Die Polizei setzt bei den Spaziergängen auf Deeskalation. Foto: Phillip Weingand/StZN

Am Montagabend sind wieder rund 550 Menschen durch Backnang gezogen, um gegen die Corona-Maßnahmen zu protestieren. Die Polizei filmte und fotografierte mutmaßliche Maskenpflicht-Verstöße.

Backnang - Auch am Montagabend sind in Backnang wieder etliche Menschen – die Polizei schätzt die Teilnehmerzahl auf 550 – auf die Straße gegangen, um gegen die Anti-Corona-Maßnahmen zu protestieren. Wie bei den bisherigen Spaziergängen blieb auch der Protest gewaltfrei. Bis auf einen Mann, der eine Israelflagge schwenkte, waren keine Banner und Fahnen zu sehen. Auch dieser Spaziergang war von vornherein nicht offiziell angemeldet worden. „Wir versuchen bei den Spaziergängen immer, einen Versammlungsleiter ausfindig zu machen“, erklärt Rudolf Biehlmaier, Sprecher der Polizei Aalen. Doch das gelinge nie – aus gutem Grund: Der Versammlungsleiter müsste schließlich dafür Sorge tragen, dass die Auflagen der Stadt Backnang eingehalten werden. Die Polizei verkündet die für den Spaziergang geltenden Regeln daher per Lautsprecherdurchsage.

Die Polizei dokumentiert Verstöße gegen die Maskenpflicht

So hat die Stadt vorgegeben, dass die Spaziergänger auf den Gehwegen bleiben und den Mindestabstand von anderthalb Metern einhalten sollen. Auch die Maskenpflicht gilt – einen Mund-Nasen-Schutz trug aber kaum jemand. Die Polizei setzte trotzdem auf Deeskalation. Sie dokumentierte die Spaziergänge daher mit Fotos und Videos. „Wir versuchen, Ordnungswidrigkeiten im Rahmen unserer Möglichkeiten zu ahnden“, erklärt Rudolf Biehlmaier. Das sei nicht leicht: „Wir müssen die betreffenden Personen durch Orts- oder Personenkenntnisse identifizieren“, sagt der Sprecher.

Der Zug bewegte sich am Murrufer entlang und durch die Innenstadt. Unter den Teilnehmern waren Jugendliche, Senioren, Familien mit Kindern, vereint sind sie nur durch eine diffuse Unzufriedenheit mit den Anti-Corona-Maßnahmen. Manche der Demonstranten hatten sich auf die Kameras der Polizei vorbereitet: Kaum erreichten sie eine Stelle, an der Polizisten sich mit einer Kamera postiert haben, setzten sie doch eine Maske auf, zogen sich die Mütze tief ins Gesicht oder entfalten einen Regenschirm, um eine Identifizierung zu verhindern.

Der Backnanger Appell für Solidarität ist 3000-mal unterzeichnet worden

Nicht nur die Kritiker der Corona-Maßnahmen, sondern auch deren Befürworter zeigten sich in Backnang rege. Mit einem „Backnanger Appell“ für mehr Solidarität hatte in der vergangenen Woche ein breites gesellschaftliches Bündnis auf die Montagsspaziergänge reagiert. Aus den anfangs 70 Vertretern aus Politik, Ärzteschaft, Religionsgemeinschaften, Sport- und Kulturvereinen sind mittlerweile mehr als 3000 Unterzeichner geworden, die sich auch auf einer eigens eingerichteten Internetseite für die Einhaltung von Coronaregeln aussprechen.

Man habe die Unterschriftenliste um Doppeleinträge bereinigt und vereinzelte rechtsradikale Äußerungen entfernt, berichtet der Mitinitiator und SPD-Landtagsabgeordnete Gernot Gruber. Der Diplom-Mathematiker betont, dass die aktuelle Zahl sogar noch einen „Glaubwürdigkeitspuffer“ enthalte, da sich etliche Paare zusammen eingetragen hätten, was technisch aber nur als ein Eintrag gezählt werde.