Foto: Stampe/Montage: S. Buscemi

Freude bei Breuninger, Ärger in der Region: Ein am Stadtrand gelegenes großes Shopping-Center darf noch größer werden. Schon zu Weihnachten 2014 soll das Geschäft florieren.

Sindelfingen - In nichtöffentlicher Sitzung des Sindelfinger Gemeinderats ist eine der wohl wichtigsten Entscheidungen der vergangenen Jahre gefallen. Das 1980 eröffnete und Anfang dieses Jahrtausends für 96 Millionen Euro runderneuerte Breuningerland darf seine Verkaufsfläche um 9800 auf dann 42 400 Quadratmeter erweitern. „Wir wollten die Rückendeckung des Gemeinderats“, sagte Oberbürgermeister Bernd Vöhringer (CDU) am Mittwoch. Doch eigentlich, meint er, sei diese gar nicht notwendig gewesen. „Die Zuständigkeit liegt in der Verwaltung.“

Die Stadt hat am Dienstagabend die im Mai gestellte Bauvoranfrage der Breuninger GmbH & Co positiv entschieden. Sie hat dem Stuttgarter Unternehmen einen sogenannten Bauvorbescheid erteilt. „Wir steigen jetzt richtig ein und arbeiten mit Hochdruck am Baugesuch“, sagte Breuninger-Sprecher Christian Witt dieser Zeitung am Mittwoch. Das Ziel der Firma: Zum Weihnachtsgeschäft 2014 soll alles fertig sein.

Für das Gelände des Breuningerlands am östlichen Stadtrand gibt es Bebauungspläne. Darin ist unter anderem festgehalten, dass die Verkaufsfläche von heute 32 600 Quadratmeter das Ende der Fahnenstange ist. Doch diese Bebauungspläne gelten nun nicht mehr. „Wir sind zur Erkenntnis gekommen, dass sie nichtig sind“, so Stadtchef Vöhringer. Und es klingt durch, dass auf die Idee, die alten Pläne unter die Lupe zu nehmen, das Unternehmen gekommen ist, das mit mehr Verkaufsfläche für Kunden noch attraktiver werden möchte.

Erweiterung widerspricht dem Regionalplan

Die Begrenzung der Verkaufsfläche wurde 1997 festgeschrieben. Doch zehn Jahre später, so Reinhard Menke, Rechtsberater der Stadt Sindelfingen, habe es ein entscheidendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig gegeben. Demnach seien Verkaufsflächen-Begrenzungen in sogenannten Sondergebieten wie beim Sindelfinger Breuningerland unzulässig. Ein zweiter Plan datiert aus dem Jahr 1971. Auch der ist nach Ansicht von Menke nicht rechtsgültig. Begründung: Es fehle der Ausfertigungsvermerk, also die Unterschrift des damaligen Oberbürgermeisters oder seines Stellvertreters.

Juristisch pikant ist auch der Paragraf 34 des Baugesetzbuchs (BauGB), mit dem die Stadt den Weg für Breuninger frei macht und die Stadträte umgehen könnte. „Er ist für Bagatellfälle gedacht“, sagt Thomas Kiwitt, Technischer Direktor beim Verband Region Stuttgart. Er werde in der Regel bei der Schließung von Baulücken angewendet und „passt hier nicht rein“.

Für Kiwitt ist das Sindelfinger „Vorgehen und Ergebnis überraschend“. So etwas, sagt er, habe es in der Region noch nie gegeben. Die Erweiterung widerspricht dem Regionalplan, der großflächigen Einzelhandel nur noch in Innenstädten erlaubt. So wie in Böblingen, wo gerade ein Shopping-Center mit 24 400 Quadratmeter Verkaufsfläche entsteht. Auch dieses Zentrum will Ende 2014 eröffnen.

Breuningerland soll konkurrenzfähig bleiben

Wenn die Stadt Sindelfingen mit ihrer juristischen Einschätzung richtig liegt, ist der Verband Region Stuttgart, sind die Regionalräte, bei der Breuningerland-Entscheidung außen vor. Vöhringer räumt aber ein, „dass andere zu einer anderen Rechtsauffassung kommen können“. Sindelfingens Baubürgermeisterin Corinna Clemens sagt: „Wir sind uns bewusst, dass es ein ungewöhnliches Vorgehen ist.“

Die Stadt unterstützt laut Vöhringer die Erweiterung, damit das Breuningerland wettbewerbsfähig bleiben kann. Das Unternehmen spricht von einem gestiegenen Flächenbedarf der Geschäfte und wachsender Konkurrenz. Diese entsteht nicht nur in der Nachbarstadt Böblingen, sondern auch in Stuttgart (Milaneo, 43 000 Quadratmeter).

Laut einem neuen Einzelhandelsgutachten hat das vergrößerte Breuningerland „keine schädlichen Auswirkungen“ für das Umland. Das Gutachten hat die von Breuninger gewünschten Flächen für Technik/Elektro und Bekleidung/Sport leicht reduziert. Den Geschäften in der Innenstadt will die Kommune mit rund 150 000 Euro unter die Arme greifen. Dafür soll es beispielsweise eine schöne Weihnachtsbeleuchtung geben. Zur weiteren Entwicklung des Zentrums soll ein Masterplan erstellt werden.