Tim Zander auf dem Gipfel des Kilimandscharo Foto: z

Berge bestiegen hatte Tim Zander aus Vaihingen bis 2010 eigentlich nicht. Dann fragte ihn zwei Freunde, ob er nicht mit auf den Kilimandscharo wollte. „Mein höchster Berg bis dahin war der Pfänder“, schildert Tim Zander. Er überlegte es sich kurz und sagte zu.

Vaihingen - Wanderschuhe hat sich Tim Zander nicht gekauft, um den Kilimandscharo zu besteigen. Der 35-Jährige Vaihinger wollte bequeme Treter. Und bequem, das heißt für den Triathleten und Abteilungsleiter der Schwimmer des SV Vaihingen Laufschuhe. „Ich bin zu Beginn auch dementsprechend belächelt worden“, sagt er und lächelt selbst. „Aber ich war oben.“

2009 haben ihn Freunde gefragt, ob er mit ihnen nach Tansania fahren wollte, um den Kilimandscharo zu besteigen, mit knapp 6000 Metern der höchste Berg Afrikas. „Der höchste Berg, auf dem ich bis dahin gewesen war, ist der Pfänder am Bodensee“, sagt Zander. Kaum 1100 Meter über dem Meeresspiegel. „Muss man für den Kilimandscharo nicht Bergsteigertechniken lernen?“, fragte er seine Freunde und sah sich bereits im Haltegurt und mit Steigeisen. Sportlich ist Zander zwar seit jeher. Sehr sportlich sogar, er trainiert gerade für den Iron-Man-Triathlon auf Hawaii. Aber Wandern, das war bisher nicht seins. Kein Problem, beruhigten ihn seine Freunde. Am Kilimandscharo muss niemand klettern, es ist eher Bergwandern als Bergsteigen, alles sei gut ausgewiesen. „Da habe ich zugesagt“, sagt Zander.

Die Idee reizte ihn

Die Idee reizte Zander, der als Prozessoptimierer bei einem Elektrotechnikhersteller in Nürtingen arbeitet. Vaihingen liegt rund 500 Meter über Normalnull, 6000 Meter sind da schon eine andere Hausnummer.

Los ging es für Zander und seine Freunde im Januar 2010. „Wir drei und insgesamt 14 Begleiter“, sagt er und zählt verwundert noch mal auf dem Erinnerungsfoto nach, das auf dem Computer zu sehen ist. Zwei Bergführer, ein Koch und 11 Träger – „aber wir hatten mit den Zelten und Proviant für eine Woche mehr als 140 Kilo Gepäck dabei“. „Pole, pole“ – „langsam, langsam“, das riefen die Afrikaner den drei Deutschen immer wieder zu, die zunächst stramm fürbass schritten. „Wir haben anfangs gemeint, möglichst viele Kilometer machen zu müssen“, sagt Zander. Schließlich waren die Wanderwege breit und gut ausgebaut und der Weg zum Gipfel nur 42 Kilometer lang. Ein Spaziergang für den Marathonläufer Zander. Er und seine Freunde hatten sich zu Beginn gewundert, warum dafür sechs Tage eingeplant waren. Am ersten Tag stieg die Gruppe direkt von 1000 Metern auf 3000.

Viel zu schön, um durchzurasen

Doch nach und nach verstand Zander, warum es sinnvoll war, den Aufstieg langsam anzugehen. „Zum einen ist die Landschaft zu schön, um da einfach durchzurasen“, sagt der 35-Jährige und öffnet Fotos mit spektakulären Motiven: Sonnenuntergänge, der Gipfel des Kilimandscharo aus der Ferne, die schneebedeckte Gipfelkuppe über einem Ring aus Wolken. Vier Vegetationszonen durchwanderte die Gruppe: vom tropischen Regenwald bis auf den Gletscher.

Und dann war da die Höhenkrankheit. Zunächst erwischte es Zanders Bekannte, dann ihn selbst. Im Camp auf 4600 Meter ging es ihm schlecht. Rasende Kopfschmerzen hatte er, und das Gefühl, nicht richtig Luft zu bekommen. „Vielleicht hat es mich stärker getroffen als die anderen, gerade weil ich Ausdauersportler bin“, mutmaßt der 35-Jährige. Denn sein Körper sei es gewohnt, viel Sauerstoff aus der Luft zu ziehen. Auf einmal war da nicht mehr genug.

Lieber wäre er Marathon gelaufen

Am Abend vor dem Aufstieg zum Gipfel lag Tim Zander in seinem Zelt und fror erbärmlich. „Ich hatte alles an, was ich dabei hatte und zitterte dennoch vor Kälte und bekam keine Luft.“ Hätte man ihn gefragt: Gipfelaufstieg oder Marathon – Zander wäre in diesem Augenblick lieber Marathon gelaufen. Um Mitternacht ging es trotzdem los. 1200 Höhenmeter bei minus zehn Grad und fünf Stunden Weg im Dunkeln standen der Gruppe bevor. Zander aß unterwegs ohne Unterlass Müsliriegel – „ich wollte nicht in den Unterzucker kommen“. Schritt für Schritt kämpfte er sich nach oben. Teils mit Unglauben beobachteten die Deutschen, wie der afrikanische Bergführer scheinbar mühelos den Gipfel erklomm. „Aber die sind es auch gewohnt, ihnen machen 6000 Meter Höhe nichts aus.“ Um 5 Uhr kamen Tim Zander und seine Freunde oben an. Zanders Kopf dröhnte – aber er war glücklich. Denn just in diesem Moment ging die Sonne auf. „Das war einfach unglaublich.“

Sechs Tage hatte der Aufstieg gedauert – der Abstieg gelang in einem Tag. Kurioserweise setzte ihm der Sauerstoffmangel beim Abstieg stärker als beim Aufstieg zu. Zander schnaufte wie ein alter Mann. „Vielleicht war es die Übermüdung.“ Aber der Moment auf dem Gipfel hat ihn für alles entschädigt.