Game on: die Darts-Party in London mit Stars wie Adrian Lewis lockt die Massen Foto: Getty

Die BBC hat ihn mal als den „mächtigsten Mann in der Welt des Sports“ bezeichnet, andere nennen ihn kurz „Mr. Big“: Barry Hearn ist der Fachmann für Nischensportarten und hat Darts zu einem Massenphänomen gemacht. Im Interview spricht er über die WM, Geld und Usain Bolt.

Stuttgart - Die Darts-WM boomt. Jahr für Jahr zieht das Scheibenschießen aus London mehr und mehr Menschen in seinen Bann. Der Sport füllt längst große Hallen und lockt Millionen Menschen vor den Fernseher. Aber warum eigentlich? Der Vater des Erfolgs ist der legendäre Promoter Barry Hearn, Chef des Verbandes PDC. Er gilt als „König Midas“ – was er anfasst, wird zu Gold. Seit 2001 steht er an der Spitze der PDC und hat Darts zu einer Multi-Millionen-Pfund-Sportart gemacht. Ein Gespräch über Darts, die Royals und die Olympischen Spiele aus unserem Archiv.

Mister Hearn, wenn Sie mal ins Jahr 2000 zurückschauen: Hätten Sie jemals gedacht, dass Darts Millionen vor den Fernseher und bis zu 10 000 Besucher in die Hallen lockt?
Der Verband machte damals finanziell Miese, es gab ein paar Shows in kleinen Hallen, das war ganz okay, mehr aber auch nicht. Als ich damals das erste Mal beim Darts war, fragte mich einer: Barry, wie findest du es? Ich sagte nur: Ich kann das Geld riechen. Alle haben gelacht und mich für verrückt erklärt.
Was ist dann passiert?
Am Ende geht es immer um Präsentation und PR und um Anpassung an die Erwartungen der Masse und des Fernsehens. Mit dem Sender Sky Sports haben wir ein unvergleichliches Event geschaffen, sowohl in der Halle als auch für die Fans zu Hause mit den hochwertigen Übertragungen. Das ist das eine. Zum anderen ist Sport wie eine Seifenoper. Natürlich wollen die Zuschauer exzellente Leistungen sehen, aber sie möchten sich auch mit den Menschen und ihren Persönlichkeiten identifizieren. Die Typen gab es schon im Darts, deswegen haben wir uns darauf konzentriert, wie wir das Publikum noch besser unterhalten können. Vom Einlauf der Stars, der lauten Musik über die Show auf der Bühne.
Mit einer hedonistischen Party.
Der Kunde muss mit einem Lächeln im Gesicht die Halle verlassen. Das Leben ist schwer genug. Bei uns können die Leute die Sorgen des Lebens vergessen. Wir garantieren eine tolle, bezahlbare Nacht in netter Umgebung, eine Party mit Sport.
Bei der es heute um viel Geld geht.
Früher gab es 500 000 Euro an Preisgeld, mittlerweile sind es mehrere Millionen. Aber die Spieler sind normale Typen geblieben, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen. Darts ist ein Sport der Arbeiterklasse – und diese Mentalität hat auch das viele Geld nicht verändert. Im Fußball haben die vielen Millionen die Sportler unnahbar gemacht, wir umarmen unser Publikum.
Wie hat sich die Klientel verändert?
Vor zehn Jahren waren unsere Zuschauer zwischen 45 und 55 Jahren und aktive Dartsspieler, heute sind die meisten unserer Zuschauer zwischen 18 und 28 Jahre alt. Und statt vor 800 Zuschauern spielen wir vor bis zu 10 000 Fans. Wir sind in Großbritannien heute die Nummer zwei hinter Fußball – vor Rugby oder Cricket! Das muss man sich mal vorstellen.
Hatten Sie nie Zweifel?
Ich war immer überzeugt von meiner Fähigkeit, aus Nischensportarten das meiste rauszuholen. Ich weiß, dass ich gut darin bin, Sport zu kommerzialisieren. Mir war deshalb immer klar, dass ich mit Darts Geld verdienen werde. Was mich aber fast schon geschockt hat, ist, dass Darts Mainstream geworden ist. Als wir vergangenes Jahr vor 10 000 Fans gespielt haben, dachte ich: Was zur Hölle ist passiert? Ich habe immer gesagt: Darts ist das Golf der Arbeiterklasse.