Pfennigbasar 2017: Viele Menschen suchen gut erhaltene Kleidung zu kleinen Preisen. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

3,4 Millionen Euro in fünf Jahrzehnten, so lautet die Erfolgsbilanz des Deutsch-Amerikanischen Frauenclubs mit seinem Pfennigbasar. Doch mit dem 50. Flohmarkt droht jetzt das Ende.

Stuttgart - „Frivoles Unterzeug für Damen, Wärmendes für Herren, Kastagnetten und Mieder, Babyhöschen und Notenständer, Christbaumschmuck und Umstandskleider – alles nur für ein paar Pfennig“, schreibt die „Stuttgarter Zeitung“ im Oktober 1969 über den allerersten Pfennigbasar des Deutsch-Amerikanischen Frauenclubs (GAWC). Mit ihrem Flohmarkt erzielten die Frauen damals 20 000 Mark.

50 Jahre später ist der jährlich im Herbst stattfindende Wohltätigkeits-Basar längst eine Institution in Stuttgart, das stolze Markenzeichen des Clubs, mit dem er insgesamt 3,4 Millionen Euro an deutsche und amerikanische Einrichtungen sowie den transatlantischen Studentenaustausch ausschütten konnte. Doch der jetzt am 6. und 7. November in der Liederhalle anstehende 50. Pfennigbasar ist wahrscheinlich der letzte.

„Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust“, meint Marianne Zinser. Die fitte 83-Jährige ist fast von Anfang an mit dabei. „Es fällt mir schwer, dass damit jetzt Schluss sein könnte, aber ich selbst habe nicht mehr die Kraft, voll mit zu helfen“, sagt sie und verweist auf das Problem, dass es zuletzt immer schwieriger wurde, unter amerikanischen und deutschen Frauen des Clubs genug Helferinnen zu rekrutieren. Viele der deutschen Frauen sind in den Siebzigern, und unter den jüngeren sind viele berufstätig. Dasselbe gilt für die Amerikanerinnen.

Zahlreiche Hürden

Und in den vergangenen Jahren sind weitere Schwierigkeiten auf den Frauenclub zugekommen: Die Brandschutzauflagen wurden verschärft, die Steuerlast nahm zu und auch die Miete für die rund 2500 Quadratemeter Verkaufsfläche – nach Angaben der Liederhalle zwischen 5000 und 6000 Euro – ist für den Club kein Pappenstiel. Deutsche Firmen und die US-Army hatten unentgeltlich Lagerräume zur Verfügung gestellt. Das ist weggefallen. Außerdem hatten sich US-Soldaten anders als die Bundeswehr beim Helfen mitunter rar gemacht.

Vor anderthalb Jahren beschlossen die Frauen daher mit knapper Mehrheit, auf jeden Fall noch den 50. Pfennigbasar auszurichten. „Immer mehr Arbeit und immer weniger Gewinn“, resümiert Tracy Viana, die amerikanische Präsidentin des Frauenclubs. Sie hält das Ende des Pfennigbasars mit Blick auch auf sinkende Spendenerlöse für „wahrscheinlich“.

2017 konnten 22 500 Euro an deutsche und amerikanische Sozialeinrichtungen übergeben werden. Früher waren es in guten Zeiten bis zu 200 000 Mark oder 100 000 Euro. Die deutsche Club-Präsidentin, Christina Kastrup, schwächt dennoch ab. Es gebe „noch keinerlei konkrete Zukunftspläne für die Zeit nach unserem 50. Pfennigbasar“. Darüber müssten die knapp 300 ClubMitglieder im kommenden Jahr befinden.

Hilfe und Freundschaft

Der Deutsch-Amerikanische Frauenclub ist sogar noch älter als der Pfennigbasar. Er wurde bereits 1947 von amerikanischen Offiziersfrauen gegründet, „um die Deutschen wieder in die Gemeinschaft der zivilisierten Staaten aufzunehmen und ihnen in ihrer damaligen Not zu helfen“, erzählt Irmela Griesinger. Das Programm damals wie heute: Konkrete Hilfe und die deutsch-amerikanische Freundschaft. Letztere sei, heißt es, auch beim Wegfall des Basars nicht in Gefahr. Trotz des in Deutschland unbeliebten US-Präsidenten Donald Trump. Zwar wird beklagt, dass das US-Militär immer weniger einlädt. Die Amerikanerinnen kämen aber gerne nach Stuttgart, auch in den Club, meint Tracy Viana. „Unser Club ist quicklebendig“, bestätigt Marianne Zinser.

Die Stadt Stuttgart würde ein Aus für den Pfennigbasar bedauern. Ein Sprecher nannte ihn eine „Bereicherung“ für die Landeshauptstadt. Mit Blick auf die Miete für die Liederhalle könne man dem Frauenclub aber nicht noch mehr entgegenkommen. Vielleicht sollte man überlegen, so der Sprecher weiter, „die Veranstaltung zukünftig in kleinere Räumlichkeiten zu verlegen“. Auch der Kommandeur der Stuttgarter US-Standortverwaltung, Oberst Neal Corson, lobt den „Penny Bazaar“: Er sei ein „bemerkenswertes Beispiel, um zu zeigen: Je mehr Leute zusammenkommen, um Gutes zu tun, desto besser werden die Ergebnisse“.

Da überrascht es nicht, dass es Ideen für die Zukunft gibt: „Vielleicht eine Musik-Benefiz-Veranstaltung“, meint Tracy Viana. „Sollte dies tatsächlich der letzte Basar sein, dann müssen wir etwas anderes machen.“ Denn Geschichte verpflichtet: So bewiesen die Frauen, schrieb ein Chronist schon 1968, „dass sich die Tätigkeit des Deutsch-Amerikanischen Frauenclubs nicht im Bridge-Spiel und im Austausch schwäbischer Kochrezepte erschöpft, auch nicht in Five O’Clock Teas und anderen Meetings“.