Am Ortsrand von Pfullendorf erinnert eine Erdölpumpe an die dortige Förderung. Bald könnten neue Ölvorkommen im Land angezapft werden. Foto: dpa

Im Raum Karlsruhe wurde die Erde vermessen. Im besten Fall lagern hier bis zu 50 Millionen Tonnen Erdöl.

Karlsruhe - Am 16. Mai machten sich die Spezialwagen der Rhein Petroleum GmbH ein letztes Mal auf den Weg. Seit Januar waren die sogenannten Vibro-Fahrzeuge zwischen Karlsruhe und Graben-Neudorf auf einer Fläche von rund 270 Quadratkilometern unterwegs. Etwa alle 40 Meter machten sie auf den vorher festgelegten Routen halt. Spezielle Bodenplatten, die zwischen Vorder- und Hinterachse der Fahrzeuge montiert sind, wurden nach unten gelassen und begannen zu vibrieren. Dadurch wurden Schallwellen in den Untergrund gesendet. Rund 20.000 zuvor platzierte Erdmikrofone nahmen das Echo der Wellen wieder auf.

Diese Aufnahmen sollen nun Aufschluss über mögliche Erdölvorkommen in der Gegend geben. Mehrere Terabyte Daten wurden in den vergangenen Monaten gesammelt. Auch im bayerischen Mindelheim im Kreis Unterallgäu und in Hessen entlang des Oberrheins zwischen Mannheim und Darmstadt wurden solche seismischen Untersuchungen durchgeführt. In den kommenden acht Wochen werden diese Grunddaten von Geologen und Geophysikern in einer 3-D-Karte zusammengefügt. Darauf können die Experten erkennen, wo mögliche Erdölreserven in der Erde schlummern. Probebohrungen, die diese letztendlich bestätigen müssten, sind bereits für Ende des Jahres in Planung.

„Erst wenn diese Probebohrungen ergeben, dass tatsächlich Erdöl vorhanden ist, werden wir mit der Förderung beginnen“, sagt Michael Suana, Geschäftsführer der Rhein Petroleum GmbH mit Sitz in Heidelberg.

Früher wurde in der Gegend auch schon Erdöl gefördert

Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Förderung kommen werde, sei relativ hoch, sagt Suana. „Sonst hätten wir diese Untersuchungen nicht durchgeführt, die waren immerhin mit einer hohen Investition unsererseits verbunden.“ Zwischen sechs und sieben Millionen Euro habe die Rhein Petroleum dafür ausgegeben.

Seit den 1920er Jahren ist die Gegend um Karlsruhe als Erdölprovinz bekannt. Bis in die 1990er Jahre wurde hier das schwarze Gold gefördert. In der Zeit von 1935 bis 1987 rund 440.000 Tonnen. Als Mitte der 1990er Jahre der Ölpreis auf unter 20 US-Dollar (etwa 16 Euro) pro Fass sank – 1998 war der Tiefpunkt mit zehn Dollar (etwa acht Euro) pro Fass erreicht –, lohnte sich die Förderung im eigenen Land wirtschaftlich nicht mehr. Die Ölfelder wurden zurückgebaut und aufgegeben. „Wir erwarten nun, dass wir um Karlsruhe Reserven finden, die noch einmal der früher geförderten Menge entsprechen“, so Suana. Diese würde ausreichen, damit die Förderung für das Unternehmen rentabel sei.

Heute kostet ein Fass Erdöl rund 100 US-Dollar (etwa 80 Euro). „Da der Preis in den vergangenen Jahren derart gestiegen ist, lohnt sich die Förderung auch auf kleinen Feldern wieder“, erklärt Michael Suana. Sein Unternehmen rechne für die kommenden zehn bis 15 Jahre mit einem Ölpreis zwischen 80 und 120 US-Dollar (etwa 64 bis 96 Euro). Auch die Technik habe sich verbessert, so dass nun auch Reserven genutzt werden könnten, an die man früher nur schwer herankam. Nicht nur vertikale, auch horizontale Bohrungen seien heute möglich, mit denen beispielsweise auch Ölvorkommen unter dicht besiedeltem Gebiet gefördert werden können.

Unternehmen setzt auf Transparenz

Auslöser für die Untersuchungen im Raum Karlsruhe war die Entdeckung von Erdöl in Speyer im Jahr 2003. Dort stieß man durch Zufall, bei Bohrungen auf der Suche nach Wasser, in rund 2300 Meter Tiefe auf ein Ölfeld mit einer Reserve von rund 50 Millionen Tonnen. Bestätigen die Auswertungen der gesammelten Daten die Vermutungen, würde im kommenden Jahr mit der Förderung begonnen werden. Bei einer Bohrung werden – wie bei einem Teleskop – in drei verschiedenen Stufen Stahlrohre mit unterschiedlichem Durchmesser in die Erde gelassen. „Der Hohlraum dazwischen wird jedes Mal mit Zement abgedichtet“, erklärt Michael Suana. Dadurch werde gewährleistet, dass sich das nutzbare Grundwasser in den oberen Schichten nicht mit darunter liegenden salzhaltigen Gewässern vermische.

Transparenz sei bei einem solchen Vorhaben besonders wichtig, betont der promovierte Geologe. „Vor den nun abgeschlossenen Untersucheungen haben wir rund 30.000 Flyer verteilt und viele Informationsabende veranstaltet.“ In Bruchsal gebe es außerdem ein Informationszentrum, in dem die Bürger „dem Koch ständig in den Topf schauen und genau nachvollziehen können, was wann wo genau passiert“.

In Deutschland werden pro Jahr 109 Millionen Tonnen Erdöl verbraucht. Nur etwa 2,5 bis drei Prozent dieses Verbrauchs werden durch Eigenproduktion abgedeckt. Selbst wenn die neu entdeckten Reserven zwischen Karlsruhe und Graben-Neudorf ein Volumen hätten wie das 2003 gefundene Feld in Speyer, hätte das nur wenig Auswirkung auf den Anteil der Eigenproduktion. Zum Vergleich: Das größte Erdölfeld der Welt liegt in Saudi-Arabien und umfasst eine Strecke, die etwa so groß ist wie die Entfernung zischen Basel und Frankfurt. Dort werden pro Tag 200.000 Tonnen Öl gefördert.