Der Zauberkünstler Thorsten Strotmann in seiner Magic Lounge, die er vor sieben Jahren im Römerkastell eröffnet hat. Foto: ML

In seinem kleinen Theater im Römerkastelle sieht man alles – und versteht doch nichts. Thorsten Strotmann, einer der erfolgreichsten Close-up-Magier, spricht über Zauberkästen, Managerserminare und „viel Quatsch“ bei seinen Kollegen.

Herr Strotmann, wir rücken immer näher an den „Zauber der Weihnacht‘“ heran. Sind Sie auch für den besinnlichen Zauber empfänglich?
Ich finde Weihnachten eine sehr schöne Zeit, am besten noch mit Schnee. Ich mag sogar poppige Weihnachtslieder und die Stimmung an sich. Zu dieser Zeit ist bei uns im Theater natürlich Hochbetrieb und wir spielen täglich, ab Weihnachten zwei Shows pro Tag. Das macht mir auch einen riesen Spaß!
Zwei Shows pro Tag mit weltlichem Zauber. Wie unterscheidet sich dieser vom kirchlichen Zauber?
(Schmunzelt) Die Religion ist die größere Illusion. Manche suchen in der Kirche teilweise einen Rückhalt oder Ausgleich, andere suchen ihn woanders. Ich biete Spaß und Unterhaltung mit Zauberei. Aber auch in der Bibel findet man sehr gute Zaubertricks.
Wie alt waren Sie, als Ihnen klar wurde, dass Zaubern nicht nur ihre Passion, sondern auch Ihre Profession werden würde?
Ich habe mich mit 23 Jahren entschieden, Profizauberer zu werden. Zum Glück!
So spät? Viele ihrer Kollegen haben im Kindesalter mit dem Zauberkasten angefangen und von dieser Idee dann nicht mehr abgelassen.
Bereits als Kind wurde aber mein Interesse an Manipulation geweckt. Meine Oma hat beim Kartenspielen immer geschummelt. Dabei hat sie immer auf dem Stuhl gewackelt. Ich dachte, das kann man doch besser machen. So habe ich das Täuschen gelernt.
Und was war mit Zauberkästen?
Es gibt sehr viele, aber leider sind die meisten nicht gut. Die Zauberkästen sind zwar nicht mit der professionellen Zauberei vergleichbar, aber für viele ist es der erste Einstieg. Das Beste, was ein Interessent machen kann: Gute Zauberbücher lesen und die Grundlagen der Magie lernen. Es gibt Hunderte von sehr guten Büchern. Dann heißt es: üben, üben, üben.

Am Anfang spielte er manchmal vor zwölf Gästen

Vor sieben Jahren haben Sie Ihre „Magic Lounge“ im Römerkastell gegründet. Dachten Sie damals, dass sie sieben Jahre durchhalten?
Am Anfang war es schwer. So gab es erst mal keine Finanzierung. Ich habe aber alle Bestellungen getätigt, da wir sonst den Eröffnungstermin nicht hätten einhalten können. Zu Beginn liefen die Shows schleppend, und wir haben teils nur zwölf Gäste gehabt. Einmal hatte ich eine Show gespielt, eine „Seance“ zu Halloween – die Sache war eine Katastrophe war.
Wie ging das aus?
Wir haben uns anschließend sogar bei den Gästen entschuldigt und alle noch mal zu den Top-Shows eingeladen. Diese Aufrichtigkeit und Entschuldigung kam allerdings wieder hervorragend an und wurde uns verziehen. Jaja, ich habe auch viel durch Fehler gelernt und so erkannt, was nicht zu mir passt. Glücklicherweise gab es im siebten Jahr keinerlei Probleme und wir haben derzeit eine Gesamtauslastung von über 95 Prozent bei über 220 Shows pro Jahr.
Respekt! Was hat eine kleine Bühne wie Ihre, was große Bühnen nicht hat?
Den direkten Kontakt zum Publikum. Das persönlichen Flair, die Wohnzimmeratmosphäre. Jeder sieht, was wirklich passiert und ist hautnah dabei. Es gibt keine Trickrequisiten und präparierte Bühnen und Kästen. Die Magie wirkt viel, viel stärker. Die wenigsten haben so etwas schon mal so nah gesehen. Wahrscheinlich ist das auch eines der Erfolgsgeheimnisse.
Vielleicht gefallen den Leuten auch Ihre Comedy-Elemente.
Ich sehe mich als Entertainer und Zauberer. Bei mir sind es die Geschichten, die kabarettistischen Einlagen und auch der Humor sehr wichtig. So wird es zu einer abwechslungsreichen Unterhaltung. Ich kann es nicht mehr ab, wenn sich Zauberer als ernste, echt gemeinte Mystiker aufspielen. Und dann noch vorgeben, in echt Gedanken zu lesen und dabei anscheinend echte psychologische Prinzipien verwenden. Das ist absoluter Quatsch! Ich liebe es humorvoll, mit einem Augenzwinkern und einem Schalk im Nacken zu unterhalten.

Seine Vorschläge zu Subventionen sorgten für einen Aufschrei

Wer sind Ihre Vorbilder auf der Bühne?
Ich bin ein Fan von Zauberern wie Juan Tamariz, Ricky Jay oder Altmeistern wie Fred Kaps und Patrick Page. Sie haben eine Eigenständigkeit geschaffen und sind oder waren hervorragende Entertainer.
Versuchen viele Besucher, hinter die Tricks zu kommen?
Manche kommen, um mich zu entlarven. Das gelingt meistens nicht. Die Zauberei ist viel zu komplex ist, um sie kurz nebenher zu erklären. Sie geben in der Regel auf und geben sich der Unterhaltung hin. Man braucht nicht alles verstehen, es ist wichtiger, vom Alltag abzuschalten. Ich verstehe auch vieles nicht. Einen Trick würde ich öffentlich nicht erklären, außer es geht um den Betrug durch Zauberei, etwa beim Hütchenspiel, Taschendiebstahl oder Trickbetrug.
Sie haben dafür plädiert, Subventionen nur noch erfolgsorientiert zu geben. Diese sorgte für einen Aufschrei in der Kulturszene. Hat Sie die Kritik an Ihrem Vorschlag überrascht?
Nein, überrascht hat mich das nicht. Viele leben den Versorgungsstandpunkt und wollen einfach so die Unterstützung und in ihrer Komfortzone verharren. Sie haben gute Gründe dafür. Das ist menschlich. Das macht die Kunst und Kulturergebnisse nur nicht besser. Die meisten Subventionen kommen auch nicht bei den Künstlern an, sondern versorgen Wasserköpfe und aufgeblähte Strukturen.
Ist Kultur nicht ein Grundrecht, für das die öffentliche Hand sorgen muss?
Kann man so sehen. Ich sehe es ein bisschen anders. Wer kulturell interessiert ist, sollte dafür auch angemessene Preise bezahlen. Diejenigen die es sich nicht leisten können, können vom Staat unterstützt werden. Ich habe damals im Stuttgarter Rathaus, in das ich eingeladen wurde, diverse Vorschläge gemacht. Sogar so, dass sich alle Kultur leisten können und es eine „gerechtere“ Verteilung gibt. Die Ideen kamen gut an. Nur, an diese heilige Kuh traut sich keiner heran. Ich wette allerdings: Mein Konzept und die weitere Ausarbeitung wären langfristig besser für die Gesamtqualität der Kultur und viel besser für die öffentlichen Kassen.

Seminare vor Managern

„Der Magier in deinem Leben bist du“ – unter diesem Motto halten Sie Vorträge bei Führungskräften. Wird in deutschen Chefetagen zu wenig gezaubert?
Nein, es wird nicht zu wenig gezaubert. Es wird nur viel zu wenig kommuniziert, sich zu wenig mit den Menschen beschäftigt und zudem viel zu viel interpretiert und zu viel versucht zu motivieren. Mich haben psychologischen Konzepte und Untersuchungen schon immer interessiert. Deswegen habe ich in diesem Bereich auch eine professionelle Ausbildung und bin als Coach zertifiziert.
Was erfährt man bei Ihren Seminaren?
Bei meinen Vorträgen zeige ich die Wurzel des anscheinenden Übels auf. Dies hat auch etwas mit Wahrnehmung zu tun, nur anders. Genau hier gibt es unglaublich viel Nachholbedarf. Meine Vorträge haben nichts mit Zauberei zu tun. Ich verwende nur meine Geschichte und meinen Firmenaufbau als Beweis, dass es auch anders geht.
Was würden Sie für sich und Ihre Lieben herbeizaubern, wenn das Zaubern nicht nur eine schöne Illusion wäre?
Vitalität, Weltfrieden und fast alle materiellen Wünsche. Frohe Weihnachten!