Die libysche Übergangsregierung geht mit Hilfe aus Italien gegen einen Großbrand in einem Benzin- und Gasdepot in der Hauptstadt Tripolis vor Foto: dpa

Ein früherer General stürzte erst Diktator Muammar al-Gaddafi und ging dann in Rente. Jetzt hat er eine eigene Miliz gegründet. Welche Ziele diese verfolgt, ist bislang ungewiss.

Tripolis - Khalifa Haftar Gaddafi war eigentlich schon Pensionär. Der frühere General spielte mit den Enkeln, schlachtete hin und wieder eine Ziege und feierte mit seinen Freunden, dass sie im Oktober 2011 zusammen den früheren libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi erst aus dem Regierungspalast geworfen und ihm dann den Garaus gemacht hatten. Dem namensgleichen Despoten hatte der Rentner nie verziehen, dass der ihn 1987 mit einer 300 Mann starken Truppe in den Tschad geschickt hatte. Dort wurden Khalifa Haftar und seine Männer gefangen genommen. Der Diktator leugnete, überhaupt libysche Einheiten in den Tschad geschickt zu haben. Die Amerikaner holten den General aus der Gefangenschaft in die USA. Vor drei Jahren kehrte Haftar nach Libyen zurück, um Seite an Seite mit Islamisten, Demokraten und Gaddafi-Feinden seine Heimat von Gaddafi zu befreien. Dann setzte er sich zur Ruhe.

Heute hat Khalifa Haftar Gaddafi wieder eine Mission. Jetzt sind seine früheren Alliierten seine Feinde: die Fraktion der Muslimbrüder im libyschen Übergangsparlament ebenso wie Terroristen des „Islamischen Staates“ und die mit ihnen verbündete Ansar al-Scharia. Die sind seit zwei Wochen unbemerkt von der Weltöffentlichkeit auf dem Vormarsch in Libyen. Ähnlich wie im Irak stürmten sie erst Dörfer und kleine Städte. Brachten Hauptverkehrsstraßen unter ihre Kontrolle. Inzwischen liefern sie sich auch in den Großstädten Bengasi und Tripolis heftige Gefechte Kämpfe mit anderen Milizen und Regierungstruppen.

Bereits in der vergangenen Woche reisten die Beschäftigten der US- und der britischen Botschaft nach Tunesien aus. Jetzt folgten auch die deutschen Diplomaten. Das Auswärtige Amt warnt vor Reisen in den Mittelmeerstaat. Die Ministerialen fordern Deutsche, die sich in Libyen befinden, auf, das Land umgehend zu verlassen.

Einfach ist das nicht: Bei Kämpfen rund um den Flughafen der Hauptstadt Tripolis wurde am Sonntag ein Treibstofflager von einer Rakete getroffen. Die lokalen Feuerwehren seien angesichts des Flammeninfernos machtlos und hätten sich aus Angst vor weiteren Explosionen und den Gefechten zurückgezogen, berichtete die Zeitung „Libya Herald“. Der brennende Tank enthalte sechs Millionen Liter Kerosin und befinde sich neben weiteren Tanks für Gas und Diesel. Diese hätten ein Fassungsvermögen von mehr als 90 Millionen Litern. Die Treibstoffbehälter befinden sich entlang der Straße zum internationalen Flughafen von Tripolis, mitten im Kampfgebiet der rivalisierenden Milizen.

Von denen haben sich die salafistische Ansar al-Scharia und der mit ihr verbündete Islamische Staat (IS) das Ziel gesetzt, in Libyen einen Gottesstaat errichten. Nach Syrien und dem Irak ist Libyen das dritte Land, in dem Terrorgruppen auf dem Vormarsch sind, die das Ziel haben, in Nordafrika, auf der Arabischen Halbinsel sowie im Nahen und Mittleren Osten die Scharia, die radikale Gesetzesinterpretation des Islam, in Kraft zu setzen. Der republikanische US-Senator Rand Paul reagierte bislang als einziger Politiker auf die Kämpfe in Libyen. Er nannte die amerikanische Politik gegen radikal-muslimische Terroristen ein „Desaster“: „Der Islamische Staat ist deshalb so stark, weil wir islamistische Rebellen in Libyen und Syrien finanziert haben. Beide Länder sind für Dschihadisten weltweit Wunderländer: Hier gibt es alles, was die für ihren Krieg brauchen.“

Seit dem 13. Juli wurden in den Gefechten mindestens 160 Menschen getötet. Ein Konflikt, in dem jetzt auch General Khalifa Haftar Gaddafi mitmischt: Er hat eine eigene Miliz aufgestellt.