Torschütze vom Dienst im DFB-Team: Thomas Müller Foto: dpa

Im chinesischen Fernsehen jodelte er neulich und tanzte einen Schuhplattler. Auch sonst ist Thomas Müller immer für einen Lacher gut, gern auch über sich selbst. Nur die Gegner verzweifeln an dem Torjäger – siehe Schottland.

Glasgow/Stuttgart - Rod Stewart, Pop-Legende und schottischer Edelfan, kriegte sich kaum ein, als er zu einer Lobeshymne auf die Tormaschine im deutschen Team anhob: „Unglaublich. Fantastisch. Ein Phänomen.“ Englands Ex-Stürmer Gary Lineker adelte Thomas Müller als „goalscorers’ goalscorer“ – als Torjäger der Torjäger. Und der „Daily Record“ titelte nach dem 3:2-Erfolg der deutschen Weltmeister in Glasgow entnervt: „Mullered!“ Auf Deutsch: vernichtet!

Mit zwei Treffern und einer Vorlage zum Siegtreffer durch Ilkay Gündogan hatte Thomas Müller den Schotten fast im Alleingang den Zahn gezogen. Mit einem Punkt am 8. Oktober in Irland oder, im Falle einer Niederlage, mit einem Sieg am 11. Oktober gegen Georgien ist die deutsche Elf definitiv bei der EM 2016 dabei – nicht zuletzt dank Thomas Müller. „Er ist für uns Gold wert“, jauchzte Bundestrainer Joachim Löw.

In der EM-Qualifikation traf er achtmal

Mit seinem siebten Doppelpack im 65. Länderspiel erzielte Müller (25) seine Treffer Nummer 29 und 30 im DFB-Trikot. In der EM-Qualifikation traf er achtmal, nur der Pole Robert Lewandowski (10) war erfolgreicher. Besser noch: Einschließlich der WM in Brasilien hat Müller in 16 Länderspielen 14 Treffer erzielt und drei weitere vorbereitet. Fast alle auf seine eigene Art. „Thomas ist unnachahmlich“, schwärmte Mario Götze. Ex-VfB-Torhüter Jens Lehmann befand als RTL-Experte: „Er macht so lustige Tore.“

So wie beim 1:0 gegen die Schotten. Müller hatte sich im Zentrum festgedribbelt, er schoss trotzdem, und vom Fuß seines Gegenspielers Russell Martin trudelte der Ball ins Tor. „Ich wurde in die Situation reingedrängt, habe einen kleinen Schubser bekommen“, sagte Müller. Und fügte augenzwinkernd hinzu: „Bisschen glücklich – wissen wir ja alle.“ Auch sein zweiter Treffer war typisch für ihn. Beim Schuss von Emre Can lauerte er auf den Abpraller, der ihn prompt erreichte. „Thomas hat ein wahnsinnig gutes Gefühl für Situationen und für Räume. Er schleicht sich dahin, wo kein Gegner steht. Das ist seine große Stärke“, lobte Löw.

Thomas Müller: listig und lustig.

Für die Chinesen ist Thomas Müller ein „verrücktes Baby“

Bei der Asien-Reise mit dem FC Bayern im Sommer bekam er seinen Spitznamen weg. In der Volksrepublik heißt Müller „Erwa“ – „verrücktes Baby“. Die Menschen dort lieben ihn. „Vielleicht stehen die Chinesen auf große Nasen“, mutmaßt er. Eher bewundern sie den erfolgreichen Torjäger: „Weltmeisterschaften werden auch dort übertragen, und da war ich ja zweimal sehr erfolgreich.“ 2014 und 2010 – mit je fünf Treffern.

Louis van Gaal, sein Ex-Trainer in München, schätzt das. Im Sommer lockte er Müller für 100 Millionen Euro zu seinem aktuellen Club Manchester United. Der FC Bayern, für den Müller auch schon fünf Saisontore erzielt hat, erklärte ihn für unverkäuflich. Der kantige Bayer (Vertrag bis 2019) ist das Gesicht des Rekordmeisters, aber kein unumstrittener Stammspieler. In den vergangenen beiden Spielzeiten stand er in 68 Ligaspielen nur 29-mal über 90 Minuten auf dem Platz. Das ärgert ihn zuweilen, die gute Laune raubt es ihm nicht. „Ich lache auch, wenn es regnet“, sagt Müller, „denn wenn ich nicht lache, hört es ja auch nicht auf zu regnen.“

Wo er recht hat, hat er einfach recht.