Die Kellys feiern mit ihren Fans in der Stuttgarter Schleyerhalle. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die Kinder der Kelly Family sind längst Erwachsene. Am Samstagabend sind die Kellys durch die Zeit gereist, haben alte Lieder auf die Bühne der ausverkauften Schleyerhalle gebracht – und ihre Fans schon drei Tage vor dem Fest beglückt.

Stuttgart - Ein Wald der Lichter, ob sie nun von Feuerzeugen oder Smartphones kommen, ist die Hanns-Martin-Schleyerhalle früh schon, am Samstagabend, spätestens dann, wenn Jimmy Kelly „Cover the Road“ singt, alleine mit akustischer Gitarre draußen auf der Vorbühne, ein ganz und gar emotionaler Moment. Viele solche Momente gibt es beim Konzert der Kelly Family, die 25 Jahre „Over the Hump“ feiert, das Jubiläum jenes Albums, das der musizierenden Großfamilie den internationalen Durchbruch brachte, das alleine in Deutschland neun Mal mit einer goldenen Schallplatte ausgezeichnet wurde.

Auf „Over the Hump“ finden sich etliche der großen Hits der Kellys – den größten, „Sometimes I wish I were an Angel“ sang seinerzeit Angelo Kelly, zwölf Jahre alt. 25 Jahre später ist Angelos Stimme nicht mehr dieselbe; die Geschwister teilen sich den Gesang bei diesem Stück, singen das kindliche Lied von einst rauer, ganz neu und anders. Das Konzert, das die Kellys in der ausverkauften Schleyer-Halle geben, ist eines zwischen gestern und heute, eines das für viele Fans viele Erinnerungen zurückbringt, das die Wandlung, die die Familie durchmachte, sehr deutlich zeigt, und auch, wie sehr jeder der Kellys mittlerweile zu einer ganz eigenständigen Persönlichkeit reifte.

Blumenkranz im Haar

Da ist Jimmy Kelly, der gut frisierte, ernste, mit der Gitarre; da ist Joey, der wilde Mann im grünen Glitzeranzug, ein Extremsportler im Leben auch, der sich auf der Bühne gebärdet, als würde er längst an einer Zweitkarriere als Metal-Sänger basteln. Da ist John, der lebhaft hin und her läuft, dabei karierte Hosen in unterschiedlichen Farben spazieren führt, der sich zuletzt einen schimmernden Zylinder aufsetzt und Irving Berlins „White Christmas“ in eine flotte Rock‘ n Roll-Nummer verwandelt.

Da ist Kathy, die Älteste der Geschwister, die am Keyboard steht, meist ganz zurückhaltend agiert; da ist Paul, der Zweitälteste, der die Familienband sehr früh verließ, um Koch zu werden, der erst 2005 zur Kelly Family zurückkehrte – er tritt auf im Rock, trägt eine Schiebermütze, zeigt ein Tänzchen. Da ist Patricia, die sich einen Blumenkranz aufs Haar setzt, im grünen Kleid tanzt und singt, ganz voller Energie und Ausstrahlung. Und da ist Angelo, der am 23. Dezember seinen 38 Geburtstag feiert und sich heute oft ans Schlagzeug setzt, seine Geschwister begleitet und ein langes Solo spielt.

Ein wirklich weihnachtlicher Moment

Die Stimmen der Kellys sind gereift seit 1994, haben sehr gewonnen an Ausdruck, Individualität. Die langen Haare, die sie alle trugen, sind lange ab, die Lieder sind die gleichen geblieben: Die Geschwister bringen „Over the Hump“ Stück für Stück in der originalen Reihenfolge des Albums auf die Bühne. Dazu regnet es Konfetti, dazu steigen funkelnde Säulen auf, tanzen Flammen über die Bühne. Im Hintergrund steht eine Band, die die Kellys stark begleitet; auch die Geschwister selbst zeigen ihr großes Talent gerne und oft als Solisten.

Es ist ein großes Wiedersehensfest, das die Kellys in Stuttgart feiern, drei Tage vor Weihnachten. Schließlich begrüßt Patricia zwei besondere Gäste auf der Bühne: Luke und Lilli sind Kinder von Joey Kelly, viel jünger heute, als Joey, Jimmy, Patricia es vor 25 Jahren waren. Luke begleitet seine Schwester auf dem Klavier, als sie in Stuttgart „Leise rieselt der Schnee“ singt. Schillernde Flocken fallen auf den Bildwänden herab, ein wirklich weihnachtlicher Moment.

Jimmy Kelly verabschiedet sich zuletzt im Namen seiner Geschwister vom Stuttgarter Publikum. Wechselhaft war die Geschichte der Kellys, für Schlagzeilen sorgte sie oft. „Wie Ihr mittlerweile wisst, sind wir auch keine perfekte Familie“, sagt Jimmy. „Wir sind genauso kaputt wie die Nachbarn nebenan.“ Fast drei Jahre sind vergangen, seitdem die Kelly Family trotz allem wieder zusammenfand, im Februar 2018 feierte sie dies auch in Stuttgart. Nun haben die Kellys ihre Stuttgarter Fans noch einmal glücklich gemacht – „We had a Dream“, das singen sie ihnen zum Abschied.