In Guines vergraben Totengräber Menschen, die an Ebola verstorben sind Foto: dpa

Mit interaktiver Grafik - Ein württembergisches Unternehmen liefert Sicherheitskleidung an Bundeswehr und Hilfsorganisationen wie Unicef. Die Nachfrage ist inzwischen so hoch, dass der Hersteller kaum nachkommt.

Bietigheim - Der bislang einzige Schutz gegen das todbringende Ebola-Virus ist so dünn wie eine Zeltplane und fühlt sich auch so an. Doch das knisternde Gewebe ist reines High-Tech-Material. Nichts dringt durch – keine Flüssigkeiten, keine Chemikalien, keine Öle und vor allen Dingen keine Viren oder Bakterien. Normalerweise werden Anzüge aus diesem Material nur von Chemieunternehmen und für die Ausstattung von Sicherheitslaboratorien staatlicher Forschungseinrichtungen bestellt. Doch seitdem die Ebola-Epidemie in Westafrika sich zu einer globalen Krise ausweitet, stehen bei den Herstellern die Telefone nicht mehr still.

Beim Schutzkleidungshersteller Dach in Bietigheim bei Karlsruhe werden die begehrten Anzüge zusammen mit je zwei Paar Handschuhen, einer Atemschutzmaske, einer Schürze und einem Paar Überschuhe im Akkord in Kartons verpackt. Es sind Hilf-Sets für die Bundeswehr und Organisationen wie Unicef, aber auch einige Bestellungen von Krankenhäusern und Unikliniken müssen bearbeitet werden, sowie ein ungewöhnlich hoher Anteil an Einzelbestellungen. „Die Verunsicherung ist offenbar groß“, sagt die Geschäftsführerin Ming Gutsche. Sie vermutet, dass inzwischen auch viele Hausarztpraxen vorsichtshalber einen Schutzanzug vorrätig haben wollen – um für den Ernstfall gerüstet zu sein.

Dank des Anzugs besteht zwischen dem Körper des Helfers und der Außenwelt eine absolut viren- und mikrobendichte Sperre. Es handelt sich dabei um einen Chemikalienschutzanzug vom Typ 3, der auch für medizinische Spezialfälle wie eben Ebola genutzt wird. Der technische Vliesstoff ist mit Polyethylen beschichtet und dadurch besonders flüssigkeitsdicht. Das garantieren auch die verschweißten Nähte. Die Anzüge des Bietigheimer Unternehmens werden in Südchina angefertigt, doch zertifiziert werden sie hier in Deutschland. Regelmäßig müssen die Anzüge die vorgeschriebenen Tests von unabhängiger Stelle bestehen. „Wir führen zudem regelmäßig Kontrollen durch“, sagt Ming Gutsche. Diese betreffen nicht nur die Overalls: Zur Ausrüstung gehören zudem Atemschutzmasken, Handschuhe, die Kopfhaube, Kittel und Überschuhe.

Wie ist ein Schutzanzug aufgebaut? Unsere interaktive Grafik erklärt es:

Es sei ein Arbeiten „wie unter Plastiktüten“, bestätigen auch Ärzte und das Klinikpersonal des Robert-Bosch-Krankenhauses Stuttgart, das über eine der insgesamt acht Sonderisolierstationen für Ebola-Patienten in der Republik verfügt und den Umgang mit dem Schutzanzug regelmäßig übt. In dem Overall kann die Haut nicht atmen, die Luft in dem Anzug heizt sich schnell auf, man beginnt zu schwitzen – erst recht bei tropischen Temperaturen wie etwa in Westafrika. Hinzu kommt die Gesichtsmaske, die das Luftholen erschwert, das Sichtfeld einschränkt und das Hörvermögen beeinträchtigt. Wer mit diesem Anzug Patienten untersucht und pflegt, leistet Schwerstarbeit. „Länger als 90 Minuten sollte daher keiner am Stück darin arbeiten“, sagt Gutsche.

Doch um sich vor einer Infektion zu schützen, braucht es mehr als nur einen Anzug. Es braucht vor allem das Wissen und die Erfahrung, wie mit einer solchen Spezialkleidung umgegangen wird. Wie lebensgefährlich ein falscher Handgriff sein kann, bewies nicht zuletzt der Ebola-Fall in Madrid: Weil sich eine Klinikmitarbeiterin nach dem Kontakt mit einem Ebola-Patienten beim Ablegen der Schutzkleidung versehentlich mit einem kontaminierten Arbeitshandschuh ins Gesicht gefasst hatte, hat sie sich mit dem gefährlichen Virus angesteckt. Der Zwischenfall ging noch mal gut aus: Am vergangenen Sonntag konnte die spanische Krankenschwester aus der Isolierstation entlassen werden.

Doch solche Vorfälle haben dazu geführt, dass das Bietigheimer Unternehmen zusätzlich zu der in verschiedenen Sprachen verfassten Gebrauchsanweisung auch eine bildhaft gehaltene Anleitung mit in die Kartons mit den Sets packt. Einfache Strichzeichnungen erklären, was es beim An- und Ausziehen zu beachten gilt. Dabei sind die gelben Overalls schon vergriffen. Tausende Ebola-Sets hat Dach bereits verkauft – für umgerechnet 20 bis 36 Euro pro Set. Mehrere Tausend müssen noch verpackt werden.

Epidemien wie Ebola bringen verstärkte Nachfrage

Die Mengen sind deshalb so hoch, weil die Anzüge im Ernstfall nur einmal getragen werden können. Das hat nun zu Lieferengpässen geführt: „Aufgrund der hohen Nachfrage können wir gerade keine weiteren Bestellungen aufnehmen“, sagt Ming Gutsche. Zwar wird an den Produktionsstandorten in Südchina schon in drei Schichten gearbeitet, und weitere Container mit Schutzkleidung werden für Mitte November erwartet. „Auch hierfür gibt es bereits schon Abnehmer.“

Vier Millionen Euro setzt das Unternehmen, das insgesamt zwölf Mitarbeiter beschäftigt, jährlich in etwa um. Doch schon im vergangenen Jahr konnte ein zweistelliges Wachstum verzeichnet werden – das sich angesichts der laufenden Geschäfte kräftig weiter erhöhen wird. Im kommenden Jahr will das Unternehmen ein neues, größeres Lager bauen, gleich direkt gegenüber im Bietigheimer Industriegebiet.

Keine Frage: Epidemien wie die Vogel- und die Schweinegrippe der vergangenen Jahre und jetzt Ebola haben dem Handel mit spezieller Schutzkleidung zu mehr Bedeutung verholfen. Sprünge haben daher zuletzt etwa die Aktien der US-Anbieter Alpha Pro Tech oder Lakeland Industries gemacht. Dennoch vermeidet es Ming Gutsche, die Ebola-Krise als eine positive Entwicklung für ihr Unternehmen darzustellen. Solche Katastrophen seien keine feste Säule ihres Unternehmens, stellt sie klar. „Natürlich bringen solche Epidemien eine verstärkte Nachfrage“, sagt sie. Man freue sich, auch kurzfristig einen Beitrag zur Bekämpfung von Ebola leisten zu können. „Aber unser Hauptgeschäft ist und bleibt die Ausstattung von Krankenhäusern und Kliniken mit medizinischer Schutzkleidung, die tagtäglich Patienten und Klinikpersonal vor Infektionen schützt.“