Bundesjustizminister Heiko Maas hat den Generalbundesanwalt Harald Range geschasst. Das Vertrauen in Range sei nachhaltig gestört. Ein Nachfolger steht auch schon fest.
Berlin - Nach den schweren Anschuldigungen gegen das Bundesjustizministerium muss Generalbundesanwalt Harald Range seinen Posten räumen. Justizminister Heiko Maas (SPD) kündigte am Dienstagabend in Berlin an, Range werde in Absprache mit dem Kanzleramt in den Ruhestand versetzt. Dies werde er noch am Abend beim Bundespräsidenten beantragen. Nachfolger solle der Münchner Generalstaatsanwaltschaft Peter Frank werden.
Das Vertrauen in Range sei nachhaltig gestört, teilte Maas (SPD) mit. Die jüngsten Äußerungen und das Vorgehen des Generalbundesanwalts seien nicht nachvollziehbar und vermittelten der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck.
In der Affäre um Landesverrats-Ermittlungen gegen Journalisten des Blogs „Netzpolitik.org“ hatte Range das Justizressort zuvor frontal attackiert und dem Ministerium politische Einflussnahme vorgeworfen. Er habe Anweisung bekommen, ein externes Gutachten sofort zu stoppen und den Auftrag zurückzuziehen, sagte er in Karlsruhe. „Auf Ermittlungen Einfluss zu nehmen, weil deren mögliches Ergebnis nicht opportun erscheint, ist ein unerträglicher Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz.“ Er sei der Weisung aber nachgekommen.
Warum das Vertrauen „nachhaltig gestört“ ist
Netzpolitik.org hatte im Februar und April über Verfassungsschutz- Pläne berichtet, Online-Netzwerke stärker zu überwachen. Dazu stellten die Journalisten vertrauliche Unterlagen ins Netz. Der Verfassungsschutz erstattete Anzeige. Range leitete ein Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats gegen zwei der Blogger ein und gab ein externes Gutachten in Auftrag.
Range sagte, der externe Sachverständige sei in einer vorläufigen Bewertung zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei den am 15. April veröffentlichten Dokumenten tatsächlich um ein Staatsgeheimnis handele. Diese Bewertung habe er dem Ministerium am Montag „unverzüglich“ mitgeteilt. Daraufhin habe er die Weisung erhalten.
Mass erklärte am Dienstagabend wiederum, er habe mit Range am Freitag vereinbart, den Gutachterauftrag zurückzunehmen – und zwar ohne Kenntnis des möglichen Inhalts. Das Vertrauen in Ranges Amtsführung sei nach dessen Äußerungen vom Dienstag „nachhaltig gestört“.
Kritik von allen Seiten
Die Ermittlungen Ranges wurden vielfach als Angriff auf die Pressefreiheit gerügt. Der Betreiber von „Netzpolitik.org“, Markus Beckedahl, sprach von Einschüchterungsversuchen. Justizminister Maas ging bereits am Freitag auf Distanz zu seinem Chefermittler und wurde dafür von Bundeskanzlerin Merkel ausdrücklich unterstützt.
Dagegen zeigte der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach Verständnis für Range: „Die ministerielle Weisung, das bereits in Auftrag gegebene Gutachten auf halbem Weg zu stoppen, ist nicht unproblematisch“, sagte er der „Welt“. Der Deutsche Richterbund (DRB) erklärte, Maas untergrabe das Vertrauen der Öffentlichkeit in objektive Strafverfolgung.
Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz kritisierte Range und den Justizminister: Minister Maas müsse „schlüssig darlegen, warum er nicht zeitiger und deutlicher zum Schutz der Pressefreiheit eingeschritten ist“. Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann verlangte, für eine umfassende und umgehende Information des Bundestages sollten Maas, Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen im Rechtsausschuss Fragen beantworten. Linksparteichef Bernd Riexinger sagte, falls die Regierung nicht ihren Teil zur Aufklärung der Affäre beitrage, werde man über einen Untersuchungsausschuss nachdenken müssen.
Range-Nachfolger Peter Frank um Kurzporträt
Der von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) für den Posten des Generalbundesanwalts vorgeschlagene Peter Frank hat eine so steile wie stetige Karriere in der bayerischen Justiz hinter sich. Er war erst Anfang März mit gerade mal 46 Jahren als neuer Münchner Generalstaatsanwalt und Nachfolger von Christoph Strötz in sein Amt eingeführt worden.
Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) lobte Frank bei dieser Gelegenheit in höchsten Tönen: „In all Ihren bisherigen Funktionen haben Sie unter Beweis gestellt, dass brillanter juristischer Sachverstand, politisches Gespür, ausgeprägte Führungskompetenz und ausgezeichnete Begabung im Umgang mit Menschen einander nicht ausschließen.“ Allesamt Qualitäten, die dem künftigen obersten Anklagevertreter in seinem stark politisch geprägten Amt zugutekommen dürften.
Karriere bei der bayerischen Justiz
Frank begann seine Justizkarriere 1995 im bayerischen Justizministerium und absolvierte danach Stationen als Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft München I, in der Vertretung des Freistaates Bayern beim Bund sowie als Richter am Landgericht München I. Nach der Rückkehr zum bayerischen Justizministerium im November 2006 war er dort unter anderem in der Personalabteilung eingesetzt, deren Leiter er nach einer kurzen Übergangszeit als Richter am Oberlandesgericht München (2010/2011) schließlich wurde.
Übrigens 1993 musste 1993 schon einmal ein Generalbundesanwalt seinen Hut nehmen: Alexander von Stahl. Der Grund war der GSG-9-Einsatz in Bad Kleinen, bei dem der RAF-Terrorist Wolfgang Grams ums Leben kam. Danach war die Stelle acht Monate vakant, bis Ranges Vor-Vorgänger Kay Nehm sein Amt antrat.
Range selber war erst nach wochenlanger Hängepartie im November 2011 Generalbundesanwalt geworden, da die damalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) eigentlich einen anderen Kandidaten bevorzugte.