Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte die Variante als „besorgniserregend“ ein.  Foto: dpa/Pavlo Gonchar

Ende November war Angelique Coetzee die erste, die auf die neue Omikron-Variante des Corona-Virus aufmerksam machte. Die Medizinerin wirft Regierungen eine Überreaktion vor.

Berlin - Die südafrikanische Entdeckerin der Omikron-Variante des Coronavirus ist nach eigenen Angaben zu Beginn der neuen Pandemie-Welle aufgefordert worden, nicht öffentlich über den milderen Verlauf bei Omikron-Infektionen zu sprechen. „Mir wurde gesagt, ich solle öffentlich nicht erklären, dass es eine milde Erkrankung sei“, sagte die Medizinerin Angelique Coetzee der „Welt“ (Donnerstagsausgabe). „Ich wurde gebeten, von derartigen Äußerungen Abstand zu nehmen und zu sagen, es sei eine ernste Erkrankung. Das habe ich abgelehnt.“

Coetzee wurde nach eigenen Angaben nicht von den südafrikanischen Behörden, sondern von europäischen Ländern unter Druck gesetzt. Dem „Welt“-Bericht zufolge nannte sie Wissenschaftler in den Niederlanden und Großbritannien, die sie mit Verweis auf die vielen Mutationen der Omikron-Variante kritisiert hätten, weil sie eine Omikron-Infektion eine milde Erkrankung genannt habe. 

„Meine Berichte haben sie aus der Spur gebracht“, sagte Coetzee über einige ihrer Kollegen. „Dabei muss man sich in einer Pandemie nun mal auch ansehen, was an der Basis passiert. Bei den Hausärzten, die täglich Erkrankte behandeln, muss nachgefragt werden, was sie erleben, wie sich das Krankheitsbild darstellt.“ Die Medizinerin fügte hinzu, sie glaube, dass die Regierungen „überreagiert“ hätten. 

WHO stufte die Variante als „besorgniserregend“ ein

Die in Pretoria arbeitende Medizinerin ist Vorsitzende des südafrikanischen Ärzteverbands (Sama). Ende November war sie die erste, die auf die neue Omikron-Variante des Corona-Virus aufmerksam machte. 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte die Variante als „besorgniserregend“ ein. Wenige Tage, nachdem sie über die neue Variante informiert hatte, sagte Coetzee im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP, sie habe bei mit der Omikron-Variante infizierten Patienten mildere Symptome beobachtet als bei Patienten mit der bis dahin vorherrschenden Delta-Variante. Sie kritisierte damals, dass Omikron als „extrem gefährliche Virusvariante“ mit zahlreichen Mutationen aufgebauscht worden sei, obwohl ihre Gefährlichkeit noch unklar sei.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete und heutige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zeigte sich damals angesichts von Coetzees Äußerungen vorsichtig optimistisch. „Es wäre wirklich ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk, wenn Omikron leichter verliefe“, schrieb er im Kurzbotschaftendienst Twitter. „Bei so vielen Mutationen wäre es aber denkbar.“