Der Togg ist das erste von türkischen Firmen entwickelte und gebaute E-Auto. Foto: imago images/GocherImagery/Altan Gocher/GocherImagery via www.imago-images.de

An diesem Montag will Präsident Erdogan das erste von türkischen Firmen entwickelte E-Auto abholen. Für viele Türken dürfte der Togg ein Traum bleiben.

Recep Tayyip Erdogan bekommt sein Traumauto. An diesem Montag will der türkische Präsident das erste E-Auto seines Landes abholen. Mit dem für fast vier Milliarden Dollar entwickelten Togg will Erdogan den Türken kurz vor den Wahlen am 14. Mai zeigen, dass das Land den Sprung zu einer modernen Industrienation geschafft hat. Für die meisten Türken ist das Auto allerdings unerschwinglich.

Die Türkei ist schon jetzt ein wichtiger Standort internationaler Autokonzerne wie Fiat, Ford oder Toyota, die dort Wagen für den europäischen Markt bauen lassen. Die Massenproduktion eines „nationalen und inländischen“ Autos, wie Erdogan es nennt, hat es aber noch nie gegeben. Bei der Vorstellung des Togg-Prototypen vor vier Jahren sagte Erdogan deshalb, für die Türkei gehe ein Traum in Erfüllung. So ganz „national und inländisch“ ist der Togg jedoch nicht. Das Design stammt von der italienischen Firma Pininfarina, der Motor von Bosch, und die Batterie wird mit einem chinesischen Partner hergestellt.

Togg soll Exportschlager werden

Erdogan will den Togg eines Tages „auf den Straßen der ganzen Welt sehen“. Ab 2024 soll der Wagen nach Deutschland und in andere europäische Länder exportiert werden. Bis 2030 soll eine Million der E-Autos vom Band rollen. Für Togg – die Abkürzung steht für „Unternehmensgruppe Türkisches Automobil“ – haben sich vier türkische Konzerne und der Verband der türkischen Handelskammern zusammengetan. Togg-Chef Mehmet Gürcan Karakas ist ein ehemaliger Bosch-Manager.

Gebaut wird der Togg in der Provinz Bursa bei Istanbul, dem Zentrum der türkischen Autoindustrie. Um den Absatz zu sichern, erhöhte Ankara den Einfuhrzoll für chinesische E-Autos kürzlich um 40 Prozent. Zudem verpflichtete sich der türkische Staat zur Abnahme von 30 000 Togg bis 2035.

Mit dem Start der Auslieferung kurz vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Mai kann Erdogan das Projekt im Wahlkampf nutzen. Das Auto gehöre zu seiner Vision eines „türkischen Jahrhunderts“, sagte er. Am Montag will Erdogan als erster Togg-Kunde in seinen Wagen steigen; das zweite Exemplar geht an den aserbaidschanischen Staatschef Ilham Alijew, einen engen Partner von Erdogan.

Der türkische Präsident preist das Auto und die bisher 177 000 Vorbestellungen als wirtschaftlichen Erfolg seiner Regierung an. Angesichts hoher Inflation, des Wertverfalls der Lira und der Erdbebenschäden von mehr als 100 Milliarden Dollar braucht Erdogan gute Nachrichten.

Weitere Innovationen vor der Wahl

Bis zum Wahltag will der Präsident deshalb noch andere Innovationen präsentieren. So plant er die Vorstellung des in der Türkei entwickelten Kampfflugzeugs Hürjet. Auch will er das Kriegsschiff TCG Anadolu vorstellen, das erste amphibische Landungsschiff der Türkei und neue Flaggschiff der türkischen Marine. Bald soll zudem das erste Erdgas aus Gasfeldern vor der türkischen Schwarzmeerküste gepumpt werden. Zusammen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin will Erdogan zwei Wochen vor der Wahl den ersten Block des ersten türkischen Atomkraftwerks in Betrieb nehmen, das vom russischen Unternehmen Rosatom für 20 Milliarden Dollar gebaut wird.

Mit den Vorzeigeprojekten könnte Erdogan viele Türken eher abstoßen als erfreuen. Der regierungskritische Kolumnist Orhan Bursali warf Erdogan vor, mit dem Togg eine „Wahlshow“ abzuziehen. Skeptiker verweisen zudem darauf, dass die nötige Ladeinfrastruktur fehlt. Auch kommt der Togg zu einer Zeit auf den Markt, in der viele Türken angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage an einen Neuwagen nicht einmal denken können.