Auch Kinder zwischen fünf und elf Jahren können nun geimpft werden. Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Viele Mediziner, die Kinder impfen, wollen aus Sorge vor Impfgegnern mediale Aufmerksamkeit vermeiden. Manche Kinderärzte sind heftigen Anfeindungen ausgesetzt.

Stuttgart - Die Kinderärzte, die sich für die Impfung bei gesunden Fünf- bis Elfjährigen aussprechen, sehen sich einem großen öffentlichen Druck ausgesetzt. In vielfältiger Weise werden sie von Impfgegnern und Coronaleugnern angegangen. So erweist es sich mittlerweile als sehr schwierig, niedergelassene Kinder- und Jugendärzte zu finden, die öffentlich Stellung beziehen wollen.

Bei unserer Recherche gaben zwar viele der Fachärzte an, in der Altersgruppe der Fünf- bis Elfjährigen zu impfen. Teils steht diese Information auch auf ihren Internetseiten. Allerdings wollen sie nun weitere mediale Aufmerksamkeit vermeiden – aus Sorge, dass Impfgegner den Ruf ihrer Praxis schädigen könnten. Somit wollte sich aktuell kein niedergelassener Kinderarzt in unserer Zeitung für die generelle Impfung von Jüngeren aussprechen. Stattdessen schildert ein Krankenhausarzt, warum er Impfungen in jeder Altersgruppe befürwortet.

Viele Ärzte wollen nicht öffentlich sprechen

Kollegen, die öffentlich für das Impfen jüngerer Kinder eintreten, spüren zudem ganz konkrete Anfeindungen. So schildert ein niedergelassener Kinder- und Jugendarzt aus dem Landkreis Stendal (Sachsen-Anhalt) am Telefon, dass er ein klarer Befürworter der Corona-Impfung von jüngeren Kindern sei: Um das Übertragungsrisiko zu minimieren, sei sie wichtig aus seiner Sicht – auch um letztendlich die Älteren zu schützen. Er habe dies auch gegenüber einem regionalen Fernsehsender erklärt. „Inzwischen will ich nicht mehr mit Namen zitiert werden“, sagt der Arzt. „Die Anfeindungen, die man dann zu spüren bekommt, sind zahlreich.“ Man bekomme beleidigende Mails, auch schlechte Online-Bewertungen der Praxis. „Ich bin entsetzt, dass dieser Arzt ab dem 22.12.2021 den Kindern einen bedingt zugelassenen Gen „Impfstoff“ verabreicht“, schreibt da beispielsweise ein Nutzer.

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Dem Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte ist das Problem bewusst. „Wir raten unseren Mitgliedern, einen kühlen Kopf zu bewahren – es ist leider ein Phänomen, mit dem wir es noch länger zu tun haben werden“, sagt der Sprecher Jakob Maske. Ihm ist eine Praxis in Berlin bekannt, die wegen Morddrohungen kurzzeitig den Betrieb einstellen musste. „In solchen Fällen muss juristisch vorgegangen werden“, rät er.

In manchen Fällen sind juristische Schritte nötig

Leichtere Formen der Diffamierung müsse man hinnehmen, ergänzt sein Kollege Till Reckert, Sprecher des BKVJ-Landesverbandes Baden-Württemberg: „Impfgegner haben erlebt und erleben, dass sie zunehmend vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden. Sie erleben dies nun auch für ihre Kinder“, so der Kinderarzt aus Reutlingen. „Sie wehren sich mit den Mitteln, die ihnen bleiben: Sie weisen auf die vielen Widersprüche in der Coronapolitik hin und reagieren mit Shitstorms oder Ähnlichem, die sie über ihre Netzwerke orchestrieren.“

Es gibt aber auch Ärzte, die öffentlich für Impfungen werben. So schreibt der Stuttgarter Kardiologe und Internist Paolo Bavastro unserer Zeitung, dass er seit Mitte November Impfungen bei jüngeren Kindern durchführe. „Die Nachfrage ist groß, Eltern kommen von weit her, weil sie vor Ort keinen Arzt finden, der bereit ist, die Kinder zu impfen.“