Die Deutsche Bank ist der Primus unten den deutschen Geldinstituten. Doch es gibt noch viele offene Baustellen für ihren Chef John Cryan. Foto:dpa

Bei der Commerzbank ist die Strategie des neuen Vorstandschefs schon recht klar erkennbar, bei der Deutschen Bank noch lange nicht.

Frankfurt - Die Mitarbeiter der beiden deutschen Großbanken sind verunsichert. Schon seit Wochen hören sie nur immer wieder von Gerüchten, wie sich die beiden neuen Vorstandschefs, John Cryan bei der Deutschen Bank und Martin Zielke bei der Commerzbank, die Zukunft ihrer Institute vorstellen. Da wird mal von einer möglichen Fusion gesprochen, was dann sofort von beiden Seiten dementiert wird, dann wieder von Stellenstreichungen in unbekannter Höhe. Ende September, spätestens Anfang Oktober, so heißt es zumindest jetzt in Finanzkreisen, sollte mit den Spekulationen Schluss sein. Dann wollen Cryan und Zielke ihre jeweiligen Strategien vorstellen, die Umsetzung kann beginnen.

Während sich der Brite Cryan, der schon mehr als ein Jahr Zeit hatte, um seine Ideen zu präsentieren, sich aber bisher nach wie vor mit Einzelheiten zurückhält und darauf verweist, dass er noch stark mit der Analyse beschäftigt ist, kann sich sein Pendant Zielke, der erst im Mai das Ruder übernommen hat, als langjähriger Privatkundenvorstand der Commerzbank vor schnellen Entscheidungen nicht drücken. Zwar war Zielke immer ein enger Verbündeter seines Vorgängers Martin Blessing, der das Institut durch die Krise geführt hat, aber dennoch hat er als neuer Chef erst einmal die Berater von McKinsey zu Hilfe gerufen, um die Grundfesten der Bank überprüfen zu lassen. Die kamen auf die Idee, die bisherige Mittelstandsbank abzuschaffen und künftig Großkunden von den Investmentbankern, kleinere und mittlere Firmenkunden von der Privatbank betreuen zu lassen. Ein durchaus logischer Schritt, auf den man auch früher hätte kommen können – der jetzt aber noch den pikanten Nebeneffekt hat, den Vorstandskollegen Markus Beumer, der als möglicher Vorstandschef gehandelt worden war, loswerden zu können .

Bei der Commerzbank ist eine Strategie erkennbar

Auch sonst zeichnet sich die Strategie der Commerzbank eigentlich klar ab. Vieles von dem, von dem sich Zielke künftig Wachstum verspricht, wird aber nicht etwa von den McKinsey-Beratern erdacht, sondern von einer Gruppe junger Leute, die in einem Hinterhof an der Mainzer Landstraße in Frankfurt in einem Backsteinbau sitzen. „Neugelb“, heißt das Startup, das der Nachfolger Zielkes als Privatkundenvorstand, Michael Mandel, im Juni vorgestallt hat. Dort wird eifrig daran getüftelt, wie man Digitalisierung und Filialgeschäft unter einen Hut bringen kann – beides, so jedenfalls Zielkes Überzeugung, wird eine Bank in Zukunft brauchen.

Bei der Deutschen Bank ist die Strategie dagegen noch nicht so eindeutig. Klar, man will Filialen schließen, die Postbank verkaufen und die Rechtsstreitigkeiten beilegen. Filialschließungen hält Cryan-Konkurrent Zielke für grundfalsch – zumal die deutschen Großbanken angesichts des Wettbewerbs mit Sparkassen und Genossenschaftsbanken ohnehin schon einen mageren Anteil am Privatkundenmarkt haben. Dennoch will Cryan rund 3000 Stellen in den Filialen streichen, insgesamt rund 9000 weltweit. Die Postbank, davon sind immer mehr Manager bei der Deutschen Bank überzeugt, wird man am Ende trotz der Ankündigungen nicht verkaufen. Zum einen, weil eben auch die Deutsche Bank eine große Kundenbasis (allein bei der Postbank 14 Millionen) braucht, zum anderen, weil wohl niemand im Augenblick bereit ist, den Preis zu bezahlen, den die Bank bräuchte, um zumindest mit einem blauen Auge aus dem Abenteuer heraus zu kommen. Sechs Milliarden Euro hatte die Bank für die Postbank bezahlt, in den Büchern steht das Institut noch mit gut 4,5 Milliarden – die kann auch die Deutsche Bank nicht einfach abschreiben. Aber vor allem das Thema Rechtsstreitigkeiten belastet jeden Neuanfang.

Die Deutsche Bank wirkt noch immer recht hilflos

Es klingt schon beinahe ein bisschen hilflos, wenn Cryan in einem internen Schreiben die Mitarbeiter zu mehr Eigeninitiative aufruft. „Wir möchten nicht nur unsere Strukturen verändern, sondern auch die Art, wie wir arbeiten“, schrieb der Brite am Montag in einer Nachricht an die rund 100000 Mitarbeiter des Instituts. Vorsicht und Hierarchie-Denken lähmten Deutschlands größtes Geldhaus, konstatierte Cryan - und rief die Mitarbeiter zu mehr Eigenverantwortung auf. „Trauen Sie sich zu entscheiden, statt auf eine Ansage von oben zu warten.“

Die Deutsche Bank müsse sich aus seiner Sicht stärker als Technologieunternehmen verstehen. „Wir sollten mutiger sein, wie Unternehmer denken. Das ist nicht allein Sache des Vorstands.“ In der Tat können die Mitarbeiter bisher nicht erkennen, wohin die Reise geht. Nicht nur die Postbank spielt in der Gerüchteküche eine große Rolle, sondern auch die Vermögensverwaltung. Cryan sagt nur, was er nicht will: „Die Deutsche Asset Management ist und bleibt ein essenzieller Bestandteil unseres Geschäftsmodells.“ Ähnlich war es mit dem Gerücht über eine mögliche Fusion mit der Commerzbank. Offenbar haben sich beide Seiten tatsächlich unterhalten. Cryan selbst hat vor einigen Wochen auf einer Tagung öffentlich dafür plädiert, dass der Konzentrationsprozess in der Branche voranschreiten müsse – aber eben nicht mit Deutscher Bank und Commerzbank.