Google hat einen Prototypen für eine Kontaktlinse für Diabetiker entwickelt. Sie kann in der Tränenflüssigkeit den Blutzucker messen und gegebenenfalls ein Alarmsignal senden Foto: google

Mit Dutzenden Diensten und Neuentwicklungen durchdringt Google immer mehr Lebensbereiche. Wenn wir sprechen, Auto fahren, telefonieren, surfen, ein Geschäft betreiben oder einkaufen gehen.

6.30 Uhr Smartphone an. In der Google-Welt

Vom Smartphone geweckt. Auf 80 Prozent der Computertelefone weltweit läuft Googles Betriebssystem Android und mit ihm Dutzende Programme. Vorinstalliert sind zum Beispiel die Navigationssoftware Google Maps, das Mail-Schreibprogramm Gmail und der Internetbrowser Google Chrome. Allein diese Programme sind weltweit Marktführer in ihren Bereichen, weil sie komfortabel, verständlich und vor allem kostenlos sind.

Das Smartphone ist das digitale Taschenmesser für die reale und virtuelle Welt. In Googles Internetladen Google Play kann es mit Hunderttausenden Funktionen bestückt werden. Noch ein paar Fotos der Geburtstagsfeier den Freunden zeigen? Schnell die Bilder mit der Software Picasa bearbeiten und den Partybericht zum Austausch in das Online-Büro Google Drive stellen. Jedes Mal bündelt Google die gesammelten Daten zu Nutzerprofilen. Ein Kniff ist dabei die Registrierung beim Google-Konto, um Dienste kostenlos oder überhaupt nutzen zu können. Es führt alle Infos zusammen und ist auch dann oft aktiviert, wenn es der Verbraucher gar nicht bemerkt.

7 Uhr: Im Netz nach dem Urlaubsziel gesucht

An den Urlaub gedacht. Im Internet Ibiza bei Google eingegeben. Fünf Buchstaben, 50 Millionen Treffer. Seine Suchmaschine hat Google groß und reich gemacht und der Suche im Internet ein eigenes Wort beschert: googeln. Mehr als 90 Prozent der Deutschen nutzen Google, um das Netz zu durchforsten. Die Begriffe, die sie dabei eingeben, zeigen ihre Interessen oder Nöte an, etwa Liebesromane, Lieblingsmusik oder Haarwuchsmittel. Googeln sie von einem Smartphone mit Googles Betriebssystem Android aus, weiß der US-Konzern oft, wer genau hinter den Anfragen steckt. Für viele ist Google auch der Einstieg in die Online-Welt. Ob sie sich informieren, kommunizieren oder kaufen: Google dirigiert sie mit seinen Links zu den Ergebnissen. Damit sehen sie die Internetwelt lediglich durch Googles Augen.

7.30 Uhr: Den Zucker im Blut gemessen

Es wird Zeit für die Urlaubsfigur. Joggen, eine App aus Googles Internetladen hilft dabei. Fitness-Apps boomen – wer möchte nicht schlank und gesund sein? Mit ihnen lassen sich Schritte, Kalorien und Herzfrequenz messen oder der Waschbrettbrauch trainieren. Jüngst kündigte Google die Plattform „Google Fit“ an, mit der die Daten gesammelt und ausgewertet werden können.

Aber das sind im Grunde nur Spielereien. Google pirscht sich noch näher an unseren Körper heran. Nach der Datenbrille Google-Glass ist die Kontaktlinse im Visier. Forscher haben einen Prototypen entwickelt, mit dem Diabetiker in der Tränenflüssigkeit ihre Blutzuckerwerte kontrollieren können. Zwischen den Linsenschichten ist unter anderem ein Miniatur-Funkchip integriert, der Daten an das Smartphone funkt und bei kritischen Werten Alarm schlägt. Klingt nach Zukunftsmusik? Der Pharma-Riese Novartis hat diese Woche verkündet, man habe bereits Googles Patent lizenziert und wolle damit weitere Produkte vermarkten.

8.30 Uhr: Im vernetzten Auto zur Arbeit gefahren

Ins Auto. Zur Arbeit. Vor der Abfahrt das Smartphone angeschlossen. Ob Musik, Telefon, Navigation, Sprachsteuerung oder Internet: Das Infotainment-System eines Autos sollte sich so leicht wie ein Smartphone bedienen lassen und sich mit ihm verbinden können, daran sind die Verbraucher gewöhnt. Diese Vernetzung ist für viele für den Kauf bereits so wichtig wie die Motorleistung. Mit den Herstellern Audi, GM, Honda und Hyundai bildet Google eine Allianz, um die Autos mit Hilfe des Betriebssystems Android zur mobilen Kommunikations- und Navigationszentrale auszubauen. Auch Daimler ist ab dem kommenden Jahr dabei.

All das macht es für den Fahrer bequemer. Die Daten, die die Insassen während der Fahrt liefern, sind auch für Google interessant. Zumindest jene, die der Konzern abgreifen darf. Ob Fahrverhalten, Wegstrecke oder Musikgeschmack – auch auf vier Rädern sind die Verbraucher transparent. Und haben Google ständig als Beifahrer.

8.45 Uhr: Dem Sprachassistenten unterwegs Texte diktiert

Im Auto die Hände nicht frei – und doch schon arbeitswillig. Googles Spracherkennungsprogramm hilft. Es übersetzt die Laute in Textzeichen – und fertig ist der Text. Von ein paar Fehlern einmal abgesehen.

Googles Betriebssystem Android ist ein selbstlernendes System, das dem menschlichen Hirn immer näher kommt und Zusammenhänge mit einbezieht. So lassen sich mit den passenden Sensoren bestückte Smartphones mit Gesten und teils schon mit Augenbewegungen steuern. Ihre Kameras plus intelligenter Programme erkennen Gesichter und gleichen sie mit Datenprogrammen ab – im Prinzip ist jeder samt Internetgewohnheiten identifizierbar.

So viel Verständnis muss dann doch nicht sein. Dann eher schon Googles Übersetzerhilfe, der Translator. Mit ihm lässt sich dann auch die Speisekarte auf Ibiza übersetzen. Und die Bestellung per Sprachassistent wiedergeben, wenn es sein muss.

11 Uhr: Im Ranking verzweifelt den Geschäftseintrag gesucht

Im Büro das eigene Geschäft gegoogelt. Panik. Es taucht nicht auf den ersten Seiten auf. Von Google im Internet gefunden zu werden kann bei peinlichen Einträgen unangenehm sein. Nicht gefunden zu werden noch mehr. Das wissen zum Beispiel Zahnärzte, Anwälte, Reiseveranstalter oder Kaufleute: Viele ihrer Kunden suchen sie zuerst im weltweiten Netz. Und was hier Google nicht prominent listet, findet kaum Beachtung.

Doch welche Informationen zuerst angezeigt werden, weiß nur Google selbst. Der Algorithmus, der die Prinzipien bestimmt, ist streng geheim. Ändert ihn der IT-Riese und rutscht dadurch zum Beispiel ein Unternehmen in der Trefferliste nach unten, kann das im ungünstigsten Fall die Firmenpleite bedeuten. Dann bleibt oft nur übrig, bei Google Anzeigen zu schalten – die erscheinen weit oben. Rund 60 Milliarden Dollar (44 Milliarden Euro) hat Google 2013 erwirtschaftet – circa 90 Prozent davon brachten ihm diese bezahlten Werbelinks ein. Damit dominiert Google den digitalen Werbemarkt weltweit.

15 Uhr: Die Werbeanzeigen erraten die persönlichen Wünsche

Werbeanzeigen in Googles E-Mail-Dienst und auf Googles Internetseite: So viele Angebote zu Ibiza – die Finca im Landesinneren, das Kochbuch, das man sich schon einmal angeschaut hatte, der Flug vom Heimatflughafen aus. Nach all dem hatte man zuvor doch gar nicht gesucht!

Macht nichts. Google hat es dennoch gefunden und uns als nur leicht kaschierte Werbebotschaften geschickt. Indem der Konzern die gesammelten Nutzerdaten verknüpft, erfährt er, wo, wann und was wir im Internet suchen, wohin wir fahren und mit wem wir kommunizieren. So kennt Google nicht nur unsere Vorlieben, sondern antizipiert auch immer genauer, was wir in der Zukunft machen oder bestellen könnten. Und sei es die neue Wassersportart, deren Namen man bisher nicht kannte. Wakeboarding. Aha, nicht schlecht. Und schon den Link geklickt und die Ausrüstung zur Miete bestellt. Die Frage im Kopf: Wie stark prägt Google bereits unsere Gewohnheiten?

16 Uhr: Aus der Google-Welt gibt es kein Entrinnen

Weiterer Gedanke: Kann man vor Google überhaupt noch fliehen?

Wer Google aus seinem Alltag ausschließen will, der hat es schwer. Nicht nur weil Google sich tief im Internet und mit seinem Betriebssystem in Smartphones und andere Geräten einnistet. Auch wer selbst keine Google-Dienste nutzt, gerät in den Fokus des US-Giganten. Wer zum Beispiel eine elektronische Nachricht von einem Gmail-Konto erhält oder wessen Telefonnummer in Google-Kontakten des Geschäftspartners erscheint. Selbst wer ohne Googles Suchmaschine direkt eine Webseite ansteuert, liefert oft seine Daten aus. Auf jeder zweiten Webseite weltweit läuft im Hintergrund Googles Dienst Analytics, mit dem unter anderem die Seitenaufrufe der Internetnutzer analysiert werden können. Und gegebenenfalls, auf welchen Seiten der Nutzer davor und danach surfte.

17 Uhr: Die Waschmaschine im vernetzten Zuhause gestartet

Kurz vor Feierabend. Vom Büro aus die Waschmaschine zu Hause gestartet, der Strompreis ist jetzt günstig. Immer mehr Haushaltsgeräte sind heute vernetzt. Kühlschränke, Waschmaschinen, Herde, die Musikanlage – sie haben den Anschluss zum Internet und manchmal auch eine Kamera integriert. „Vernetztes Wohnen“ nennt sich der Trend, bei dem das Unternehmen aus Palo Alto eine große Rolle spielen will. Anfang des Jahres zahlte Google umgerechnet 2,3 Milliarden Euro für Nest, einen Hersteller vernetzter Thermostate und Rauchmelder. Sie sollen sich unter anderem mit der Lichttechnik und Autos verbinden können. Kürzlich erwarb Google Dropcam, einen Hersteller vernetzter Kameras für die Heimüberwachung.

Die Kalifornier werden versuchen, weitere Partner zu gewinnen, die Googles Schnittstellen und Betriebssystem nutzen, denn für die Vernetzung aller Haushaltsgeräte fehlt noch ein gemeinsamer Standard. Den würde gerne Google mitbestimmen. Und am Ende das Eigenheim technisch verwalten. Das Wort Hausverwaltung bekäme dadurch einen ganz eigenen Zungenschlag.

18 Uhr: Die Kfz-Versicherung nutzt alle Daten für die Prämie

Zurück nach Hause. Zu schnell unterwegs. Zu häufig gebremst. Stau. Als Umweg über schlecht asphaltierte Straßen gefahren. Prompt folgt die Mail der Versicherung: Sie möchte die Prämie erhöhen. Wäre Googles Betriebssystem doch besser nicht ins Auto integriert! Jetzt verpetzt es den schlechten Fahrer.

Was noch Zukunft ist, wird laut Branchenexperten derzeit bei vielen Versicherungen diskutiert. Die derart dokumentierte Fahrweise könnte in die Berechnung der Prämie einfließen. Der Fahrer könnte zum Beispiel die Zustimmung geben, dass seine Daten genutzt werden – mit Aussicht auf einen Rabatt. Es sei denn, sein Fahrverhalten ist nicht angemessen . . . Mit seiner Benutzerfreundlichkeit im Wageninneren umgarnt Google den Käufer – und mutiert bei Bedarf zum Verkehrspolizisten.

19 Uhr: Die Einkäufe nach Hause geliefert

Weiterer Gedanke: Kann man vor Google überhaupt noch fliehen?

Wer Google aus seinem Alltag ausschließen will, der hat es schwer. Nicht nur weil Google sich tief im Internet und mit seinem Betriebssystem in Smartphones und andere Geräten einnistet. Auch wer selbst keine Google-Dienste nutzt, gerät in den Fokus des US-Giganten. Wer zum Beispiel eine elektronische Nachricht von einem Gmail-Konto erhält oder wessen Telefonnummer in Google-Kontakten des Geschäftspartners erscheint. Selbst wer ohne Googles Suchmaschine direkt eine Webseite ansteuert, liefert oft seine Daten aus. Auf jeder zweiten Webseite weltweit läuft im Hintergrund Googles Dienst Analytics, mit dem unter anderem die Seitenaufrufe der Internetnutzer analysiert werden können. Und gegebenenfalls, auf welchen Seiten der Nutzer davor und danach surfte.

20 Uhr: You Tube zeigt das Feierabendprogramm

Kurz vor Feierabend. Vom Büro aus die Waschmaschine zu Hause gestartet, der Strompreis ist jetzt günstig. Immer mehr Haushaltsgeräte sind heute vernetzt. Kühlschränke, Waschmaschinen, Herde, die Musikanlage – sie haben den Anschluss zum Internet und manchmal auch eine Kamera integriert. „Vernetztes Wohnen“ nennt sich der Trend, bei dem das Unternehmen aus Palo Alto eine große Rolle spielen will. Anfang des Jahres zahlte Google umgerechnet 2,3 Milliarden Euro für Nest, einen Hersteller vernetzter Thermostate und Rauchmelder. Sie sollen sich unter anderem mit der Lichttechnik und Autos verbinden können. Kürzlich erwarb Google Dropcam, einen Hersteller vernetzter Kameras für die Heimüberwachung.

Die Kalifornier werden versuchen, weitere Partner zu gewinnen, die Googles Schnittstellen und Betriebssystem nutzen, denn für die Vernetzung aller Haushaltsgeräte fehlt noch ein gemeinsamer Standard. Den würde gerne Google mitbestimmen. Und am Ende das Eigenheim technisch verwalten. Das Wort Hausverwaltung bekäme dadurch einen ganz eigenen Zungenschlag.