Der Expertenrat (hier ein Bild vom Dezember) wurde von Bundeskanzler Olaf Scholz (rechts) einberufen. Foto: dpa/Guido Bergmann

Das Kanzleramt rückt Sitzungsunterlagen des Wissenschaftlergremiums nicht heraus. Anders als vor Weihnachten begründet es nun immerhin, warum die Dokumente vertraulich bleiben sollen.

Berlin - Das Kanzleramt gibt weiterhin keine Sitzungsunterlagen des Corona-Expertenrats heraus. Eine Anfrage unserer Zeitung nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) wurde abgelehnt. Damit bleiben die angefragten Tagesordnungen, Protokolle und Sitzungsunterlagen geheim. Stattdessen dringen nur die Stellungnahmen des Gremiums an die Öffentlichkeit. Sie enthalten keine Quellenangaben und wurden bislang allesamt einstimmig verabschiedet – typischerweise vor den Bund-Länder-Beratungen, zuletzt am Sonntag.

Der Expertenrat hatte in seiner ersten Stellungnahme kurz vor Weihnachten wegen der Omikronvariante weitere Kontaktbeschränkungen verlangt und sich auf nicht näher genannte Modellrechnungen berufen. Nachdem das Kanzleramt diese auf Anfrage unserer Zeitung nicht benennen wollte, schickten wir die IFG-Anfrage ab.

Warum die Unterlagen geheim bleiben

Anders als im Dezember liefert das Kanzleramt nun zumindest eine Begründung, warum die Unterlagen vertraulich bleiben sollen. Es betont, die Beratungen zur Coronapolitik seien ein „dynamischer Prozess“. Ein Bekanntwerden der Sitzungsunterlagen würde den „unbefangenen und freien Meinungsaustausch“ innerhalb der Regierung und mit der Forschung „beeinträchtigen“. Weil sich „medizinische Erkenntnisse und gesellschaftliche Verhältnisse“ ständig änderten, müssten Beratungen im „geschützten Bereich“ stattfinden.

Das gilt nach Ansicht des Kanzleramts auch für den 19-köpfigen Expertenrat, dem unter anderem die Virologen Christian Drosten und Hendrik Streeck, die Physikerin Viola Priesemann und der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, angehören. In seiner ersten Stellungnahme hatte das Gremium eine „umfassende Kommunikationsstrategie mit nachvollziehbaren Erklärungen“ angemahnt.

Für sein eigenes Handeln wird das nicht gelten – jedenfalls bis auf Weiteres. Der Ablehnung einer IFG-Anfrage kann widersprochen und in einem zweiten Schritt auch dagegen geklagt werden.