Elisabeth Guttenberger im hohen Alter – als junge Frau musste sie in Auschwitz als Lagerschreiberin den Tod der eigenen Familie dokumentieren. Foto: privat/Petra Rosenberg

Sie hat sich für die Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen an den Sinti und Roma engagiert. Nun ist die Zeitzeugin Elisabeth Guttenberger im Alter von 98 Jahren gestorben.

Flucht, verbaute Bildungschancen, Deportation, KZ: Die Sintiza Elisabeth Guttenberger, 1926 in Stuttgart geboren, hat den Horror der Nazi-Diktatur in all seinen Facetten miterlebt und litt bis ins hohe Alter unter den traumatischen Erlebnissen dieser Zeit.

Dass sie als Kronzeugin des Holocaust erst in den Auschwitzprozessen gegen nationalsozialistische Täter aussagte und sich dann lebenslang dafür engagierte, dass die Leidensgeschichte der Sinti und Roma mit ihren Einzelschicksalen weitererzählt wird, sichert ihr einen wichtigen Platz in der Geschichte der Gedenkarbeit. 2023 wurde Elisabeth Guttenberger dafür vom Landesverband der deutschen Sinti und Roma (VDSR-BW) mit dem Kultur- und Ehrenpreis ausgezeichnet. An diesem Montag ist die Sintiza, wie der VDSR-BW meldet, im Alter von 98 Jahren in Wildberg gestorben.

Flucht vor drohender Verhaftung

Am 6. Februar 1926 als Elisabeth Schneck in Stuttgart geboren, erlebte sie gemeinsam mit drei Geschwistern eine behütete Kindheit; der Vater handelte mit Streichinstrumenten und Antiquitäten. Als „die schönste Zeit in meinem Leben“ bezeichnete Elisabeth Guttenberger einmal das Aufwachsen am Stöckach. Sie endete, als sich die Familie, vor Verhaftungen gewarnt, 1936 zum Wegzug nach München entschloss. Von dort wurde sie im März 1943 nach Auschwitz-Birkenau deportiert.

Ihrer schönen Schrift verdankte die junge Frau das Überleben im Konzentrationslager; sie musste im „Hauptbuch“ von Auschwitz die Opfernamen in die Totenlisten eintragen – auch die der eigenen Familienmitglieder. „Ich war gerade acht Tage in der Schreibstube, da kam eine Totenmeldung, auf der der Name meines Vaters stand“, blickte sie zurück. Sie selbst war die einzige Überlebende.

Stolpersteine erinnern im Stuttgarter Osten an Elisabeth Guttenbergers Familie. Foto: lg/Max Kovalenko

Der rassistische Terror der Nazis hatte die Familie von Elisabeth Guttenberger zerstört und ihren Lebensweg bestimmt. Trotz guter Noten war ihr als Sintiza der Besuch einer weiterführenden Schule verboten; schließlich musste sie auch ihre Lehrstelle in einer Konditorei aufgeben, um Zwangsarbeit in einer Munitionsfabrik zu leisten.

Später hat Elisabeth Guttenberger sich für die Verbesserung der Bildungssituation von Sinti und Roma engagiert und hielt Reden zu wichtigen Anlässen wie 1992 im Berliner Reichstagsgebäude zum 50. Jahrestag des „Auschwitzerlasses“, der 1942 die Deportation von Sinti und Roma anordnete.

Kampf für würdige Erinnerung

Ihr letzter Kampf galt einer würdigen Erinnerung an das NS-Zwangslager Ummenwinkel in Ravensburg. Bei ihrer Laudatio zum Sinti-Ehrenpreis lobte Landtagspräsidentin Muhterem Aras den Mut und die Energie von Elisabeth Guttenberger, die als junge Frau in der Hölle von Auschwitz Unerträgliches habe ertragen müssen: Sie habe das Unrecht beim Namen benannt und gleichzeitig die Hand zur Versöhnung gereicht. In ihrem Sinne hofft nun der VDSR-BW, dass auch die Stadt Ravensburg für dieses Vermächtnis ein Zeichen setzt.