Sinkende Umsätze und keine Aussicht auf eine Trendwende: der Dorfladen in Gäufelden-Tailfingen hat zum Jahresende seine Türen geschlossen. Damit fällt in dem kleinen Ort mehr als nur eine schlichte Einkaufsmöglichkeit weg.
Gähnende Leere in den Regalen, statt vier großen Kühlschränken war nur noch ein einziger bestückt. Lediglich die Körbe hinter der Kasse waren noch mit frischen Broten und Brötchen gut gefüllt. Dieser traurige Anblick bot sich am Samstag, 30. Dezember 2023, der Kundschaft, die den Dorfladen im Gäufel-dener Teilort Tailfingen betrat.
Auch die Stimmung war wehmütig. Denn am vorletzten Tag im inzwischen vergangenen Jahr hatte der kleine genossenschaftliche Laden, der elf Jahre und neun Monate zuvor nach aufwendigen Umbauarbeiten durch Ehrenamtliche in die ehemalige Flaschnerei an der Hauptstraße eingezogen war, zum allerletzten Mal seine Türen geöffnet. Die Ware, die zum Ladenschluss am Samstagmittag noch übrig geblieben war, erhielt die Herrenberger Tafel.
Umsätze und Kundenzahlen gingen zurück
Die hinter dem Dorfladen stehende Genossenschaft war 2011 gegründet worden, nachdem das letzte Lebensmittelgeschäft im Ort aufgegeben hatte. Der Entschluss, sie nun wieder aufzulösen und den Dorfladen zu schließen, war bei der Vollversammlung Ende September 2023 gefallen. Rund 90 Prozent der Anwesenden hatten diesem Vorschlag, den der Vorstand bestehend aus Almuth Keitel, Lilly Fleck und Brigitte Döring sowie die Aufsichtsratsmitglieder Werner Hoß, Martina Schittenhelm und Irene Nestmann „schweren Herzens“ (Almuth Keitel) unterbreitet hatten, zugestimmt. Nach einem finanziellen Auf und Ab in den Anfangsjahren seit der Eröffnung des Ladens Ende März 2012 hatte sich dessen Situation zunächst stabilisiert. Von 2019 bis 2021 hatte das knapp 80 Quadratmeter große Geschäft, das rund 1200 Artikel von Obst und Gemüse über Drogerieprodukte bis hin zu Getränken im Sortiment hatte, sogar einen Überschuss erwirtschaftet.
Allerdings verkehrte sich der positive Trend danach ins Gegenteil: Die Zahl der Kunden sank spürbar, womit auch die Einnahmen zurückgingen. Stand im Jahresabschluss 2021 noch ein Plus von gut 4500 Euro, verzeichnete der Laden ein Jahr später einen Fehlbetrag in Höhe von 3039 Euro. Dieser Negativtrend, den die Verantwortlichen auf die angespannte wirtschaftliche Lage und die damit verbundenen Einsparbemühungen vieler Menschen zurückführen, setzte sich schließlich auch 2023 fort.
Die Ladeneinrichtung wird verkauft
Die Alternative zur geordneten Abwicklung wäre mittel- bis langfristig die Insolvenz gewesen. Deshalb erfolgte jetzt der Schnitt zum Jahresende, wodurch das Liquidationsverfahren vereinfacht werden soll. An dessen Ende steht nach weiteren Versammlungen die Vermögensverteilung an die Anteilseigner. In den letzten Jahren waren dies gut 280 Personen, die rund 580 Anteile à 100 Euro hielten.
Unter anderem muss nun das von der Vollversammlung bestellte Liquidatoren-Team, das aus den drei Vorstandsmitgliedern plus Jürgen Blau besteht, die Ladeneinrichtung versilbern. Für „ein kleines Kühlhaus, Regale, Kühlschränke und -truhen sowie die Büroeinrichtung“, werden in diesem Zuge Almuth Keitel zufolge Käufer gesucht.
Norma baut am Dorfrand
Tailfingen steht nun wieder ohne Lebensmittelgeschäft da, allerdings wird dieser Zustand wohl nur vorübergehend sein. Denn auf einem Grundstück am östlichen Dorfrand, das der Discounter Norma von der Gemeinde Gäufelden erworben hat, ist der Bau der neuen Filiale bereits weit gediehen. Beim Spatenstich im August 2023 hatte der Zeitraum Ende Februar, Anfang März dieses Jahres als avisierter Eröffnungstermin im Raum gestanden.
Auch wenn dieser neue Supermarkt nur wenige Gehminuten vom alten Dorfladen entfernt liegt, bedeutet dessen Schließung insbesondere für mobilitätseingeschränkte Menschen trotzdem einen großen Einschnitt, zum Beispiel in puncto Selbstständigkeit. So flossen bei einer älteren Dame, die den Weg von ihrem Zuhause bis zum Dorfladen mithilfe ihres Rollators stets selbst hatte zurücklegen können, sogar die Tränen. Denn der neue Einkaufsmarkt ist für sie – auch weil dorthin einige Höhenmeter zu überwinden sind – nun nicht mehr zu Fuß erreichbar.
Außerdem verliere Tailfingen mit dem Dorfladen einen wichtigen Treffpunkt. „Das ist ein Verlust“, meint Almuth Keitel. Denn jetzt gebe es einen Grund weniger, ins Dorf zu gehen.