Das Aufgebot des TV Echterdingen für die neue Saison. Oben: Simon Lechleitner. Zweite Reihe von links: Emre Göcer, Duje Tokic und Max Knoll. Dritte Reihe von links: Theofilaktos Spiridopoulos, Robin Rueff, Severin Abt, Philipp Widmayer und Mark Kranjc. Vierte Reihe von links: der Trainer Mario Estasi, Faruk Korkmaz, Meksud Colic, Marijo Marinovic, Timo Stehle, Maximilian Knödler, Marcello Di Fabio und der Co-Trainer Ingo Ramljak. Unten von links: Luiz Felipe Barbosa, Nils Schaller, Dennis Zschorsch, Hiroaki Kawama, Valentin Haug, Denis Kühnle, Dennis Garcia-Franco und David Hertel. Foto: Günter Bergmann

Mit noch mehr jungen Spielern will der Filderclub die gute vergangene Saison bestätigen. Dabei hoffen alle Beteiligten auf das Ende eines Fluchs.

Echterdingen - Es gibt so Momente, da zuckt man als Vereinsverantwortlicher zusammen. Zumal dann, wenn man eine Vorgeschichte hat wie der TV Echterdingen. Jubiläumsspiel im Juli gegen den englischen Drittligisten Bradford City, der überhaupt erste Auftritt der neuen Saison. Und was geschieht? Für den Mittelfeldmann Mark Kranjc endet der Tag im Krankenhaus. Die dortige Diagnose: Kahnbeinbruch an der Hand, voraussichtlich eineinhalb Monate Sportpause.

Nun ist es so, dass solche Dinge im Fußball halt mal passieren. Schließlich spielen die Jungs nicht Hallenhalma oder Schach, pflegen nüchterne Gemüter anzumerken. Das Problem im Echterdinger Fall allerdings ist: eben von gelegentlichen Malen kann bei ihnen längst keine Rede mehr sein – die Malaise ist zum Dauerzustand geworden. Vom kaputten Wadenknochen über die Schambeinentzündung bis zum Knorpelschaden: kaum etwas, das die Gelb-Schwarzen in der jüngeren Vergangenheit ausgelassen hätten. Seit dem Amtsantritt des Trainers Mario Estasi scheint es in dieser Hinsicht wie verhext. Als hätte ein böser Geist die Mannschaft mit einem Fluch belegt. Und so ist zu verstehen, dass bei einer Begebenheit wie mit Kranjc sogleich Alarmlampen aufleuchten. „Erschüttern kann mich da nichts mehr“, sagt Estasi zwar. Gleichwohl schießt ein Gedanke durch den Kopf: Geht es etwa schon wieder los? Nimmt diese Serie überhaupt kein Ende mehr?

Inzwischen, fünf Wochen später, lässt sich sagen: doch, tut sie. Seither, toi, toi, toi, hat es jedenfalls keinen weiteren erwischt. Leere im Lazarett. Und folglich ist in den Goldäckern ein Pflänzchen der Hoffnung genährt, dass die personelle Ausgangslage diesmal anders sein wird. Kein stetes notgedrungenes Improvisieren, sondern womöglich sogar „eine Qual der Wahl“, wie Estasi es nennt.

Umso bemerkenswerter, dass im Juni dennoch ein vierter Abschlussplatz stand. Jener ist der Maßstab. „Wir wollen erneut im oberen Drittel dabei sein“, sagt der Abteilungsleiter Phillip Wunsch. Sein Ziel: „Rang fünf oder besser.“ In diesem Bereich sähe auch Estasi die Seinen gern, wobei er jedoch davor warnt, die Liga zu unterschätzen. Als mahnendes Beispiel dient ihm der SC Geislingen. Auch der mischte in der einen Saison noch munter unter den Spitzenteams mit – und stieg zuletzt in der darauf folgenden ab.

Grundsätzlich bleiben die Echterdinger auf ihrem unter Estasi konsequenter denn je eingeschlagenen Weg. Das Motto lautet: Jugend forsch. Wohl noch kein Trainer im Verein hat stärker auf den Nachwuchs gesetzt als der 43-Jährige. Avancierten in seinem Premierenjahr in Emre Göcer, Simon Lechleitner und Philipp Widmayer drei Grünschnäbel prompt zu Stammspielern, könnten nun die nächsten folgen. Von den Neuzugängen befinden sich Robin Rueff und Marcello Di Fabio auf dem Sprung in die erste Elf. Letzterer blickt trotz seiner gerade mal 20 Lenze bereits auf eine abenteuerliche Karriere: Junioren-Bundesliga beim VfB und in Rostock, U-18-Nationalmannschaft, Profiversuch in Italien.

Freilich: dass zugleich in puncto Routine wenig hinzugekommen ist, war nicht ganz freiwillig. Zerschlagen haben sich die Wunschtransfers von Nico Presthofer, Steffen Schmidt (beide weiter Bonlanden) und Pavlos Osipidis (bisher Nürtingen, nun Oberliga in Göppingen). Der einzige gestandene Einsteiger im Aufgebot ist hiernach Timo Stehle von Estasis Ex-Verein SV Böblingen. Und dem obliegt sogleich die schwierigste Aufgabe. Er soll nicht weniger als die Lücke schließen, die Lukas Haselmaier hinterlassen hat. Haselmaier, der Abwehrchef. Haselmaier, der Kapitän. Haselmaier, mit seiner Kopfballwucht bis dato obendrein der beste Torschütze.

Der Ausstieg des 25-Jährigen, der sich nicht mehr in der Lage sah, das für die Landesliga nötige Pensum zu leisten, „tut weh“. Daraus macht Estasi keinen Hehl. Mithin ist die Echterdinger Defensivzentrale nun erst einmal eine Baustelle – allerdings nicht die einzige. Die beiden anderen? In der Effizienz vor den gegnerischen Toren sieht der Coach „einigen Steigerungsbedarf“. Und dann ist da nicht zuletzt der spielerische Bereich. Denn wie erwähnt hat der Filderclub eine erfolgreiche vorige Saison gespielt, zur Wahrheit gehört aber auch: schön anzuschauen war es meistens nicht. Gutes Ergebnis, weniger gutes fußballerisches Erlebnis. Errungen wurden die Punkte weniger über Ballzauber denn Primärtugenden. Taktische Disziplin, Kampfgeist, mannschaftliche Geschlossenheit – das waren die prägenden Elemente.

Beheben könnte dieses Manko wohl am ehesten ein gefühlt Neuer: Duje Tokic – der Mann mit dem Wadenbeinbruch, den er mittlerweile auskuriert hat. Wie schnell der potenzielle Spielgestalter nach fast einjähriger Auszeit wieder in Schwung kommt, bleibt indes abzuwarten.

Auch von daher sehen Estasi und Wunsch die aktuelle Saison als Jahr eines weiteren Reifeprozesses und der Festigung. Noch nicht für mehr – mit Betonung auf „noch“. „Sollte ich im Sommer 2018 nach wie vor Trainer sein, ist klar: dann wollen wir in Richtung Verbandsliga angreifen“, kündigt Estasi schon mal an. Immer vorausgesetzt, die umliegenden Krankenhäuser werden nicht erneut zu ständigen Echterdinger Filialen.