Marc Kersting spricht von „beschädigtem Vertrauen“ zum Vorsitzenden der Seniorenvertreter. Nach zuletzt vielen Protesten wird der Gemeinderat von Süßen im Januar erneut über den Filssteg im Stadtkern beraten.
Knapp 40 Meter lang, fast drei Meter breit, in der Mitte, beim Ausblick auf die Fils sogar rund 4,5 Meter: Um den Filssteg im Stadtkern von Süßen wird lokalpolitisch gestritten, seit der Gemeinderat am 19. Juni beschlossen hat, dass der Übergang, den Fußgänger und Radfahrer nutzen, abgerissen wird. Das muss nicht das letzte Wort sein, denn der Gemeinderat hat jetzt entschieden, dass über die Zukunft des Filsstegs erneut beraten wird, vermutlich im Januar.
Das Thema bewegt die Menschen in Süßen. Die jüngste Gemeinderatssitzung verfolgten mehr als 30 Besucher. Seit der Mehrheitsentscheidung zum Abriss haben sich vor allem Gegner zu Wort gemeldet. Kritische Briefe wurden veröffentlicht, die örtlichen Grünen setzten sich in einer Plakataktion für den Steg ein, auch der Stadtseniorenrat meldete sich zu Wort. Der Fahrradclub ADFC sprach sich für den Steg aus, nachdem zuvor Abrissbefürworter geäußert hatten, das Radverkehrskonzept des ADFC erfordere den Abriss.
Die SPD-Fraktion, die zunächst in der Steg-Frage nicht einheitlich war, hat jetzt erfolgreich beantragt, das Thema erneut auf die Tagesordnung zu setzen. Dafür stimmten 13 Stadträte von SPD, Grünen und FDP/AFW. Die CDU-Fraktion und Bürgermeister Marc Kersting (CDU) votierten gegen die erneute Beratung. Der Bürgermeister hatte zuvor klargemacht, dass er den Beschluss vom Juni inhaltlich weiter für richtig hält. Allerdings hatte er Ende vergangener Woche in einem Schreiben an den Stadtseniorenrat erklärt, dass das Thema vermutlich im Januar wieder auf die Tagesordnung komme.
In einer Stellungnahme, die von den Vorsitzenden des Seniorenrats, Martin Bauch und Doris Mayer, unterzeichnet ist, wird Kerstings Schreiben zitiert und um die Einschätzung der Seniorenvertreter ergänzt. Das hat nun eine eigene Dynamik bekommen. Dass Kerstings Schreiben an die Senioren öffentlich wurde und auch in der Zeitung stand, hat den sonst eher gelassenen Rathauschef verärgert, wie Kersting an diesem Abend deutlich machte. „Ich werde nicht mehr schriftlich reagieren“, erklärte er. Das „Vertrauen“ zum Vorsitzenden des Stadtseniorenrats sei „erheblich beschädigt“.
Unsicherheiten und offene Fragen
Auch Simon Weißenfels empörte sich. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion findet, dies sei nicht zu akzeptieren. Kerstings Schreiben sei nur an die Vorsitzenden der vier Fraktionen und des Stadtseniorenrats gegangen. Das Vorgehen zerstöre „jegliches Vertrauen“. Weißenfels bedauerte, dass Bauch am Abend nicht in der Sitzung war.
Der Bürgermeister hatte darum gebeten, keine inhaltliche Diskussion zu führen. Erneut auf die Tagesordnung könne das Thema frühestens sechs Monate nach dem Beschluss kommen.
Ganz ohne Inhalte gehe es nicht, erwiderte Udo Rössler (SPD). „Die Sitzung im Juni lief nicht optimal“, stellte er fest. Es gebe viele Unsicherheiten und offene Fragen, etwa zum Zustand des Stegs und der Möglichkeit einer Sanierung. Aus seiner Sicht ist das Thema einseitig präsentiert worden. „Wir haben versäumt, auf schwächere und unsichere Verkehrsteilnehmer Rücksicht zu nehmen“, sagte der Fraktionschef der SPD und plädierte dafür, den Beschluss zu überdenken, den die „Bevölkerung nicht akzeptiert“.
„Die Entscheidungsgrundlage war nicht gut“
Ähnlich sieht dies Armin Kuhn (Grüne). Das Thema Abriss sei kurzfristig, „fast überfallartig“, gekommen. Das Gutachten zum Zustand des Stegs habe zwar schon im vorigen Jahr vorgelegen, sei aber nicht bekannt gewesen. Aus Kuhns Sicht wurde die Situation einseitig dargestellt. „Die Entscheidungsgrundlage war nicht gut“, ergänzte Reiner Scheifele (SPD).
„Wer liest, weiß um den Zustand des Filsstegs“, sagte Weißenfels, der andeutete, die Kollegen hätten sich nicht gut vorbereitet. Die Darstellung des Planers hätte, so Weißenfels, in der Sitzung hinterfragt werden können. Mit dem Bau der Kreisverkehre vor und nach der Brücke entstehe eine andere Verkehrssituation, ergänzte Wolfgang Bühler. „Dann können wir auf den Steg verzichten.“ Hier den „jungen Ingenieur“ vom Planungsbüro „schlecht zu machen, finde ich keinen guten Zug“, sagte der Fraktionschef der FDP/AFW.
Das Votum über einen Abriss war relativ deutlich
Beschluss
Als im Juni über den Filssteg und die Verkehrsführung im Gemeinderat beraten wurde, beantragten zunächst die Grünen, den Steg zu erhalten. Der Antrag ist mit einer Stimme bei vier Enthaltungen gescheitert. Das eigentliche Votum über den Abriss fiel laut der Süßener Stadtverwaltung dann mit zehn Ja-Stimmen, vier Nein-Stimmen und drei Enthaltungen relativ eindeutig aus.
Beratung
Die SPD-Fraktion nutzte jetzt die Möglichkeit, das Thema erneut auf die Tagesordnung zu bringen. Allerdings gibt es auch eine Bindungswirkung von 6 Monaten nach einem Ratsbeschluss. Da aber ohnehin noch Fragen und Informationen gesammelt werden, sei es kein Fehler, wenn das Thema erst im Januar beraten werde, findet Bürgermeister Marc Kersting.