Mit einem Anruf fängt alles an – Betrüger geben sich als Verwandte aus. Foto: dpa

Die Betrugsmasche Enkeltrick funktioniert seit 18 Jahren – allein in Stuttgart verloren gutgläubige betagte Opfer letztes Jahr über 170 000 Euro. Es klappt aber nicht immer.

Stuttgart - Nein, die Bank legt keinen Wert darauf, bei diesem Kriminalfall erwähnt zu werden. Keinen Namen, bitte, keine Stellungnahme. Dabei hatten die Bankmitarbeiter der Filiale in Bad Cannstatt vorbildlich gehandelt – und eine 84 Jahre alte Kundin davor bewahrt, 60 000 Euro an Betrüger zu verlieren.

Als die Frau am Donnerstagmorgen angerufen wurde, lief es ab wie immer beim Enkeltrick: Der Anrufer wickelte das Opfer mit vertrauenerweckender Stimme so lange ein, bis die 84-Jährige glaubte, einen Verwandten am Telefon zu haben. Ihren Neffen. „Dann erzählte er, dass er dringend Geld für ein Projekt brauche“, sagt Polizeisprecher Jens Lauer.

Der Täter musste offenbar nicht einmal genauer erläutern, um welches „Projekt“ es sich handelte, ob Autokauf oder Immobilienerwerb – der Tante reichte das schon aus, um zur Bank zu gehen. Der angebliche Neffe wollte 60 000 Euro. Retter in letzter Sekunde wurde ein Bankangestellter, der Verdacht schöpfte. Für die 84-Jährige zahlte es sich in diesem Fall aus, dass die Banken seit Jahren ihre Mitarbeiter schulen und für das Phänomen sensibilisieren. Dazu gehört, ältere Kunden bei ungewöhnlich großen Summen direkt auf den Verwendungszweck anzusprechen. Der Banker fragte nach – und schöpfte sogleich Verdacht.

Die Banken als Abfangjäger

Die Erfolge der Banken als Abfangjäger der falschen Enkel und falschen Polizisten häufen sich. In den letzten Wochen konnten in der Region in Schwieberdingen, Herrenberg, Plochingen, Korb und Ammerbuch sowie in Stuttgart mehrere Zehntausend Euro Schaden verhindert werden.

Im Cannstatter Fall ging sogar ein Täter ins Netz. Das Dezernat Organisierte Kriminalität lockte den Komplizen des falschen Neffen in die Falle, der das Geld abholen wollte. Als der Kurier am Donnerstag gegen 16 Uhr am Haus erschien, klickten die Handschellen. Ein 23-Jähriger, offenbar aus dem Umfeld eines Großclans in Polen, der das Enkeltrickgeschäft seit Jahren betreibt. Die Kripo vermutet, dass er auch anderswo schon Beute abgeholt hat.