Dirk Vollmer, Günther Kuhnigk, Susanne Eisenmann und Jannick Henzler (von links) begutachten die neue Downhillstrecke im Dornhaldenwald Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Nach jahrelanger Planungsphase entsteht nun endlich Stuttgarts erste legale Downhill-Strecke. Damit soll das wilde Mountainbiken aus den Wäldern verschwinden.

Stuttgart - Downhiller verfügen über die Kunst, eine Strecke, das Bike und den eigenen Körper zu beherrschen. Das verspricht Nervenkitzel und Adrenalin pur. Um diese Kunst auszuleben, brauchen sie aber einen passenden Kurs. Jahrelang hat Jannick Henzler mit seinen Mitstreitern auf diesen Moment hingearbeitet, aber er wurde immer wieder vertröstet. Das ist nun vorbei. Im Landschaftsschutzgebiet Waldfriedhof-Dornhalde entsteht Stuttgarts erste legale Downhill-Strecke. Bei der Begehung am Dienstagvormittag im Dornhaldenwald lässt Henzler seinen Emotionen freien Lauf. „Es hat zuletzt ja nur noch genervt, aber jetzt haben wir unseren Kurs“, sagt das Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Downhill.

Jannick Henzler steht am sechsten von insgesamt 27 Streckenelementen am Ausläufer einer rasanten Steilwandkurve, wo eine Holzbrücke über den Dornhaldenweg gebaut wird. Und dann nimmt der 25-Jährige seine Begleiter mit in seine Welt, schwärmt von Startrampen, Steinfeldern, Steilwandkurven, Holzanliegern und Tables, die den Kurs für ihn zu einem rasanten Fahrerlebnis machen.

Nach einer endlos erscheinenden Planungsphase sind die Baufahrzeuge angerückt

Auch Susanne Eisenmann wollte ihre Erleichterung gar nicht erst verbergen. „Ich bin froh, dass diese gefühlte, unendliche Geschichte nun ein gutes Ende gefunden hat“, sagt Stuttgarts Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport. Am 10. August sind die Baufahrzeuge nach einer schier endlos scheinenden Planungsphase angerückt. „Und wenn nicht irgendwelche Unwetter dazwischen kommen, werden wir die Route Ende Oktober einweihen können“, sagt Eisenmann. Sie ist vorsichtig geworden mit Prognosen. Von der Idee bis zur Umsetzung sind fast zehn Jahre vergangen.

Im Jahr 2006 hatte der damalige Oberbürgermeister Wolfgang Schuster eine Strecke von Degerloch hinunter nach Heslach versprochen. Der Gemeinderat hingegen hatte sich lange gesträubt, weil man die Mountainbike-Szene als vorübergehende Modeerscheinung eingestuft hatte. Die Fans des rasanten Sports rasten aber weiter auf 15 wilden Radrouten durch den Wald. Im Jahr 2011 dann beschloss man den Bau einer legalen Strecke, mit der nicht nur die Sicherheit der Radsportler, sondern auch die der Spaziergänger im Wald garantiert werden sollte. Genehmigungsrechtliche Fragen und brütende Spechte im März dieses Jahres haben den Baubeginn aber immer wieder verzögert. Der Bauunternehmer Dirk Vollmer aus dem Harz hat schon fünf Kurse für Mountainbiker in Deutschland gebaut. „Aber der hier ist einzigartig, weil er sich in einer Stadt befindet“, sagt Vollmer.

Bei der Umsetzung ist er mit seinem Team möglichst sensibel vorgegangen, für die Hindernisse wurden nur natürliche Materialien verwendet. „Wir wollten nicht alles platt machen, sondern die Geländeform mit ihren Hügelchen und Senken mit einbauen“, sagt Dirk Vollmer. „Das Material ist mittlerweile verteilt, jetzt müssen wir das Ganze noch formen, und die Ausleitung muss angelegt werden.“

Gute Fahrer brauchen zwei Minuten für die Strecke

Es geht bergab, so steil und natürlich auch so schnell wie möglich beim Downhill. Aber auch Anfänger können die Aufgaben bewältigen. „Jeder kann in seiner Geschwindigkeit fahren und die Hindernisse auf seine Art überqueren“, sagt Jannick Henzler. Gute Fahrer wie er benötigen knapp zwei Minuten für den Trail. Und mit der Zahnradbahn geht es wieder nach oben. „Wenn es gut läuft, fährst du mit der einen Zacke hoch und sieben Minuten später schon wieder mit der nächsten“, erzählt der 21-Jährige. Er arbeitet bei einer Spedition und lässt sich dort im Moment für den Spätdienst einteilen, damit er vormittags mit anderen freiwilligen Helfern auf der Baustelle mit anpacken kann.

Der 175 000 Euro teure Kurs ist 1020 Meter lang mit einem durchschnittlichen Gefälle von zwölf Prozent. Betreiber der Strecke ist die Sportverwaltung. „Wir sind damit Vorreiter in Deutschland. Mit regelmäßigen Kontrollen werden wir darauf achten, dass nur Fahrer mit geeigneten Mountainbikes und Schutzausrüstung die Strecke nutzen“, sagt Günther Kuhnigk, Leiter des Amts für Sport und Bewegung. Infotafeln sollen die Fahrer aufklären. Es gibt eine Testphase von zwei Jahren, die per Monitoring systematisch begleitet wird. Danach wird das Projekt neu bewertet. „Ziel ist es, dass das wilde Fahren damit aus dem Wald verschwindet“, sagt Kuhnigk.