Verbraucherschützer und Polizei warnen: Dubiose Gewinn-Anrufer versuchen den Opfern ungewollte Verträge aufzudrängen. Foto: dpa

Gegen dubiose Gewinnspiele übers Telefon ist offenbar kein Kraut gewachsen. Immer wieder werden Opfer unter Druck gesetzt, in die Falle gelockt und abgezockt. Der Verbraucherschutz greift nur unzureichend.

Stuttgart - Anfangs ahnt sie nichts Böses, als in der Wohnung im Stuttgarter Osten das Telefon klingelt. Die 26-Jährige hebt ab, im Anzeigenfeld ist eine Festnetznummer mit einer Vorwahl aus Mönchengladbach zu sehen. 0 21 61 / 6 21 20 00. Am anderen Ende eine männliche Stimme: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben ein Auto für 72.000 Euro gewonnen! Das Gespräch ist so lange erfreulich, bis es plötzlich um etwas anderes geht: Die Betroffene soll ein Jahresabonnement bei einem Berliner Verlag abschließen.

Die 26-jährige Stuttgarterin lehnt ab. Kein Interesse. Es kommt zum Streit, und der Anrufer aus dem Call-Center holt die Keule raus: „Du Hure, du Schlampe, du wirst schon sehen, was du davon hast. Pass in Zukunft auf, wenn du auf die Straße gehst!“ Die Frau erstattet Anzeige beim Revier Ostendstraße. Dort wird wegen Beleidigung ermittelt. Allerdings gegen Unbekannt – kein Anschluss unter dieser Nummer.

Bei einer Frau aus Nürtingen, Kreis Esslingen, meldet sich über 0 21 61 / 6 21 20 00 eine „Frau Schenk“. Die verkündet einen BMW für 50 000 Euro als Hauptgewinn. „Die hat noch behauptet, sie sei in Nürtingen zur Schule gegangen und wusste mein Geburtsdatum“, sagt die Betroffene. Die Nürtingerin lehnt aber ein Zeitschriften-Abo ab und legt einfach den Hörer auf die Gabel.

Die Rache ist perfide: Die Unbekannte spricht auf den Anrufbeantworter, kündigt eine „Anzeige“ an und erklärt, dass die Betroffene wegen der „AGB-Gesetze“ nun „die Kosten ertragen“ müsse. Man habe die Bankdaten und werde 260 Euro abbuchen. Die Nürtingerin ist besorgt: Täglich wacht sie über den Stand auf ihrem Girokonto.

„Man sollte immer einen Widerruf per Einschreiben mit Rückschein schicken“

Ein klarer Fall von unlauterer Telefonwerbung. Dass die Hintermänner mit ihren Nummern der Bundesnetzagentur gemeldet werden, dass ihnen Geldbußen von 50.000 bis 100.000 Euro drohen – geschenkt. Denn Rufnummern können im Zeitalter der Internet-Telefonie problemlos gefälscht werden.

Doch egal, ob ein Vertrag am Telefon abgeschlossen wurde oder nicht: Wenn sich der dubiose Werber mit einer Vertragsbestätigung aus der Deckung wagt, muss man darauf reagieren: „Man sollte immer einen Widerruf per Einschreiben mit Rückschein schicken“, sagt Eckhard Benner von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Auch wenn die Post als unzustellbar zurückkommt? „Man ist trotzdem rechtlich auf der sicheren Seite“, sagt Benner.

Für den Widerruf hat man mindestens 14 Tage Zeit. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn der Verbraucher in Textform über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist. Weil sich die Betrüger darum nicht scheren, sondern einfach abbuchen, „ist es am wichtigsten, sein Konto zu beobachten“, sagt Benner. Dass die Bundesregierung ein Gesetz auf den Weg bringen will, bei dem Gewinnspielverträge schriftlich abgeschlossen werden müssen, ist für Benner nur die halbe Miete: „Da geht es doch nur um Gewinnspiele“, sagt er, „die Täter werden also ihre Taktik entsprechend ändern.“

Kein Anschluss unter der Geschäftsnummer

Hinter der Nummer 0 21 61 /6 21 20 00 steckt eine Firma in der Hagelkreuzstraße in Mönchengladbach, gegründet im August 2011. Geschäftszweck ist laut Handelsregister „der Vertrieb und die Verwaltung im Bereich von Tele- und Internetmarketing“. Der 34-jährige Ronny B. ist als Geschäftsführer seit Januar 2012 im Amt. Doch obwohl man sich als „Communication-Center“ bezeichnet – der Mann ist nicht erreichbar. Kein Anschluss unter der Geschäftsnummer. Und per E-Mail gibt es nur das automatisierte Versprechen, „zeitnah zu antworten“. Es bleibt beim Versprechen.

Vielleicht liegt es auch daran, dass die Firma im Visier der Polizei steht: „Das Unternehmen ist uns bekannt“, sagt ein Sprecher der Mönchengladbacher Polizei. Bei den Ermittlungen geht es um den Verdacht des Leistungsbetrugs und Provisionsbetrugs. Schließlich seien auch Verlage geschädigt. Freilich sind die Ermittlungen nicht einfach, geben die Ermittler zu: „Es muss genau der Nachweis geführt werden, von wo aus die faule Akquise erfolgt ist.“