Kinder brauchen keine sprechenden Puppen oder hupende Modellautos, um sich gut zu entwickeln.
Etwa 2,6 Milliarden Euro Umsatz wird der Einzelhandel dieses Jahr mit Spielwaren machen. Aber brauchen Kinder überhaupt extra für sie produziertes Spielzeug? Nein, sagen Experten.
Ein Badewannen-Springbrunnen für Babys, ein Minicomputer für Drei- bis Fünfjährige, eine Uhr mit Lügendetektor-Test und Videokamera für Acht- bis 15-Jährige - das sind nur drei von rund 70.000 Neuheiten, die auf der Internationalen Spielwarenmesse in Nürnberg präsentiert wurden. Brauchen Kinder so viel Spielzeug? Brauchen sie überhaupt Spielzeug?
"Nein", sagt Gudrun Schwarzer, Leiterin der Abteilung Entwicklungspsychologie an der Universität Gießen, "in einigen Kulturen haben Kinder gar kein spezielles Spielzeug. Trotzdem lernen und entwickeln sie sich genauso gut wie Kinder, die viele Spielsachen besitzen." Produkte nur für Kinder, das sei typisch für die westlichen Kulturen.
Natur bietet viel Spielzeug
"Kinder brauchen nicht unbedingt Spielzeug, sie brauchen aber Zeug zum Spielen. Das sind Gegenstände, die der Fantasie Spielraum bieten", sagt Ingeborg Becker-Textor. Sie hat das Konzept des spielzeugfreien Kindergartens mitentwickelt. Zeug zum Spielen kann, muss aber nicht im Spielzeugladen gekauft werden. Kinder finden es etwa im Freien: Steine, Blätter, Kastanien, und Gänseblümchen. Ein Ast wird zum Angelstock oder Ruder, zum Grillspieß oder Buschmesser.
Ältere Kinder schnitzen aus dem Holz vielleicht einen Stift oder einen Pfeil. Wer viele Äste sammelt, kann eine Bude im Garten bauen. Der Alltag in Waldkindergärten zeigt: Die Natur bietet Raum zum Erleben, Entdecken, Erforschen, Erfinden und Gestalten. Aus Gänseblümchen wird eine Krone, aus einem Stein ein Kettenanhänger, aus einer Feder Indianerschmuck, aus einer Eichel ein Kreisel.
Vorschulkinder lieben Dinge zum Anfassen
Spielzeug lässt sich aber auch in Küchenschubladen, Kleiderschränken und auf Speichern finden. "Der menschliche Geist sucht Anregungen", sagt die Professorin Gudrun Schwarzer. "Vor allem Kinder im Vorschulalter finden alles interessant, was sie anfassen können." Jeder weiß, wie intensiv sich Babys mit Löffeln, Papiertaschentüchern und Schlüsseln beschäftigen können. Aus einem großen Karton kann ein Spielhaus werden, aus einem Schneebesen ein Musikinstrument.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gibt auf ihrer Internetseite Anregungen für Spielzeug im Alltag: Töpfe, Deckel, Dosen, Eierkartons, Tücher, alte Kleider, Wäscheklammern, ausgediente Geräte (zum Beispiel ein altes Telefon oder Radio, aber Achtung: Gegebenenfalls Batterien entfernen), Kataloge und Zeitschriften.
"Holzbausteine begeistern Kinder aller Altersstufen"
"Holzbausteine begeistern Kinder aller Altersstufen"
Dennoch: Um Spielzeug aus dem Laden kommen Eltern und Kinder hierzulande kaum herum. Und das ist auch gar nicht so schlimm, solange es die Fantasie fördert.
Ingeborg Becker-Textor rät zu einem Klassiker: "Holzbausteine begeistern Kinder aller Altersstufen. Schon einem Kleinkind macht es Spaß, mit den Steinen zu experimentieren." Staunend begreifen die Kleinen, wie sich zwei Steine aufeinander stapeln lassen. Einen Turm bis unter die Decke wachsen zu lassen ist eine Herausforderung, die Grundschulkinder fasziniert. Diese Aufgabe fördert in Gemeinschaftsarbeit nicht nur Geschicklichkeit und ein Gefühl für Statik, sondern auch die Fähigkeit, mit anderen zusammenzuarbeiten.
Welches Spielzeug darüber hinaus sinnvoll ist, erklärt Ingetraud Palm-Walter vom "Spiel gut"-Arbeitsausschuss in Ulm: "Kinder brauchen, was sie immer gebraucht haben." Puppe und Puzzle, Teddy und Trommel, Autos und Holzeisenbahn, Bälle und Bauklötze, Arztkoffer und Bilderbücher, Mensch ärgere Dich nicht, Domino oder Memory. "Viele Eltern meinen, unter den Weihnachtsbaum gehöre, was neu auf dem Markt ist. Dabei sind klassische Spielzeuge für Kinder genauso neu, wenn sie diese zum ersten Mal bekommen."
"Experimentierkästen verdienen oft ihren Namen nicht"
"Wichtig ist es, auf die momentanen Interessen des Kindes einzugehen, zu beobachten, was es braucht", sagt Gudrun Schwarzer. So kann eine Holzmurmelbahn ein nett gemeintes Geschenk sein, das Geschicklichkeit und Kombinationsgabe fördert. Doch ein Kind, das am liebsten mit Autos spielt, hat mehr Freude an einem Auto-Modellbaukasten.
Und welche Spielzeuge sollten Eltern besser vermeiden? Alles, was die Fantasie einengt, so Ingetraud Palm-Walter. Zum Beispiel Sprechpuppen oder Autos, die von selbst brummen, hupen, bremsen und anfahren. Sie degradierten das Kind zum Schaltpultbediener. Auch Ingeborg Becker-Textor rät von solchen Produkten ab: "Experimentierkästen verdienen oft ihren Namen nicht. Denn Experimentieren lässt sich nicht mit ihnen. Was zu tun ist, ist in der Gebrauchsanweisung genau definiert."
Geld für den neuesten Schrei auf dem Markt können sich Eltern also getrost sparen - außer sie wollen ihren Kindern einen speziellen Herzenswunsch erfüllen. Doch zwangsläufig preiswerter wird der Weihnachtseinkauf deshalb nicht. Gutes Spielzeug, schadstofffrei und sicher, hat seinen Preis. Darüber hinaus ist es zwar sinnvoll, Kinder nicht mit verschiedenen Spielzeugen zu überfrachten. "Doch innerhalb der einzelnen Systeme - ob Lego, Playmobil, Holzeisenbahn, Murmelbahn oder Holzbausteine - sollten sie aus dem Vollen schöpfen können", sagt Ingeborg Becker-Textor.
Ein Badewannen-Springbrunnen für Babys, ein Minicomputer für Drei- bis Fünfjährige, eine Uhr mit Lügendetektor-Test und Videokamera für Acht- bis 15-Jährige - das sind nur drei von rund 70.000 Neuheiten, die auf der Internationalen Spielwarenmesse in Nürnberg präsentiert wurden. Brauchen Kinder so viel Spielzeug? Brauchen sie überhaupt Spielzeug?
"Nein", sagt Gudrun Schwarzer, Leiterin der Abteilung Entwicklungspsychologie an der Universität Gießen, "in einigen Kulturen haben Kinder gar kein spezielles Spielzeug. Trotzdem lernen und entwickeln sie sich genauso gut wie Kinder, die viele Spielsachen besitzen." Produkte nur für Kinder, das sei typisch für die westlichen Kulturen.
Natur bietet viel Spielzeug
"Kinder brauchen nicht unbedingt Spielzeug, sie brauchen aber Zeug zum Spielen. Das sind Gegenstände, die der Fantasie Spielraum bieten", sagt Ingeborg Becker-Textor. Sie hat das Konzept des spielzeugfreien Kindergartens mitentwickelt. Zeug zum Spielen kann, muss aber nicht im Spielzeugladen gekauft werden. Kinder finden es etwa im Freien: Steine, Blätter, Kastanien, und Gänseblümchen. Ein Ast wird zum Angelstock oder Ruder, zum Grillspieß oder Buschmesser.
Ältere Kinder schnitzen aus dem Holz vielleicht einen Stift oder einen Pfeil. Wer viele Äste sammelt, kann eine Bude im Garten bauen. Der Alltag in Waldkindergärten zeigt: Die Natur bietet Raum zum Erleben, Entdecken, Erforschen, Erfinden und Gestalten. Aus Gänseblümchen wird eine Krone, aus einem Stein ein Kettenanhänger, aus einer Feder Indianerschmuck, aus einer Eichel ein Kreisel.
Vorschulkinder lieben Dinge zum Anfassen
Spielzeug lässt sich aber auch in Küchenschubladen, Kleiderschränken und auf Speichern finden. "Der menschliche Geist sucht Anregungen", sagt die Professorin Gudrun Schwarzer. "Vor allem Kinder im Vorschulalter finden alles interessant, was sie anfassen können." Jeder weiß, wie intensiv sich Babys mit Löffeln, Papiertaschentüchern und Schlüsseln beschäftigen können. Aus einem großen Karton kann ein Spielhaus werden, aus einem Schneebesen ein Musikinstrument.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gibt auf ihrer Internetseite Anregungen für Spielzeug im Alltag: Töpfe, Deckel, Dosen, Eierkartons, Tücher, alte Kleider, Wäscheklammern, ausgediente Geräte (zum Beispiel ein altes Telefon oder Radio, aber Achtung: Gegebenenfalls Batterien entfernen), Kataloge und Zeitschriften.
"Holzbausteine begeistern Kinder aller Altersstufen"
"Holzbausteine begeistern Kinder aller Altersstufen"
Dennoch: Um Spielzeug aus dem Laden kommen Eltern und Kinder hierzulande kaum herum. Und das ist auch gar nicht so schlimm, solange es die Fantasie fördert.
Ingeborg Becker-Textor rät zu einem Klassiker: "Holzbausteine begeistern Kinder aller Altersstufen. Schon einem Kleinkind macht es Spaß, mit den Steinen zu experimentieren." Staunend begreifen die Kleinen, wie sich zwei Steine aufeinander stapeln lassen. Einen Turm bis unter die Decke wachsen zu lassen ist eine Herausforderung, die Grundschulkinder fasziniert. Diese Aufgabe fördert in Gemeinschaftsarbeit nicht nur Geschicklichkeit und ein Gefühl für Statik, sondern auch die Fähigkeit, mit anderen zusammenzuarbeiten.
Welches Spielzeug darüber hinaus sinnvoll ist, erklärt Ingetraud Palm-Walter vom "Spiel gut"-Arbeitsausschuss in Ulm: "Kinder brauchen, was sie immer gebraucht haben." Puppe und Puzzle, Teddy und Trommel, Autos und Holzeisenbahn, Bälle und Bauklötze, Arztkoffer und Bilderbücher, Mensch ärgere Dich nicht, Domino oder Memory. "Viele Eltern meinen, unter den Weihnachtsbaum gehöre, was neu auf dem Markt ist. Dabei sind klassische Spielzeuge für Kinder genauso neu, wenn sie diese zum ersten Mal bekommen."
"Experimentierkästen verdienen oft ihren Namen nicht"
"Wichtig ist es, auf die momentanen Interessen des Kindes einzugehen, zu beobachten, was es braucht", sagt Gudrun Schwarzer. So kann eine Holzmurmelbahn ein nett gemeintes Geschenk sein, das Geschicklichkeit und Kombinationsgabe fördert. Doch ein Kind, das am liebsten mit Autos spielt, hat mehr Freude an einem Auto-Modellbaukasten.
Und welche Spielzeuge sollten Eltern besser vermeiden? Alles, was die Fantasie einengt, so Ingetraud Palm-Walter. Zum Beispiel Sprechpuppen oder Autos, die von selbst brummen, hupen, bremsen und anfahren. Sie degradierten das Kind zum Schaltpultbediener. Auch Ingeborg Becker-Textor rät von solchen Produkten ab: "Experimentierkästen verdienen oft ihren Namen nicht. Denn Experimentieren lässt sich nicht mit ihnen. Was zu tun ist, ist in der Gebrauchsanweisung genau definiert."
Geld für den neuesten Schrei auf dem Markt können sich Eltern also getrost sparen - außer sie wollen ihren Kindern einen speziellen Herzenswunsch erfüllen. Doch zwangsläufig preiswerter wird der Weihnachtseinkauf deshalb nicht. Gutes Spielzeug, schadstofffrei und sicher, hat seinen Preis. Darüber hinaus ist es zwar sinnvoll, Kinder nicht mit verschiedenen Spielzeugen zu überfrachten. "Doch innerhalb der einzelnen Systeme - ob Lego, Playmobil, Holzeisenbahn, Murmelbahn oder Holzbausteine - sollten sie aus dem Vollen schöpfen können", sagt Ingeborg Becker-Textor.