Artem Klein im Trikot der Melbourne Ice Foto: red/red

Artem Kleins Abenteuerlust hat ihn bis nach Australien geführt – zum Eishockey. Die Geschichte eines ungewöhnlichen Sportlers.

Artem Klein ist seiner Zeit gerne etwas voraus. Aktuell sind es acht Stunden, weil sich der 29-Jährige derzeit in Melbourne aufhält. Aus sportlichen Gründen. Aber weder zum Tennis noch wegen der traditionellen australischen Mannschaftssportarten wie Rugby oder Cricket – sondern Eishockey. Das zählt in Down Under nicht eben zu den Trendsportarten, sondern ist eher etwas für Feinschmecker oder Abenteurer – eben wie Klein. Der hat schon in Israel oder Spanien gespielt, doch Australien ist nochmals eine andere Dimension, allein schon von der Entfernung her.

Zusammen mit seinem Kumpel Patrick Klöpper hat sich Klein damit quasi einen Jugendtraum erfüllt. „Wir hatten immer auf dem Schirm, das zum Ende der Karriere hin in Angriff zu nehmen.“ Nachdem die beiden etliche Vereine auf dem fünften Kontinent kontaktiert hatten, fiel die Wahl schließlich auf Melbourne, laut einer „Economist“-Studie auf Platz drei der lebenswertesten Städte der Welt. Der Haken: das Wetter. Aktuell herrscht dort Winter, das heißt in der Nacht fallen die Temperaturen bis auf sieben, acht Grad. Doch die Auswärtsspiele in Brisbane, Sydney oder Perth entschädigen etwas, auch wenn der Aufwand dafür sehr hoch ist: „Wir fliegen immer, das ist zwar cool, aber wenn am Wochenende zwei Spiele anstehen, auch ein gewisser Kraftakt.“

Semiprofessionelle Liga

Zumal es sich bei der australischen Liga AIHL mit ihren zehn Teams um eine semiprofessionelle Liga handelt, in der die einheimischen Spieler einem Job oder Studium nachgehen. Bei den vier pro Club auf dem Eis zulässigen Imports ist das etwas anders, auch wenn Klein betont: „Wir verdienen hier kein Geld mit Eishockey.“ Allerdings fallen auch keine Kosten an. Flug, Unterkunft und Auto werden vom Verein übernommen, lediglich private Freizeitaktivitäten müssen aus eigener Tasche bezahlt werden. „Es steckt ein bisschen Abenteuerlust dahinter, letztendlich sind wir fürs Erlebnis hier“, betont Klein.

Diesbezüglich kann er schon einiges aufweisen. Der Stürmer, der seine Eishockey-Laufbahn in Mannheim bei den Schülern begann und sämtliche Nachwuchsteams im DEB durchlief, spielte später in den USA College-Eishockey, gab im Sommer 2021 ein Intermezzo in Israel, war danach zur beruflichen Weiterbildung in Spanien und verband das mit einem Engagement beim berühmten FC Barcelona – mit dem er 2022 spanischer Eishockey-Meister wurde.

Anfang dieses Jahres heuerte er für zwei Monate bei seinem Ex-Club Eisbären Heilbronn in der Regionalliga Südwest an. Apropos Regionalliga: Rein sportlich würde er die Liga in Australien (Nummer 35 der Weltrangliste) auf dem Niveau der vierten deutschen Spielklasse einordnen oder auch dem in Spanien. „Wobei die Import-Spieler in Australien stärker sind.“ Sie machen auf dem Eis den Unterschied. So wie der führende Torjäger Scott Timmins, der für die Florida Panthers sogar kurz NHL-Luft geschnuppert und zuletzt in der DEL 2 in Crimmitschau gespielt hat.

Aber auch Kleins Bilanz kann sich sehen lassen. In seinen 13 Einsätzen kam er auf 31 Punkte (Tore plus Vorlagen). „Anfangs war ich etwas skeptisch, weil meine Vorbereitung nicht mehr so professionell ist.“ Wegen des Studiums stieg er erst mit einem Monat Verspätung in den Ligabetrieb ein. Die Saison ist nun zu Ende, nachdem die Ice die Play-offs gegen das punktgleiche Brisbane im direkten Duell haarscharf verpasst haben: „Schade drum“, sagt Klein. In einem Punkt ist der Club dennoch spitze: „Wir haben die modernste Halle.“ 1500 Zuschauer beträgt die Kapazität und bei den Derbys gegen die Mustangs sind die Plätze auch alle voll, „ansonsten kommen so 600 bis 800 Zuschauer“, erzählt Klein via Whatsapp. Samstag, Sonntag sind die Spiele angesetzt, unter der Woche wird zweimal trainiert.

Von September an steht für Artem Klein nun noch seine Masters-Arbeit im Bereich Wirtschaftsinformatik auf der Agenda, die bis zum Jahresende abgeschlossen sein soll. Danach hat der Beruf Vorrang und man muss „abwägen“, inwieweit sich das noch mit Eishockey verbinden lässt. Doch bei Weltenbummler Artem Klein ist zumindest nie ganz ausgeschlossen, dass er noch eine Nische findet. 58 Nationen führt der Weltverband derzeit, da gibt es auch für ihn noch ein paar weiße Eishockey-Flecken.