Die Orsons: Plan B, Kaas, Tua, Maeckes (v. li.) Foto: Promo

Dank ihrer Frechheit kommt die Stuttgarter Hip-Hop-Combo Die Orsons nun groß raus.

Stuttgart - Was hat Rap mit Schweinen zu tun? Gar nichts, finden auch Die Orsons. Aber an Spielregeln haben sich die vier noch nie gehalten. Nun wird die Frechheit der Stuttgarter Combo mit einem Deal mit dem Majorlabel Universal belohnt.

Maeckes fehlt. "Der ist gerade erst aufgestanden und braucht noch 'ne Viertelstunde." Bartek Nikodemski, der sich Plan B nennt, scheint das bei seinem Bandkollegen nicht weiter zu wundern: Die Orsons spielen zwar jetzt bei den Großen mit. Aber wer sagt, dass man als Star nicht gerne ausschläft?

Als Maeckes tatsächlich eine Viertelstunde später im Lavazza auftaucht, grinst von seinem T-Shirt ein gekrönter Schimpanse: das Logo des Stuttgarter Labels Chimperator, bei dem die Orsons - das sind Maeckes, Kaas, Tua und Plan B - unter Vertrag stehen. "Das mit Chimperator", sagt Maeckes und frühstückt einen halben Keks, "ist eine total schöne Sache." Als Orsons haben die vier Jungs bei dem kleinen Label bisher zwei Alben veröffentlicht, die Titel tragen wie "Das Album" oder "Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit, Orsons". Für das dritte Album gibt es zwar noch keinen so ausgefallenen Namen. Aber nun mischt auch noch die richtig große Plattenfirma Universal mit.

Hip-Hop-Band der anderen Art

"Die Majors sind aufmerksam geworden, als wir letztes Jahr mit Fettes Brot getourt sind", sagt Kaas. Er trinkt frisch gepressten Orangensaft und trägt neue Wildlederschuhe - "die verkauft mein Nachbar in seiner Garage". Bevor er 2008 bei Chimperator unterschrieb, war er mit seiner Band Bassquiat beim Label des Berliner Rappers Kool Savas unter Vertrag. Sein Kollege Tua, ebenfalls ein Reutlinger, rappte bis 2009 für das Label Deluxe Records in Hamburg. Nein, Tua habe nicht verschlafen, heißt es auf einen fragenden Blick hin. "Der ist in Berlin bei seiner Frau und seinem Kind."

Die Orsons haben anstrengende Tage hinter sich, haben in Prag an ihrem neuen Album gearbeitet, das Mitte 2012 erscheinen soll. "Wir haben so viel Arbeit reingesteckt wie noch nie", sagt Plan B: "Für das erste Album saßen wir vier Tage im Studio, für das zweite vier Wochen lang. Dieses Mal wird ein ganzes Jahr dauern." Einfach so die erstbeste Idee in Musik umsetzen? Diese Strategie, die lange Zeit Markenzeichen der Orsons war, wird beim Universal-Deal wohl weniger zum Tragen kommen. "Es wird trotzdem ein Orsons-Album", sagt Maeckes, "und es wird vielleicht noch ein bisschen poppiger und bunter als das letzte Album."

Die Orsons sind eine Hip-Hop-Band der anderen Art. Gängiges Ghetto-Vokabular ersetzen sie durch blumige Ausdrücke; harte Beats weichen an gekonnt falscher Stelle poppig-warmen Klängen. Die Songtexte in "Das Album" drehen sich allesamt um die vier (Orsons-)Schweine und ihre Abenteuer auf einer Farm. Und bei "Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit, Orsons" geht es schon auf dem Coverbild so fröhlich bunt-verdreht zu, dass sich Fans von Gangsterrappern wie Bushido auf die Füße getreten fühlen müssen.

"Polarisierung ? Ja klar, das macht uns interessant, auch für ein Majorlabel wie Universal", findet Maeckes. "Darauf wollten wir doch raus, als wir mit den Orsons angefangen haben: der Gegenentwurf sein zu diesem steifen Rap-Regime mit seinen selbst auferlegten Regeln. Ist uns ganz gut gelungen." Die Orsons nehmen Musik ernst, nicht sich selbst, und das ist angenehm, weil es viel Platz lässt für Neues.

Hommage an "Koreas Kurt Cobain"

Das gilt auch für Soloprojekte: Kaas weicht mit seinen verspielten Texten und fröhlichen Melodien noch am wenigsten vom Prinzip der Orsons ab. Maeckes Solostücke klingen dagegen häufig nachdenklich und melancholisch. Tuas Musik, da sind sich alle einig, ist noch mal was ganz anderes: dunkel, kritisch und bedrückend. "Rap als solches gibt es nicht mehr", sagt Meackes, "die musikalischen Grenzen verschwimmen, das Genre ist tot."

Wer, wie die Orsons, nach diesem Motto lebt und arbeitet, hat einen entscheidenden Vorteil: künstlerische oder, wenn man möchte, Narrenfreiheit. Und die reicht bei den Orsons von singenden Schweinen über hüftschwingende Baseballspieler bis hin zu einer Hommage an "Koreas Kurt Cobain", Kim Kwang Seok. Ganz schön kreativ - selbst in einer Stadt wie Stuttgart, in der man laut Maeckes "den Kreativen nur so lange einen Ort zur Verfügung stellt, wie man ihn nicht für irgendwelche Bürogebäude braucht".

Trotzdem fühlen sie sich wohl hier, Kaas, Meackes und Plan B, die alle in verschiedenen Ecken Stuttgarts wohnen und auch nicht vorhaben, wie ihr Kollege Tua nach Berlin zu ziehen. "Im Gegenteil", sagt Plan B. "Wenn Stuttgart 21 steht, wollen wir hier einen Orsons-Baum pflanzen." Er lacht und schaut dann hungrig auf die andere Straßenseite zum China-Schnellimbiss hinüber. "Sagt mal, gehen wir da nachher kurz vorbei und kaufen eine Nudelbox?" Ganz klar, die Chimperator-Jungs sind jetzt zwar eine Majorband. Aber ein Orson darf trotzdem Fast Food zum Frühstück essen.