Die Verkehrswende wird durch Corona beschleunigt – wenn die Politik ihre Chance erkennt, kommentiert Christoph Link.
Stuttgart - Verkehrspolitische Maßnahmen schneiden in Freiheitsgefühle ein und sind meist unpopulär. Als die seit Kriegsende von der SPD regierte Stadt Kassel in den 90er Jahren mit Blumenkübeln und Schwellen in Wohnvierteln die Autos zum langsameren Fahren bringen wollte, sind die Sozialdemokraten sofort abgewählt worden. Heute ist Tempo 30 in Wohngebieten zum Schutz von spielenden Kindern Konsens. Diskutiert wird nun über eine neue Verkehrswende, auf Landes-, Bundes- und internationaler Ebene. Die Corona-Krise hat die Debatte angeheizt: Weltstädte wie New York, Vancouver oder Berlin haben kurzerhand wegen des Lockdowns verwaiste Straßen zu Radwegen umgewidmet, Autobahnen waren zeitweise staufrei, und die Flughäfen sind immer noch ziemlich still. Geht Verkehr eigentlich auch anders? Müssen die massiven Pendlerströme sein, wenn Millionen von Menschen gut im Homeoffice arbeiten? Oder kann man morgens ein paar Stunden in einer Coworking-Station tätig sein und nach der Rushhour – falls nötig – im halb leeren Zug ins Büro fahren?