Im koreanischen TV waren Trump und Kim zusammen zu sehen. Treffen werden sie sich nicht. Foto: AP

Donald Trump und Kim Jong Un verspielen eine Chance. Sie erkennen nicht, dass es um sehr viel mehr geht, als in der Öffentlichkeit gut dazustehen, kommentiert Christian Gottschalk.

Stuttgart - Donald Trump ist ein Medienmensch. Er weiß, wie er sich in Szene zu setzen hat. Wobei der US-Präsident nie das Ziel hat, das Herz der Massen zu erobern, ihm reicht das seiner Anhänger. Kim Jong Un hat in jüngster Zeit viel in Sachen medialer Selbstdarstellung gelernt. Der nordkoreanische Diktator zielt dabei auf den Beifall der Welt. Der war ihm gewiss, als er ankündigte, das Kriegsbeil zu begraben. Erst recht, nachdem er am Donnerstag verkünden ließ, sein Land habe die eigenen Atomtestanlagen gesprengt. Mitten hinein platzt nun der US-Präsident mit der Gipfelabsage. Da wirkt Kim für die Mehrheit nun als unschuldiges Opfer, Trump einmal mehr als Tölpel. Bei seinen Anhängern aber ist Trump der starke Mann. So sammelt jeder seine Punkte.

Schauplatz eines Macho-Kräftemessens

Leider ist die Situation auf der koreanischen Halbinsel viel zu ernst, um als Schauplatz eines Macho-Kräftemessens zu dienen. Die beiden Testosteron-Helden haben nicht erkannt, dass es um viel mehr geht als die Frage, wer mehr im Rampenlicht steht. Es geht um Krieg oder Frieden. Ob ein Gipfel zu einem Erfolg geführt hätte, war völlig offen. Aber es war eine Chance, und die wurde leichtfertig verspielt. Der einzige Hoffnungsschimmer ist nun die Wankelmütigkeit der beiden Protagonisten. Es bleibt die Mini-Chance, dass es im August wieder anders aussieht.