Klaus Hoffmann mag romantische Sprachbilder. Foto: Veranstalter

Er ist schon lange im Geschäft, aber die Lust an der Musik hat den Liedermacher Klaus Hoffmann nicht verlassen. In seinen Liedern und Auftritten, sagt der 68-jährige, könne er sich lustvoll verlieren. In Stuttgart kann man das im Theaterhaus miterleben.

Stuttgart - Deutschlands bester Chansonnier setzt auf Dezenz. Klaus Hoffmann ist ein Autor und Schauspieler der leisen Töne. So wie auf seinem aktuellen Album „Aquamarin“, dessen so melancholische wie romantische Lieder der Berliner in Stuttgart präsentieren wird.

Herr Hoffmann, PR-Texte schlagen gern große Töne an: Mit Ihrem aktuellen Album „Aquamarin“, heißt es da, seien Sie wie mit keinem zuvor bei sich angekommen. Wann ist der Mensch denn bei sich angekommen?

Wenn er diesen Satz wie eine Antithese nimmt, sie dreimal in die Luft wirft und sagt: Niemals und never, die Reise geht weiter – es ist einfach Quatsch. Ich hätte das Album auch „Amarcord“ betiteln können: Das heißt im Italienischen „Ich erinnere mich“, und mit eben diesem Gedanken beschäftige ich mich schon die letzten drei Alben – so gesehen ist da jetzt etwas angekommen. Aber ich gehe natürlich hoffentlich weiter. Doch das Ankommen ist ein Ideal, ein romantisches Bild – den Aquamarin kannst du jetzt auch in die Luft werfen und gehst weiter . . . was haben Sie eigentlich gefragt?

Wann ist der Mensch bei sich selbst angekommen?

Immer wieder neu.

Letzten Endes also nie?

Im Endeffekt immer. Ich hatte immer Angst, mich zu verlieren, und ein Stück weit ist die Bühne für mich bis heute ein unheimlicher Ort, mich auch lustvoll zu verlieren. Und ein geschützter Ort: Ich gehe da raus, die Texte stehen mehr oder weniger fest, und wenn ich mich daran halte, macht der Schauspieler Hoffmann schon eine Menge guter Sachen. Der Regisseur Tom Toelle hat zu mir gesagt: Du singst im Grunde, um deine Ängste zu bewältigen, du willst dich verlieren im Schutz dieses Auditoriums. In der Tat ist es ein fortwährender Prozess des Weggehens und Wiederankommens. Natürlich könnte ich auch eine Religion anstreben – haben Sie etwas im Angebot?

Was Ihnen nach wie vor wichtig scheint, ist das Pathos – passt dies noch in unsere Zeit?

Nein, überhaupt nicht – aber es wird wieder kommen. Schauen Sie doch mal in den Bundestag: Dort nutzen sie auf der rechten Seite das Pathos, um laut zu werden. Andererseits: Was ist Pathos eigentlich? Bei den Franzosen würdest du sagen, es gehört dazu, wenn Brel mit den Ohren gewackelt und sich im Grunde bis zur Karikatur vernichtet hat auf der Bühne – das nannten die dann sich selbst zu verbrennen. Im Gegensatz zu den langweiligen deutschen Liedern, die noch bis vor nicht allzu langer Zeit auf einer austauschbaren Tonspur liefen . . . doch zum Glück gibt es jetzt wieder mehr, die pathetisch daherkommen.

Pathos bewegt die Menschen also noch?

Ja, und du musst es auch genießen, denn ein Lied ist doch kein sozialromantischer Diskurs über das Ende einer Dienstfahrt! Im Grunde ist doch alles Pathos: Schau dir etwa die Posen der Rock-’n’-Roller an – und ebendas will ich doch auch, und deswegen ertrage ich es auch so gern.

Sie haben mehr als 600 Lieder geschrieben. Gab es da nie die Angst, sich zu wiederholen oder im Kreise zu drehen?

Absolut – das macht man ja auch. Aber es ist doch völlig unwichtig – entscheidend ist, dass du es machst. Ich hoffe doch auch, dass ein Bob Dylan sich wiederholt und kaufe mir sein neues Album, um ebendas zu hören. Säße er hier, würde er sagen: Das geht mir doch völlig am Arsch vorbei – Hauptsache, ich schreibe und sage, was ich zu sagen habe.

Veranstaltung: 6.11. 2019, Theaterhaus, 20 Uhr