3,20 Meter Spannweite, sieben Kilogramm schwer: Christian Gaus hat einer Swift F 1 das Design seines Göppinger Architekturbüros verpasst. Foto: Horst Rudel

Als Jugendlicher hatte Christian Gaus den ersten Kontakt mit dem Modellsport. Erst 25 Jahre später hat er das Hobby wieder entdeckt für sich entdeckt – und ist unter die Modellsegelflieger gegangen.

Göppingen - Um richtig runterzukommen, muss Christian Gaus erst einmal abheben oder – besser gesagt – abheben lassen. Schwebt eines seiner Modellsegelflugzeuge lautlos durch die Luft, kann sich der 43-Jährige, wie er sagt, „völlig ausklinken und den geschäftlichen Druck abbauen“. Gemeinsam mit seinem Partner Stephan Knödler betreibt der Architekt das Büro Gaus & Knödler, das seinen Hauptsitz in Göppingen hat und mit zwei Dutzend Beschäftigten eines der größten, wenn nicht gar das größte im Stauferkreis ist.

Schon von Berufs wegen hat Gaus also mit dem Bauen von Modellen zu tun, vom Einfamilienhaus bis zum großen Schulkomplex. Mit seinem Steckenpferd hängt das aber nur in zweiter Linie zusammen. „Diese Fertigkeit hilft mir natürlich beim Bauen meiner Flieger, hat aber keine Rolle gespielt, als ich dieses Hobby vor einigen Jahren wiederentdeckt habe“, erklärt er. Er sei zwar bereits als Jugendlicher zum Modellsport gekommen. „Allerdings habe ich die Sache dann für gut 25 Jahre aus den Augen verloren.“

Bei einem Spaziergang unterhielt er sich an der Wangener Linde dann eher zufällig mit einem Modellsegelflieger und stellte erstaunt fest, dass sich in diesem Segment sowohl von der Technik als auch vom Material her unglaublich viel verändert hat. „Die Nacht darauf habe ich deshalb im Internet verbracht, und als ich am anderen Morgen – wiederum ein schierer Zufall – auch noch eine entsprechende Zeitungsanzeige sah, musste ich da einfach anrufen“, erinnert sich Gaus zurück.

Technische Faszination kombiniert mit dem Erleben der Natur

Als sich am anderen Ende der Leitung Dieter Schnarrenberger meldete, war die Sache vollends geritzt. Bei der Uhinger Modellbaulegende hatten Christian Gaus und sein Vater Alois bereits in den späten 1980er-Jahren ein Modellflugzeug erstanden. „Angesichts der endlos vielen neuen Möglichkeiten hat es mich also wieder gepackt. Ich kaufte mir bei Schnarrenberger einen Easy Glider, unter der Maßgabe, dass er mir den Umgang damit beibringt“, betont Gaus, der seinen Jugendtraum inzwischen mit rund 15 Modellfliegern ausleben kann.

Einmal pro Woche ist er in jedem Fall am Start: an der Wangener Linde, auf dem Donzdorfer Messelberg oder in einem anderen ausgewiesenen Gebiet. „Ich fliege nicht wild in der Gegend rum, sondern in Anbindung an einen Verein, mit der entsprechenden Versicherung, und nur dort, wo es erlaubt ist“, stellt er klar. Die Faszination seines Tuns habe für ihn sehr viele Facetten, fügt der Architekt hinzu. „Natürlich ist da die technische Komponente, das selbstständige Programmieren der Steuerung und das stetige Verbessern eines Modells“, sagt er. Zudem führe jeder kleine Fehler zu direkten Konsequenzen.

Allerdings nehme man auch die Natur ganz anders wahr: das Wetter, den Wind, die Thermik. „Für mich hat das etwas Meditatives, und zwar umso mehr, je höher das Flugzeug aus eigener Kraft und von alleine aufsteigt“, sagt Gaus. Dies ist auch der Grund, warum nur zwei seiner „Maschinen“ mit einem Motor ausgestattet sind. „Und das nur zur Sicherheit, damit ich etwa in den Bergen noch reagieren kann, wenn eine abschmiert“, wie er betont. In die Luft hingegen kommen seine Segler entweder per Handwurf oder mittels einer Flitsche, die das Flugzeug an einem ebenso langen wie starken Gummi nach oben zieht.

Ein Segler im büroeigenen Design fliegt mittlerweile an den Hängen entlang

Einen Kindheitstraum hat sich der zweifache Familienvater obendrein erfüllt. Seine Swift F 1 – ein Scale-Segler im Maßstab 1:4 zum Original, sieben Kilogramm schwer, mit einer Spannweite von 3,20 Metern – fliegt im büroeigenen Design an den Hängen entlang. Das Flugzeug wurde von Uwe Freitag gebaut, einem Modellbau-Profi aus Lauterstein, dessen Entwicklungen in Fachkreisen als das Nonplusultra gelten und Lieferzeiten von bis zu vier Jahren haben. Gaus setzt dennoch auf die Einfachheit und die Funktionalität seiner Modelle. „Man kann sich da in allem möglichen Schnickschnack verlieren. Mir geht es aber um das Abschalten und das Genießen.“

Deshalb sind ein paar Modellsegler auch im Urlaub, etwa auf der Seiser Alm in Südtirol, mit dabei. „Wenn wir wegfahren, ist die Skibox auf dem Autodach. Anders geht es nicht mehr.“ Sohnemann Lois sieht das inzwischen genauso wie sein Papa. Der Fünfjährige findet das Abheben-Lassen „toll“. Die Modellsegelflug-Nachfolge im Hause Gaus scheint geregelt zu sein.