in Athen, die sich seit Wochen hinziehen. „Ich kann, ehrlich gesagt, auch gar nicht ganz verstehen, worin der Nutzen weiterer Tage liegen soll.“ Auch Sarkozy meinte: „Das Problem Griechenlands muss ein für alle Mal geregelt werden.“ Er ermahnte alle griechischen Parteien, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

Die Grundidee für das von Merkel und Sarkozy jetzt vorgeschlagene Extrakonto orientiert sich an einem Plan von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für nationale Tilgungsfonds der Euro-Länder zum Schuldenabbau. Demnach würde ein Teil der griechischen Einnahmen auf das Sonderkonto fließen. Sie wären damit anderen Ausgabezwecken entzogen. Ziel dieses transparenten Verfahrens beim Schuldenabbau ist es auch, Zweifel der Märkte und Anleger zu zerstreuen.

Idee eines Sonderkontos komme aus Berlin

Nach Einschätzung von EU-Diplomaten kommt die Idee eines Sonderkontos aus Berlin. Sie sei im Zusammenhang mit der Idee eines „Sparkommissars“ zu sehen, die beim EU-Gipfel vor einer Woche von vielen europäischen Partnern zurückgewiesen wurde. Der Vorstoß für den „Sparkommissar“ war dem Vernehmen nach aus dem Berliner Finanzministerium gekommen. In Athen ziehen sich die Verhandlungen über neue Sparanstrengungen weiter in die Länge.

Die eigentlich für Montag erwartete alles entscheidende Sitzung von Ministerpräsident Papademos mit den Vorsitzenden der regierungsstützenden Parteien wird wohl erst am Dienstag stattfinden. Dies berichtete das staatliche griechische Fernsehen (NET).

Papademos sollte am Abend abermals die Experten der „Troika“ treffen. Knackpunkt in den Gesprächen mit den Chefs der Sozialisten, Konservativen und der kleinen rechtsgerichteten Partei (LAOS) dürften die von der „Troika“ verlangten Lohnkürzungen auch im privaten Sektor sein, die nach Gewerkschaftsangaben bis zu 25 Prozent weniger Einkommen für die Arbeitnehmer bedeuten könnten.

Sparvorgaben seien deutlich verfehlt worden

Papademos braucht innenpolitische Unterstützung für eine Einigung - andererseits droht die Staatspleite, wenn die Troika nicht den Weg für das geplante weitere Rettungspaket im Volumen von mindestens 130 Milliarden Euro freigibt. Aus Protest gegen neue drohende Kürzungen kündigten die Gewerkschaften bereits für Dienstag einen spontanen Streik an.

Nach Informationen der „Bild“-Zeitung (Montag) spricht die „Troika“ in ihrem jüngsten Griechenland-Bericht von „katastrophalen Zuständen“. Die Sparvorgaben seien deutlich verfehlt worden, schreibt das Blatt. Parallel verlaufen auch die Verhandlungen mit den privaten Gläubigern - darunter Banken und Hedge-Fonds - über einen Schuldenschnitt auf Hochdruck. Die Gespräche mit dem internationalen Bankenverband IIF dauern bereits seit Dezember an.