Das 4. Dragon Days Fantastikfestival findet vom 18. bis 20. Juni in Stuttgart statt. Foto: Ronny Schoenebaum

Tobias Wengert, der Leiter des Festivals für Fantasten und Utopisten im Gespräch: „Eine der ersten fiktiven Reisen zum Mars startete vom Cannstatter Wasen.“

Herr Wengert, nach welchem Prinzip gehen Sie vor, wenn Sie das Festival planen?
Unsere Veranstaltungen haben drei Elemente: einen besonderen Veranstaltungsort – Museum am Löwentor, Linden-Museum, Stadtbibliothek –, das Medium, in dem die fantastische Geschichte transportiert wird – Comic, Film, Brettspiel –, und die Veranstaltungsart – Lesung, Vortrag, Making-of.
Sie behandeln diesmal die schwäbische Fantastik – wie sieht die aus?
In der Literatur zählen zur Fantastik alle erzählenden Texte, in deren jeweiliger fiktiver Welt unsere Naturgesetze nicht gelten. Dazu gehören Fantasy, Science-Fiction, aber auch die Kunstmärchen von Wilhelm Hauff oder Eduard Mörike. Stuttgarter Autoren haben also schon vor über 100 Jahren Fantastik geschrieben. Mir gefällt besonders, dass eine der ersten Reisen zum Mars vom Cannstatter Wasen aus startete. Albrecht Daiber hat um 1910 in seinem Roman „Die Weltensegler“ sieben Schwaben dorthin geschickt.
Warum der Lindwurm an Joe Abercrombie?
Bei Tolkien und den folgenden Autoren gab es immer eindeutige Helden und Bösewichte. Bei Tad Williams oder dem „Game Of Thrones“-Schöpfer George R. R. Martin sind die Helden vielschichtiger und nicht mehr so offensichtlich zu erkennen. Das macht sie realistischer und menschlicher, aber letztendlich bleiben sie Helden. Die Figuren in Joe Abercrombies Büchern sind Helden, Opfer und Bösewichter zugleich. Sie sind nicht mehr überhöhte Ideale einer besseren Welt, sondern Menschen, die man selbst kennen könnte. Abercrobie schafft es so, uns gleichzeitig zu fesseln und zu erschüttern.
Sie kooperieren mit dem Linden-Museum zum Thema „Star Wars“. Lassen sich Motive der Filmreihe ethnologisch herleiten?
Sie lassen sich auf ethnologisch definierbare Vorbilder zurückführen oder ethnologisch analysieren. Marcus Stiglegger wird einen Vortrag über die Wurzeln des „Star Wars“-Universums in der japanischen Kultur halten, und es gibt eine Museumsführung unter „Star Wars“-Gesichtspunkten.
Sie haben „Game Of Thrones“ schon erwähnt – die TV-Serie ist wahrscheinlich das größte globale Fantastik-Lagerfeuer aller Zeiten. Wird Sie dieses Phänomen weiter beschäftigen?
Natürlich. Wir haben ja schon die in Stuttgart gemachten Effekte für die Serie präsentiert und hatten den Darsteller Tom Wlaschiha zu Gast, dazu gab es Lesungen aus der Buchvorlage. Inzwischen ist ein sehr gutes „Game Of Thrones“-Computerspiel erschienen, und ich möchte 2016 den Creative-Director einladen, damit er einen Einblick in die Entwicklung geben kann.
 
Das 4. Dragon Days Fantastikfestival findet vom 18. bis 20. Juni in Stuttgart statt.
 

Zur Person: Tobias Wengert

 

1976 in Waiblingen geboren, geht er nach seinem Studium in Mainz 2006 zum Stuttgarter Trickfilm-Festival.

2009 initiiert er die Ausstellungsreihe „Stuttgart’s Incredible World of Animation“, 2012 die Dragon Days.

Info: Die Dragon Days

Donnerstag, 18. Juni: Verleihung des schwäbischen Lindwurms an Joe Abercrombie mit Lesung und Gespräch, Literaturhaus, 20 Uhr.

Freitag, 19. Juni: Klassiker der Stuttgarter Fantastik mit Thomas Klingenmaier, Osiander, Nadlerstraße, 19.30 Uhr, Eintritt frei; Perry-Rhodan-Abend mit Michelle Stern, Christoph Anczykowski, Rüdiger Schäfer, Bernd Perplies, Stadtbibliothek, 20 Uhr; Ork-Nacht, Live-Zeichnen mit Lesung und Gespräch mit Michael Peinkofer, Peter Snejbjerg, Björn Springorum, Museum am Löwentor, 20 Uhr.

Samstag, 20. Juni: „Star Wars“-Nacht, Linden-Museum, 20.30 Uhr: „Dressing the Imperial Army“, Fragen rund um Kostüme mit Tobias Frisch; „Vom jidai-geki zum Jedi Knight – Die Wurzeln des ‚Star Wars‘-Universums in der japanischen Kultur“ mit Dr. Marcus Stiglegger; „Die visuellen Effekte des Fanfilms ‚Threads Of Destiny‘“, Einblicke in die Entstehung des „Star Wars“-Fanfilms mit Andreas Feix.