Wenn der Gong schlägt, beginnt die Versammlung der Druiden Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Auf Spurensuche: In unserer Sommerserie „Stuttgarter Entdeckungen“ wollen wir mit Hilfe unserer Leser Geschichten aufspüren und Orte präsentieren, die in den vielen Winkeln der Stadt verborgen sind: Heute geht es um Druiden.

Stuttgart - Druiden kennt jedes Kind. Zumindest den einen namens Miraculix. Der ehrwürdige Druide ist einer der wichtigen Charaktere der „Asterix“-Comics. Sein Zaubertrank verleiht übermenschliche Kräfte.

Mit jenem fantastischen Helden des gallischen Widerstandes gegen die römische Invasion haben die Stuttgarter Druiden so viel zu tun wie mit anderen Mirakeln (Wunderwerken) dieser Welt. Doch immer wieder muss der Logenleiter (Edelherz genannt) Reinhard Passenheim sagen: „Nein, wir sind keine esoterische Vereinigung. Das müssen wir immer wieder betonen und uns abgrenzen.“ Vor allem von den Namensvettern im englischen Stonehenge, die alte keltische Mythen zelebrieren. Passenheim warnt vor jeder Verwechslung mit diesen britischen Gralsuchern.

Keine Wunder, keine Mythen, keine Geheimnisse. Wer und was sind die Mitglieder des Deutschen Druiden-Ordens dann? Was treiben die Ordensbrüder der Eberhard-Loge in der Hackländerstraße dann?

Kants kategorischer Imperativ

Sie philosophieren im Geiste der Aufklärung. Sie preisen Immanuel Kant und dessen „Kritik der reinen Vernunft“. Und sie bekennen sich zu Kants kategorischen Imperativ: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte.“

Allerdings sind die Druiden-Logen kein öffentlicher Debattierclub. Alles Wesentliche geschieht bei dieser Männervereinigung hinter verschlossenen Türen. Wenn sich die 44 Herren dienstags in der Jugendstilvilla an der Gänsheide treffen, um etwa Vorträge zu Platons Höhlengleichnis oder zur Apologie des Sokrates zu hören, hat kein Fremder Zutritt. Der große Messingriegel an der Flügeltür wird nur zur Seite geschoben, wenn das Passwort stimmt. Es ist das Sesam-öffne-Dich zur Innenloge. Hier dürfen nur Mitglieder (Monatsbeitrag 35 Euro) rein.

Die Regel mit dem Riegel ist ein Relikt aus der Gründerzeit. Während des Feudalismus mussten die Druiden vorsichtig sein. Ihre revolutionäre Botschaft (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) schmeckte dem britischen Adel nicht. Also trafen sich die Brüder im Geheimen, um zu überleben. „Aus dieser Tradition heraus haben wir heute noch die verschlossene Tür“, sagt Wolfgang Weiß, der stellvertretende Leiter (Untererz), „unser größtes Geheimnis ist, dass es kein Geheimnis gibt.“ Kein Geheimrezept für einen Zaubertrank, noch sonstige geheime Pläne zur Weltverschwörung, wie sie gerne den Freimaurern unterstellt werden.

Humanismus als Leitgedanke

Stichwort Freimaurer. Auch hier müssen sich die Stuttgarter Druiden ständig erklären – und abgrenzen. „Bei uns sind auch Atheisten willkommen. Aber wir wollen keine besseren Freimaurer sein“, sagt Druiden-Landeschef (Edelgroßherz) Bernhard Huber, „wir sind einfach anders gelagert.“

Dem Laien fällt der Unterschied nicht sofort auf. Zumal sich die Stuttgarter Druiden im Logenhaus der Freimaurer seit 1962 eingemietet haben. Am Portal in der Hackländerstraße 27 prangt auf einem Schild der Name Eberhard-Loge in einer Reihe mit den Freimaurer-Logen. Auch der Humanismus steht bei beiden als Leitgedanken in der Satzung. Letztlich gibt es auch bei den Druiden Rangstufen der Mitglieder wie bei den Freimaurern. Der Neuling (Orvate) befindet sich im Grad der Erkenntnis. Es folgt der Bardengrad – die Stufe des Wissens und Kunstverständnisses –, ehe man frühestens nach drei Jahren den Druidengrad erreicht. Es ist die Stufe des Wollens und Beschließens.

Trotz der vielen Gemeinsamkeiten betonen die Druiden das Trennende. „Wir sind logischer, sachlicher “, sagt Huber. Sein Mitbruder Passenheim ergänzt: „Außerdem waren die Freimaurer etwas cleverer als wir.“ Die Nazis zwangen Druiden wie auch Freimaurer 1935 zur Selbstauflösung. Doch statt sich wie die Freimaurer enteignen zu lassen, lösten die Druiden ihr Vermögen auf. Das Logenhaus in der Birkenwaldstraße 40 A verkaufte man damals hektisch – und weit unter Wert, um der Enteignung zu entgehen. „So standen wir nach dem Krieg mit leeren Händen da“, sagt Passenheim, ohne zu lamentieren. Schließlich sollen sich die Logen uneigennützig verhalten und keine wirtschaftlichen Interessen verfolgen. Außerdem sollen die Brüder stets nach Idealen und einem ruhenden Pol in ihrem Leben suchen.

Weise, gelehrsam und naturverbunden

Es ist die Geisteshaltung dieser besonderen Kaste der Kelten. Die englischen Gründerväter des Ordens wählten als Namenspatrone die Druiden deshalb aus, weil jene als weise, gelehrsam und naturverbunden galten. Sie waren in ihrer Zeit die geistige Elite mit Rechts- und Moralanspruch.

Dieser Ansatz ist bis heute geblieben. Kants Ethik ist die Grundlage dafür. „In diesem Sinne wollen wir ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung fördern“, sagt Bernhard Huber, „das brüderliche Gespräch ist oft der Weg zu diesen Zielen.“ Namentlich die Entwicklung der Persönlichkeit, die in der Gesellschaft verantwortungsvoll handelt. Immer den druidischen Leitmotiven verpflichtet: Einigkeit, Frieden, Eintracht.

Zu erkennen sind die Brüder übrigens am Siebenstern. Die sieben Zacken stehen für die sieben druidischen Lehren. Eine dieser Gebote steht über allen: „Befleißige dich, deine Kenntnis zu mehren. Denn Wissen ist Macht.“ Eine Macht, die nicht zwangsläufig nach außen wirken will. Eher indirekt, durch die Haltung und das Handeln des Einzelnen. Der Druide glaubt, dass die Wahl der Werte das Schicksal bestimmt. Sein eigenes und schließlich das der Welt.

Hintergrund

Im Logenhaus in der Hackländerstraße an der Gänsheide sind neben den Druiden vor allem die Freimaurer-Logen der Stadt beheimatet.

Dazu zählen die Loge Licht am Stein (gegründet 1913), die Loge Sarastro (gegründet 1970), die Loge Erasmus (gegründet 1985) und die Loge Zu den 3 Cedern (gegründet 1774).

Die Loge Furchtlos und Treu (gegründet 1835) logiert in der Kornbergstraße 35.

Die Freimaurerloge Zu den 3 Cedern ist die älteste in Stuttgart. Sie ist auch Besitzerin der Jugendstilvilla in der Hackländerstraße 27 und vermietet die Räume an die anderen Freimaurerlogen. So auch an die Druiden der Eberhard-Loge (1902 gegründet).

Die Druiden treffen sich dienstags ab 19.30 Uhr. Informationen gibt es unter der E-Mail-Adresse eberhard-loge@ddo-vaod.de oder per Telefon unter 07 11/ 86 52 84.

Bereits erschienene Beiträge der Serie Stuttgarter Entdeckungen finden Sie hier