Annäherungsversuche: Pauline Etienne (links) und Isabelle Huppert in "Die Nonne". Foto: Camino

Das Martyrium einer jungen Frau: Denis Diderots Roman“Die Nonne“ (La religieuse) wird als französisches Drama neu verfilmt.

Stuttgart - Man mag kaum hinschauen, während das Verderben seinen Lauf nimmt für die zarte Suzanne: Ihre wohlsituierte, finanziell gebeutelte Familie steckt sie ins Kloster – dabei ist sie dafür denkbar ungeeignet, denn sie ist ein Freigeist. Ihr fehlt die religiöse Demut, die wichtigste Voraussetzung für ein abstinentes Leben hinter Mauern im Jahr 1763.

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Guillaume Nicloux hat aus seiner Diderot-Verfilmung „Die Nonne“ ein opulentes Kostüm-und-Kulissen-Drama gemacht, 18 von 34 Drehtagen hat er in den Klöstern Bronnbach und Maulbronn verbracht. Lange lässt er seine rebellische Protagonistin darum ringen, selbst Herrin ihres Schicksals zu werden. Zuvor bekommt sie es mit Äbtissinnen unterschiedlicher Prägung zu tun.

Louise Bourgoin nimmt sofort ganze Hallen für sich ein, wenn sie auftritt als kaltlächelnd-sadistische Oberin, die mittelalterliche Methoden der Züchtigung und Selbstkasteiung wieder einführt. Suzanne freilich weigert sich, das härene Hemd zu tragen; das kommt sie teuer zu stehen. Gerade rechtzeitig naht Rettung, Suzanne wird verlegt – und gerät vom Regen in die Traufe: Die neue Oberin des zunächst einladend wirkenden Klosters entpuppt sich als liebesbedürftige Lesbe. Lilo Pulver spielte diese Rolle in Jacques Rivettes Klassiker von 1966, nun wirft sich Isabelle Huppert mit Verve hinein. Sie ist köstlich als sich verzehrende Drama Queen, die das Kloster als ihren persönlichen Streichelzoo betrachtet. Bald möchte Suzanne nur noch eines: endlich entkommen, frei sein.

Pauline Etienne in der Hauptrolle strahlt tapfer immer beides aus, Zerbrechlichkeit und eisernen Willen – hat aber kaum eine Chance gegen ihre dominanten Widersacherinnen, denn Suzanne ist keine Akteurin, sondern eine Gepeinigte im Wartestand.

„Es erfüllt mich mit Wut, wenn die Freiheit des Denkens eingeschränkt wird“, hat Nicloux bei der diesjährigen Berlinale als Motivation angegeben. Daneben hält er eine gesellschaftspolitische Lektion bereit: Die eine Chefin eine Schleiferin, die andere eine Grapscherin, beide erstaunlich zeitlos – womöglich handeln Frauen in Führungspositionen nicht so viel anders als Männer.

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