Der Europäische Gerichtshof hat die deutsche Regelung zum Familiennachzug bestätigt. Foto: dpa

Der Europäische Gerichtshof hat die Klage einer türkischen Ehefrau, die per Familiennachzug zu ihrem in Stuttgart lebenden Mann übersiedeln wollte, abgelehnt. Dies sei aus „Gründen der effektiven Einwanderungskontrolle“ zulässig. Härtefälle müssten aber berücksichtigt werden.

Stuttgart - Die generelle Visumpflicht für türkische Staatsangehörige gilt auch für nach Deutschland nachziehende Ehegatten. Es sei mit EU-Recht vereinbar, dass beim Ehegattennachzug vor Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erst ein deutsches Visum für die Einreise in das Bundesgebiet verlangt wird, urteilte am Dienstag der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (AZ: C-123/17).

Schon die deutsche Botschaft lehnte ab

Die türkische Klägerin hatte dreimal erfolglos bei der deutschen Botschaft in Ankara ein Visum zum Ehegattennachzug zu ihrem in Stuttgart lebenden Mann beantragt. Dieser lebt seit 1995 hier und geht einer geregelten Arbeit nach. Im Jahr 2013 besuchte die Frau mit einem Touristenvisum ihre in den Niederlanden lebende Schwester und reiste zu ihrem Mann weiter. In Stuttgart stellte sie einen Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug. Diesen lehnte die Stadt aus den gleichen Gründen wie die Botschaft ab. Der Frau fehlten auch einfache Deutschkenntnisse, sie habe keinerlei Bemühungen unternommen, dies zu ändern. Überdies habe sie das vorgeschriebene Visum nicht. Ohne Erfolg machte die Frau geltend, dass sie Analphabetin sei und zudem wegen ihres Gesundheitszustandes auf die Hilfe ihres Mannes angewiesen sei.

Bundesverwaltungsgericht rief den EuGH an

Das juristische Streit kam vor das Bundesverwaltungsgericht, welches das Verfahren Anfang 2017 dem EuGH vorlegte. Dieser sollte prüfen, ob die seit 1980 bestehende Visumpflicht gegen das schon 1976 geschlossene Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Türkei verstößt. Darin wurde vereinbart, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer untereinander schrittweise herzustellen.

Der Gerichtshof urteilte, die Visumpflicht zur Familienzusammenführung sei zwar eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit. Dies sei aber „aus Gründen der effektiven Einwanderungskontrolle und der Steuerung der Migrationsströme gerechtfertigt“. Die deutschen Behörden müssten jedoch Härtefälle berücksichtigen. Etwa wenn der Ehegatte der Klägerin seine Arbeit in Deutschland aufgeben müsste, um seiner Frau beim Visumverfahren in der Türkei zu helfen.