Hat das Lachen nicht verlernt: Musterprofi Gerald Asamoah Foto: dpa

Er war Gute-Laune-Bär und leidenschaftlicher Kämpfer. An diesem Samstag feiert Gerald Asamoah Abschied als Fußballprofi – und eines ist sicher: Es werden Tränen fließen.

Gelsenkirchen - Manchmal fühlt sich der Co-Trainer gar nicht angesprochen, wenn er seinen Nachnamen hört. Wenn die Kinder der Schalker U-15-Mannschaft ihn „Herrn Asamoah“ rufen, dann muss er erst kurz überlegen, wer gemeint ist. „Herr Asamoah“ ist auf Schalke seit vielen Jahren schließlich nur der „Asa“. So nennt ihn am Schalker Markt eigentlich jeder – vom normalen Fan bis zum Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies. Aus gutem Grund.

Gerald Asamoah ist ein wesentlicher Teil der neuzeitlichen Historie des um Geschichten und Skandalen nicht gerade armen Traditionsclubs aus dem Ruhrgebiet. „Asa“ steht mindestens auf einer Stufe mit lebenden Legenden wie Klaus „Tanne“ Fichtel oder Olaf Thon. Dass das so ist, wird sich nicht zuletzt am Samstagabend (ab 18.30 Uhr live auf Sport 1) in der Gelsenkirchener Arena zeigen, wo über 60 000 Menschen „Asa seine letzte Schicht“ besuchen werden. Es wird ein großer Rahmen für einen ungewöhnlichen Spieler, der nicht allein im Schalke-Trikot Geschichte geschrieben hat. Und bei so manch einem Besucher wird die Wehmut groß sein, einen Profi endgültig zu verabschieden, der sich über so viele Jahre so wohltuend von der Masse seiner Kollegen abgesetzt hat.

Gerald Asamoah ist auch im Alter von nunmehr 37 Jahren ein großer Junge geblieben. Der seinen Kollegen wie Jiri Nemec einst regelmäßig die Schnürsenkel zusammenknotete („Das gab dann immer richtig Ärger“). Der für die Musik in der Umkleidekabine zuständig war. Der sich mit seiner menschlichen Leichtigkeit ganz nebenbei um die Stimmung in der Mannschaft kümmerte – „Asa“ ist bis heute für die gute Laune zuständig. Dem es in den wichtigen Momenten aber auch nie an der nötigen Ernsthaftigkeit und der Leidenschaft gefehlt hat. Der auf dem Rasen kämpfte, bis auch die letzten Kraftreserven erschöpft waren. Und der so viele Zweikämpfe bestritten und Freistöße herausgeholt hat, dass selbst Statistiker frustriert das Zählen aufgegeben haben dürften. Jedenfalls gilt: Wer Gerald Asamoah wegen seines Dauerlächelns unterschätzt, der ist nicht gut beraten.

Als kleines Kind kam er mit seinen Eltern beinahe mittellos aus Ghana nach Hannover, arbeitete sich dort mit seinem bescheidenen fußballerischen Rüstzeug und viel mehr Willen zum Profi hoch. Ex-Manager Rudi Assauer holte ihn dann trotz eines Herzfehlers ins Ruhrgebiet. „Da waren 10 000 Menschen beim Training, mehr als bei Spielen von Hannover 96. Das war der Hammer“, erinnert sich „Asa“ an seine ersten Eindrücke, „da hab’ ich mich sofort in den Club verliebt.“ Und der Club sich in ihn.

Asamoah blieb den Königsblauen treu, insgesamt elf Jahre. Er erlebte einige Trainer, darunter den niederländischen Knurrer Huub Stevens. „Ein Vorbild für mich, dem Disziplin über alles ging. Als er den Club verließ, musste ich weinen“, sagt der ehemalige Nationalspieler. Oder den streitbaren Felix Magath („Ich dachte, ich wäre hart, aber das war eine Spur mehr“). „Asa“ wurde mit seinem Club viermal Vizemeister, darunter die an Dramatik nicht zu überbietende „Meisterschaft der Herzen“ im Jahr 2001, als die Münchner ihm und sein Kollegen den Titel in letzter Sekunde noch aus den Händen rissen. „Das war eine gigantische Saison mit einem traurigen Ende. Das schmerzt auch heute noch“, sagt „Asa“, „ich war so oft so nah dran, am Ende stehe ich mit leeren Händen da.“

Dieses Trauma, so kurz vor dem Ziel zu scheitern, erlebte er auch in der Nationalmannschaft. Gerald Asamoah, der trotz mancher Anfeindung als erster Dunkelhäutiger das Trikot mit dem Adler überstreifte, verlor auch das WM-Endspiel 2002 in Japan und Südkorea gegen Brasilien. Den Titel so dicht vor den Augen und doch so weit entfernt – wohl auch wegen dieser dauerhaften Tragik und Unvollkommenheit passt er so gut zum FC Schalke 04. Viele ehemalige Wegbegleiter werden am Samstag dabei sein, wenn „Asas“ letzter Abpfiff ertönt. Und es werden ein paar Tränen kullern, vor allem wohl bei ihm selbst – und vielleicht auch bei den Kindern der U 15, die dann erleben werden, das „Herr Asamoah“ viel mehr ist als nur ihr Co-Trainer auf Schalke.