Die Delegierten folgten mit großer Mehrheit dem Konzept der Clubführung. Foto: dpa

Der traditionsreiche Automobilclub trennt seine wirtschaftlichen Interessen von den Vereinsaktivitäten. Letztlich gab es trotz hinhaltendem Widerstandes einer Minderheit keine Alternative.

München - Viereinhalb Stunden war die für seinen Vereinsstatus wegweisende Hauptversammlung des ADAC in Lübeck alt, da ergriff Peter Meyer das Mikrofon. Der 66-jährige war bis dahin das Zentrum des Widerstands gegen die unter dem neuen ADAC-Präsidenten August Markl über zwei Jahre hinweg erarbeitete Reform für Vertrauen. Der mit 197 Delegierten aus 18 ADAC-Regionalclubs gefüllte Saal hielt merklich die Luft an. Sollte er nun kommen, der befürchtete Showdown, der den Club spaltende Bruch, der seine Zukunft als Verein in Frage stellt? Immerhin hatte der 2014 im Höhepunkt der ADAC-Krise zurückgetretene Markl-Vorgänger Meyer zuvor überraschend zwei Gutachten gegen die Reform publik gemacht, die einen juristischen Kleinkrieg befürchten ließen.

Meyer überraschte erneut. „Zu keinem Zeitpunkt habe ich angestrebt oder damit gedroht, zu klagen“, sagt Meyer, der immer noch Präsident des mächtigen ADAC Nordrhein ist. Die Notwendigkeit einer Reform stehe außer Frage. Über den Weg könne man unterschiedlicher Ansicht sein und für seine von Markls Drei-Säulen-Modell abweichende Meinung verlange er Respekt. Das Mehrheitsvotum der Delegierten werde der Regionalclub Nordrhein aber akzeptieren. Kurz blitzte es spontan in Markls Augen auf und Erleichterung huschte über sein Gesicht. Am Ende bedeuteten 33 Gegenstimmen und elf Enthaltungen, dass mehr als drei Viertel der Delegierten eine Dreiteilung des Clubs in Verein, gemeinnützige Stiftung und europäische Aktiengesellschaft (SE) final abgesegnet haben.

Jedem juristischem Nachspiel ist der Boden entzogen

Damit ist auch jedem juristischen Nachspiel der Boden entzogen. Eines der beiden Meyer-Gutachten hatte ergeben, dass für die Reform eine Dreiviertel-Mehrheit notwendig sei, was die Reformer energisch bestritten hatten. Eine einfache Mehrheit sei ausreichend. Das jetzige Votum der Delegierten ist für jede Variante ausreichend. Das hatte sich schon am Vorabend abgezeichnet.

Am Freitag vor einer Hauptversammlung treffen sich die ADAC-Delegierten traditionsgemäß unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Manche nennen das eine Generalprobe, die heiße Eisen abkühlen soll. Für den potenziellen Konterrevolutionär Meyer muss dieser Vorabend ernüchternd gewesen sein, als klar wurde, dass er nur ein kleines für einen wirksamen Aufstand nicht ausreichendes Häuflein Verschworener auf seine Seite ziehen kann. Tags darauf folgte dann die Kapitulation..

Der Neuanfang ist allerdings bitter nötig. Eine Reihe von Skandalen, beginnend mit massiven Manipulationen beim inzwischen abgeschafften Autopreis Gelber Engel, hatten den mit über 19 Millionen Mitgliedern größten Verein Deutschlands in eine schwere Image- und Existenzkrise gestoßen. Dienstflüge von Funktionären mit ADAC-Rettungshubschraubern wurden bekannt und vor allem eine innige Vermengung von Vereins- und Wirtschaftsinteressen. Denn unter dem Dach des Automobilclubs war über die Jahre eine Wirtschaftsmacht entstanden, die Versicherungen verkauft, Autos vermietet und allerlei andere Dienstleistungen kommerziell angeboten hat. Am bedrohlichsten für den ADAC wurde aber nicht der ruinierte Ruf sondern das Registergericht München. Das stellt derzeit den steuersparenden Vereinsstatus des Clubs auf den Prüfstand.

Der Vereinsstatus ist heilig

Die jetzt mit klarer Mehrheit beschlossene Reform zielt vor allem darauf ab, diesen Vereinsstatus und damit die ehrenamtliche Führung des ADAC zu erhalten. Vom Registergericht habe es Signale gegeben, dass das beim Drei-Säulen-Modell beste, wenn auch keine hundertprozentigen Chancen habe, sagten Markl & Co.

„Wir wollen wieder das werden, was wir vor der Krise waren, die vertrauenswürdigste Organisation Deutschland“, hatte ADAC-Präsident Markl gesagt - und warnte zugleich. Wenn nun nicht der ADAC selbst über seine Zukunft entscheide, würden es andere tun. Der Vereinsstatus sei „konkret gefährdet“. Den Delegierten versprach er, dass der Verein nicht ausgehöhlt wird und das Herz des ADAC. Die Abgesandten der Regionalclubs sind Markl und den Reformkräften klar gefolgt. Ihr Votum werde als Lübecker Beschlüsse in die Geschichte des 1903 in Stuttgart gegründeten ADAC sagte der Präsident am Ende – und strahlte. Einmalig maximal 40 Millionen Euro soll die Reform kosten. Die neue Drei-Säulen-Struktur kommt zudem jährlich eine niedrige zweistellige Millionensumme teurer. Auch das kann der reiche Club sich leisten – wenn das Münchner Registergericht mitspielt.