Ein Herz für schöne Dinge: In den Räumen des Antiquariats Friedrich kann man die Zeit schnell aus den Augen verlieren. Foto: avanti

Schiller und Co. zum Anfassen: Das Antiquariat in der Marbacher Niklastorstraße ist eine Oase für Literatur- und Nippes-Freunde.

Da sitzt er, auf seinem roten Bänkle an der Niklastorstraße in Marbach: der güldene Hölderlin. Ein bisschen verschlossen wirkt er ja schon, aber er mag es gerne, wenn sich jemand neben ihn setzt, sagen Nicola Heinrich und Birger Laing. Sie müssen es wissen, schließlich haben sie die Bank erst kürzlich vor ihrem Antiquariat Friedrich aufgestellt.

Der, von dem der Name des kleinen Ladens in der Marbacher Altstadt kommt, ist freilich nicht Hölderlin. Natürlich bezieht sich Antiquariat Friedrich auf den großen Sohn der Stadt: Friedrich Schiller. Der ist im Antiquariat dementsprechend gut vertreten – und das in jeder Hinsicht. Antiquarisches etwa, wie die 22 Bände von Schillers sämtlichen Werken aus dem Jahr 1826. Genauso wie Neues – Nachdrucke von Erstausgaben, das kleine Schiller-Lexikon oder Schillers Bürgschaft für Kinder.

„Es muss in Marbach doch auch irgendwo alte Bücher geben“

Im Herbst 2016 eröffnete Birger Laing den kleinen Laden an der Niklastorstraße, nur einen Steinwurf von Schillers Geburtshaus entfernt. „Es muss in Marbach doch auch irgendwo alte Bücher geben“, dachte er sich damals. Und weil er ohnehin ein Büro für seine Fundraising-Tätigkeit suchte, boten sich die Räume an.

Ausgestattet ist das Antiquariat mit alten Möbeln, die Klassiker, Goethe, Schiller und schwäbische Dichter im Regal, aber auch neuere Sachen, jüdische Literatur, die Birger Laing sehr liebt. Was nicht fehlen durfte – und das ist nicht abwertend gemeint: Schiller-Nippes. So nennt Birger Laing die hübschen Kleinigkeiten selbst, die das Sortiment ergänzen. Es gibt annähernd alles rund um den großen Marbacher Sohn im Antiquariat, von der Tasse mit seinem Konterfei über Schiller-Kaffee, Schiller-Schokolade bis hin zu Schiller-Büsten in jeder Form. Eigens angefertigte Spieldosen orgeln die Ode an die Freude, Schiller-Zitate zieren Wände und T-Shirts, der Marbacher Dichter und sein Kumpel Goethe warten sogar als Salz- und Pfefferstreuer geduldig auf ihren Einsatz auf dem Frühstückstisch.

Lesen Sie aus unserem Angebot: „Ein neuer Blick auf Altvertrautes“

„Bücher, Geschenke und Souvenirs“ steht am Eingang des Antiquariats Friedrich und die Räume im historischen Gemäuer und ihr Inhalt laden so sehr mit offenen Armen zum Stöbern und Staunen ein, dass ein mancher schon gefragt hat, ob „das hier Eintritt kostet“. Andere wähnten sich dagegen bereits in Schillers Geburtshaus, das ja ohnehin nur ein paar Schritte weiter oben auf der anderen Straßenseite ist. Das Antiquariat Friedrich gleicht einer kleinen Oase im Alltag. Leise, klassische Musik klingt aus den Lautsprechern, wer in Büchern blättern will, darf das gerne tun. Sogar im Band fünf der Luther-Ausgabe aus dem Jahr 1575.

„Ein Antiquariat, in dem man nichts anfassen darf, bringt doch nichts“, meint Birger Laing. Immer wieder hebt er Schätze aus Nachlässen, im Internet oder in anderen Antiquariaten. Auf „Nippes-Messen“, wie er sie nennt, findet sich der nicht minder schöne Rest: Kaleidoskope zum Tagträumen, Stehlampen zum Dahinschmelzen oder eine Angela-Merkel-Zitronenpresse zum Schmunzeln. Postkarten, Notizbüchlein, Murmeln, Radiergummis, Schiller und Goethe als Handpuppen, Zeichnungen aus Marbacher Gassen . . . es gibt fast nichts, was es nicht gibt.

„Da ist das ganze Buch Geschichte, nicht nur der Inhalt“

Seit einigen Wochen ist Nicola Heinrich offiziell Teil des Antiquariats Friedrich, zuvor hatte sie dort schon oft ausgeholfen. Sie liebt den Blick in die Bücherregale mit den historischen Werken. „Da ist das ganze Buch Geschichte, nicht nur der Inhalt“, sagt sie. Neu ist auch die kleine Kaffee-Ecke, die aus der ehemaligen Rumpelkammer entstanden ist. Hier dürfen sich die Kunden auf Spendenbasis unter den Blicken der Romantiker mit einem Getränk und einem Buch auf dem Sofa niederlassen. „Manche kommen auch einfach so kurz auf einen Kaffee“, erzählt Birger Laing. Andere Besucher seien sogar regelmäßig da.

Zu den Kunden gehören Touristen und Einheimische gleichermaßen, wobei Nicola Heinrich glaubt, dass es sich noch nicht bei allen Marbachern herumgesprochen hat, „dass es uns gibt und dass man zum Beispiel hier auch samstags oder sonntags noch ein kleines Mitbringsel bekommt“. Mit der einen oder anderen Aktion wollen Birger Laing und Nicola Heinrich daher weiter auf ihr Friedrich aufmerksam machen: Zum Beispiel sind kleine Lesungen – Rudolf Guckelsberger war erst kürzlich da – weiterhin geplant, ebenso wie Vernissagen, etwa mit örtlichen Künstlern. Den güldenen Hölderlin auf seiner roten Bank vor dem Haus wird’s freuen. Gesellschaft hat er schließlich gern.

Lesen Sie aus unserem Angebot: „Im Duftkerzen-Glück“