Viktor Orbán verweigert sich bislang einer Einigung in Sachen Asyl. Foto: dpa/Georg Hochmuth

Die Lage in Moskau ist das zentrale Thema bei EU-Gipfel in Brüssel. Doch auch in dieser Krise gelingt es der Union nicht, geeint aufzutreten.

Die verkappte Meuterei in Russland hat die Tagesordnung des EU-Gipfels kräftig durcheinandergewirbelt. In Brüssel betonten besonders die Staats- und Regierungschefs der Länder Osteuropas, dass sie die Entwicklung sehr genau beobachten. Vor allem die geplante Verlegung von russischen Söldnern der Gruppe Wagner nach Belarus hat bei ihnen erhebliche Sorge ausgelöst.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sicherte seinen Kollegen und Kolleginnen im Fall einer möglichen Eskalation die deutsche Unterstützung zu. „In der Nato haben wir uns Beistand versprochen. Jeder Angriff auf Nato-Territorium ist eine Sache, die wir gemeinsam beantworten werden“, sagte er auf eine Frage nach der Sicherheit der an Belarus angrenzenden Staaten. Polen hatte zuvor bekannt gegeben, wegen der geplanten Verlegung russischer Wagner-Söldner ins Nachbarland Belarus seine Ostgrenze noch stärker sichern zu wollen. Der finnische Regierungschef Petteri Orpro erklärte, dass auch sein Land Vorkehrungen treffen werde. „Wir haben eine 1300 Kilometer lange Grenze zu Russland“, erklärte er am Rande des EU-Gipfels. „Wir wissen nicht, was dort in naher Zukunft passiert, deshalb werden wir unsere Grenze auf jeden Fall verstärken.“

Scholz: Ziel bleibt eine unabhängige Ukraine

Bundeskanzler Scholz sagte, dass auch Deutschland die Entwicklung sehr genau im Auge habe, betonte aber mehrere Male: „Wir sind nicht Partei dessen, was in Russland geschieht.“ Auch verfolge Berlin keinen Regierungswechsel in Moskau. Das einzige Ziel, das Deutschland habe, sei eine unabhängige Ukraine. Bei diesem Kampf werde man das Land so lange wie nötig unterstützen. Was das mittelfristig genau bedeutet, wurde aber auf dem Gipfel nicht wirklich deutlich.

Aus Kiew kam vor dem Treffen die erneute Forderung nach weitreichenden Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach dem Krieg gegen Russland. Darauf kann das Land vorerst allerdings nicht zählen. Das liegt in diesem Fall nicht nur an Ungarn, das seit Wochen immer wieder enge Kontakte in den Kreml pflegt und damit die Politik der EU konterkariert. In Brüssel machte auch der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer deutlich, dass sein Land wegen seiner Neutralität für solche Zusagen die notwendige Zustimmung verweigern würde. Zudem hätten auch Irland, Malta und Zypern klar Bedenken angemeldet. Damit stieß er nicht nur Kiew vor den Kopf, sondern stellte sich auch gegen die östlichen EU-Staaten, die schon vor dem Gipfel darauf gedrungen hatten, dass sich die Europäische Union an den Bemühungen um Sicherheitsgarantien für die Zeit nach dem möglichen Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine beteiligen solle. Dies könnten Beistandszusicherungen für den Fall eines Angriffs sein.

Asylsystem in der EU bleibt Thema

Differenzen gibt es in Brüssel aber nicht nur in Sachen Ukraine. Thema ist auch die Reform des Asylsystems in der EU. Damit soll die Migration begrenzt werden und eine Verteilung von Geflüchteten auf die Staaten innerhalb der EU festgelegt werden. Ungarn und Polen hatten schon vor dem Treffen mitteilen lassen, dass sie den von den EU-Innenministern erreichten Kompromiss ablehnen würden. Wieder einmal standen Vetodrohungen bei wichtigen Abstimmungen im Raum. Olaf Scholz zeigte sich in Brüssel allerdings unbeeindruckt. Der vereinbarte Solidaritätsmechanismus sei ein großer Durchbruch und etwas, das man schon lange zuvor gebraucht hätte, sagte der Kanzler. Er bedeute, dass die Staaten an den Außengrenzen der EU einen Beitrag leisten müssten, indem sie die Ankommenden registrieren und ihnen die Möglichkeit gäben, Asylanträge zu stellen. Gleichzeitig müssten andere Staaten für einen Teil der Flüchtlinge Verantwortung übernehmen, damit die Last nicht allein bei den Grenzstaaten bleibe.

Scholz sagte auch, dass Europa auf Zuwanderung angewiesen sei, um „das Wachstum unserer Wirtschaft zu sichern“. Im selben Atemzug betonte er aber, dass geklärt werden müsse, wie jene Menschen wieder zurückgeschickt werden, die keine Arbeitserlaubnis oder ein Anrecht auf Asyl hätten.