Familienanschluss mit Folgen: Szene aus „Der wundersame Katzenfisch“ Foto: Arsenal

Eine Einsame findet Zuflucht in einer chaotischen Familie: Was wie ein Märchen klingt, hat Regisseurin Claudia Sainte-Luce als Alltagsbetrachtung inszeniert, Darstellerin Lisa Owen versteht sich auf kleine Gesten – wenn ihre Martha starke Momente hat, bringt sie alles zum Leuchten.

Filmkritik und Trailer zum Kinofilm "Der wundersame Katzenfisch"

„Wie fühlen Sie sich?“, fragt der Wachmann im Supermarkt, in dem die 22-jährige Claudia arbeitet. „Leer“, antwortet diese. Bald sitzt sie angewidert im Schneidersitz neben ihrem Stand mit Enthaarungscreme, die Gedanken bei der Aids-kranken Martha, ihrer einstigen Bettnachbarin im Krankenhaus mit den vier Kindern und dem großen Lebensmut, die die einsame Claudia in ihre Familie aufgenommen hat.

» Kino Stuttgart: Wann und wo "Der wundersame Katzenfisch" läuft, finden Sie hier.

Was wie ein Märchen klingt, hat Regisseurin Claudia Sainte-Luce als Alltagsbetrachtung inszeniert: Wenn alle sechs am Esstisch sitzen, passiert eigentlich nicht viel, aber die Leinwand ist erfüllt von Geplapper und Gezappel, Schöpfkelle, Ketchup-Flasche, Würstchen. In der stillen Beobachtung des scheinbar Banalen offenbart sich magische Lebendigkeit, aus der die Filmemacherin die Kraft ihrer Bilder schöpft.

Natürlich wundern sich die Kinder anfangs, wieso Claudia ständig da ist und hilft, und die wundert sich selbst, trotz der Tristesse ihres eigenen kleinen Daseins. Bald gewöhnen sich alle aneinander. Mit Nesthäkchen Armando macht Claudia Quatsch und holt dabei Leerstellen in ihrer eigenen elternlosen Kindheit nach. Sie bürstet der halbwüchsigen Mariana die Haare, wie sie es sich damals wohl selbst gewünscht hätte, sie stellt sich den Obsessionen der übergewichtigen Wendy, die sich später im Krankenhaus unvermittelt an Claudias Schulter lehnen wird. Und sie wird der schon erwachsenen, zunächst misstrauischen Alejandra eine Freundin und Zuhörerin, die auch noch Geld zur Stromrechnung zuschießt.

Sainte-Luce lässt sich Zeit mit Claudia: Wenn sie doch noch einmal in ihr Loch zurückkehrt, wenn sie die fremde Wohnung aufräumt, die immer mehr zu ihrem Zuhause wird, kann sich setzen, was sich da rasant vollzieht. Stoisch wahrt Ximena Ayala in der Hauptrolle das Pokerface einer Verwundeten, umso größer ist die Befreiung, wenn sie endlich doch lacht. Lisa Owen versteht sich auf kleine Gesten – wenn ihre Martha starke Momente hat, bringt sie alles zum Leuchten.

Ein Wochenende am Meer wünscht sich die schwächer Werdende. Zu sechst fahren sie los im gelben VW Käfer und lachen, wursteln, zanken auch in der Postkartenidylle weiter wie im richtigen Leben.

Was sonst noch im Kino in Stuttgart läuft, finden Sie in unserem Kino-Programm.