Hanns-Josef Ortheil Foto: dpa

In Hanns-Josef Ortheils neuem Roman „Rom, Villa Massimo“ erhält Peter Ka aus Wuppertal als einer von zehn hochbegabten Künstlern das begehrte Stipendium der Deutschen Akademie Villa Massimo.

Stuttgart - „Lesen, schauen, notieren“ will der Lyriker Peter Ka in Rom. Und keine Gedichte über Zypressen oder Pinien schreiben! „Katzen waren ebenfalls hochgefährlich und durften auf keinen Fall in einem Rom-Gedicht vorkommen, ganz zu schweigen von Geckos oder Echsen.“

In Hanns-Josef Ortheils neuem Roman „Rom, Villa Massimo“ erhält Peter Ka aus Wuppertal als einer von zehn hochbegabten Künstlern das begehrte Stipendium der Deutschen Akademie Villa Massimo. Ein Jahr lang erkundet er mit seiner abgewetzten Schultasche die Stadt – planvoll und diszipliniert, gelegentlich von depressiven Phasen unterbrochen, aber jeden touristischen Zugang meidend.

Mit genüsslicher Distanz, aber auch großer Sympathie begleitet der Autor, 1991 selbst Stipendiat der Deutschen Akademie, seine zehn Künstler dabei, wie sie sich in ihren Studios einrichten, ihre Kunst und sich selbst inszenieren, intellektuell miteinander rangeln, Eitelkeiten und Größenwahn ausleben und sich in kleinlichen Debatten verstricken („Er weiß längst, dass er sich mit dieser Person nicht mehr unterhalten wird. Und ihre Biosaucen soll sie von nun an selbst aus dem Supermercato herbeikarren. In ihrem spießigen Einkaufswagen von Manufactum“). Dass Selbstgefälligkeit keine Frage des Alters ist, zeigt der Besuch des „älteren Ehrengastes“. Statt in Ka einen ebenbürtigen Gesprächspartner zu sehen, behandelt er ihn wie einen Schüler („Ein altmeisterliches Luftgitarrenspiel, dass einem schwindelt!“).

Ortheils entlarvender Blick auf den isolierten Kosmos der Villa Massimo ist betörend, mal satirisch-komisch, mal verstörend-traurig. Auf der Folie der Leichtigkeit der italienischen Lebensart geraten die zehn Individualisten mal zu gefragten Künstlern mit internationalem Ansehen, mal zu schrulligen Deutschen, deren Eifersüchteleien der Direktor moderieren muss. Er und seine Vorgänger haben schon viele Hochbegabte während der fast hundertjährige Geschichte ihrer Akademie erlebt. Doch selbst die Gärtner lassen sich beim Harken des Kieses davon nicht aus der Ruhe bringen.

Die Villa bleibt, was sie ist: Ein „Stück vom verlorenen Paradies“, dem der in Stuttgart lebende Autor mit seinem „Roman einer Institution“ ein literarisches Denkmal gesetzt hat – komisch, subtil und unglaublich unterhaltsam. Lotta Ortheil, die Tochter des Autors, hat die Villa, ihre Mitarbeiter und Römer in den Kneipen und Parks fotografiert, in denen Peter Ka sich gerne aufhält. Die Bilder schaffen eine dokumentarische Atmosphäre, die das Genre des Buches unterstreichen.

Anders als Peter Ka, der sich in Rom vom verschrobenen Schwebebahnfahrer zum weltmännischen Entdecker in Maßhosen entwickelt, muss Hanns-Josef Ortheil niemanden mehr von seinem Können überzeugen. Die Romane und Erzählungen des mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Autors, Hochschullehrers und Italien-Verehrers sprechen mit ihrer klaren Sprache, ihren überzeugenden Charakterisierungen, den wiederkehrenden Motiven und überraschenden Wendungen für sich. Dass Ortheil kein Klischee fürchten muss, zeigt er dem Leser auf seine Weise: Eine Katze in einem Rom-Gedicht mag abgegriffen sein, ein Kater in einem Ortheil-Roman ist es nicht: Der scheue Kater Rosso wird zum treuen Begleiter von Peter Ka und zu seiner wichtigsten Verbindung zur mysteriösen Malerin aus Studio zehn.