Ideale Bedingungen für Tiefschnee-Fans. Foto: Vail Ressorts

Für tollkühne Abfahrten von tief verschneiten Gipfeln braucht man in Colorado keinen Helikopter.

Die Schneekatze schnurrt. Das knallrote Raupenfahrzeug ist in seinem Element: Es kriecht durch unwegsames Gelände, nimmt jeden Steilhang und schleicht in Schräglage souverän durch den Tiefschnee. Die zwölf Skifahrer an Bord des Kabinenaufsatzes sitzen warm und weich, werden mit Reggae-Musik in Stimmung gebracht, während sie die beeindruckende Berglandschaft oberhalb von Keystone auf sich wirken lassen. Mulmig kann es einem werden, wenn man so direkt hinunterschaut: auf das extreme Gefälle der Bergflanken, auf schmale Rinnen und dichte Wälder, wo die Abfahrten für Tollkühne mit "most difficult" oder "extreme terrain" gekennzeichnet sind – nichts für Angsthasen.

Die Independence Bowl ist eine weitläufige Mulde unter einer über 3800 Meter hohen Bergkuppe. Sie ist eines der Gebiete, in denen der Veranstalter Keystone Adventure Tours eine Alternative zum Heliskiing anbietet: sogenannte Cat Skiing Tours. Cat steht für Snowcat, eben jene zum Personentransport umgebauten Pistenraupen, mit denen Freerider in unzugängliches Tiefschneeterrain transportiert werden. Die Teilnehmer der Cat-Touren sollten gute Skifahrer, gesund, über 18 Jahre alt oder in Begleitung Erziehungsberechtigter sein, so steht es in der eng bedruckten zweiseitigen Einwilligungserklärung, die jeder unterschreiben muss.

"Don't worry!", keine Sorge, das ist eine sichere Sache, sagen die vier Jungs der Adventure Tours, die hier Dienst tun. Mitch, Brand, Steve und James lieben diesen Winterjob und sind so mitreißend gut gelaunt, dass sich auch zögerliche Kandidaten zunehmend auf das extravagante Schneevergnügen freuen. Zur familiären Atmosphäre trägt Lawinenhündin Lily bei, die vor Aufregung Kapriolen schlägt.

Im Stützpunkt der Adventure Tours, einer Holzhütte neben der Gipfelstation des Dercum Mountain, passen die Jungs jedem ein Paar Spezialskier fürs Tiefschneefahren an. Später wird einer die Schneekatze fahren, einer kümmert sich um das Mittagessen in der Schutzhütte, und zwei begleiten die Gäste durchs Gelände. Alles ist perfekt organisiert und wirkt doch so entspannt, als wenn Alt-Hippies zur Strandparty einladen. Pünktlich um 9 Uhr brummt der Dieselmotor, denn das Tour-Ende um 14 Uhr muss exakt eingehalten werden. Den zahlenden Gästen sind mindestens sechs Abfahrten garantiert. Bei schnellen und sicheren Fahrern können es sogar bis zu elf Runs werden.

Die Truppe, die an diesem sonnigen Tag auf der unverspurten weißen Kuppe ankommt, hat noch etwas mit der Anpassung an die dünne Luft zu kämpfen. Zwischen 3200 und 3600 Meter hoch liegt das Gelände. Lily japst vor Freude und badet im Schnee. Aber Mitch ist sich ganz sicher, dass die Lawinenhündin im Fall der Fälle nicht nach Schneehasen, sondern nach Verunglückten graben würde. Die Guides können ihre Schutzbefohlenen über den kleinen Apparat orten, den jeder umgebunden hat. Ansonsten gilt: Wer stürzt und sich wieder aufrappelt, muss mit Handschlag auf den Helm signalisieren, dass alles in Ordnung ist. Dann darf der Kandidat seine Siebensachen wieder einsammeln und zur Gruppe stoßen.

Das Lawinengerät braucht zum Glück niemand, den Schlag auf den Helm nur am Anfang ein paar ungeübte Tiefschneefahrer. "Vertraut den Skiern und dem Schnee. Die führen euch!", ruft uns Mitch zu. Jedes Paar der breiten Latten trägt den Namen eines berühmten Rodeo-Bullen. Aber wenn diese Skier jemanden abwerfen, dann fällt man wenigstens weich. Einer unserer bärtigen Outdoortypen gibt das Kommando zum Aufstellen. Helmschnallen klicken, der Atem geht schneller, was aber nicht nur an der dünnen Luft liegt.

Die Gruppe steht in einer Reihe vor dem ersten Hang. Die Erste fährt perfekt bis zum Meeting Point. Der Nächste bitte! So geht es zwölfmal, dazwischen Helmklopfen, prustend auftauchen, Skier ausgraben, wackelig vor Anstrengung wieder anschnallen, tief durchatmen, weiter. Der erste Durchlauf dauert etwas länger, auch beim zweiten durch den Wald gibt es noch Stürze mit mühsamem Aufstehen. Die Guides helfen, wenn jemand partout nicht mehr hochkommt. Und die anderen warten geduldig, bis die Schneekatze wieder heranschleicht und uns einlädt.

Bis zum Mittagessen sind alle einigermaßen sicher im tiefen Element, aber auch reif für eine Pause. Die wird stilvoll zelebriert in einer Art Jurte, wo Tische schön eingedeckt und das Büfett angerichtet ist. Die Jungs erzählen, dass sie diese Touren seit sieben Jahren anbieten, mit zunehmendem Erfolg. Die Snowcats seien eine schonende Transportart. Braunbären, Luchse, Kojoten, Füchse, Elche und Hirsche, die in diesen Wäldern zu Hause sind, würden nicht gestört, und außerdem sei die Fahrt mit den Pistenraupen ein Erlebnis für die Gäste. Ganz zu schweigen von den vielen abwechslungsreichen Abfahrten, die die Schneekatze ermöglicht.

Wir schaffen sieben Abfahrten. Ab und an bleibt ein Teilnehmer in der Kabine beim Fahrer sitzen und pausiert eine Runde. Die dünne, extrem trockene Luft, das anspruchsvolle Terrain und der Schnee sind nicht ganz ohne. Wer schon ein paar Skitage zum Akklimatisieren hatte, ist im Vorteil. Doch auch im Fonds der Schneekatze ist Nervenkitzel garantiert. Das Gefährt klettert extreme Steilhänge hinauf, während sich vor der verglasten Fahrerkabine eine einsame weiße Wunderwelt ausbreitet. Die Gore Range und der Dillon Lake tauchen auf, die Tenpeak-Kette und sogar die Skiberge von Copper Mountain. Schon allein wegen dieser Sicht hat sich der Tag gelohnt. Und spätestens, als vor der letzten Abfahrt auf den Hängen gegenüber unsere Spuren im Schnee zu sehen sind, wird jedem klar, wie atemberaubend Cat Skiing ist.

Colorado

Anreise
Airlines wie Unites Airlines ( www.unitedairlines.de) und Lufthansa ( www.lufthansa.com) bieten Direktflüge von Frankfurt nach Denver International Airport ab 570 Euro (hin und zurück) an. Von Denver aus gibt es mehrere zum Teil kostenfreie Shuttlebusse direkt zur Unterkunft, oder man nimmt einen Mietwagen.

Colorado Vail Resorts Die Wintersportorte, die in Colorado als Vail Resorts vermarktet werden – Vail, Beaver Creek, Breckenridge und Keystone – liegen auf 2255 bis 3963 Meter Höhe. Beaver Creek bietet Spitzenservice und viel Luxus, dazu jede Menge schwarze Abfahrten und kontrolliertes Offpiste-Gelände. Wer sich The Talon Challenge zutraut, muss 13 tiefschwarze Abfahrten am Stück fahren. Vail ist der größte Skiberg Nordamerikas mit 193 abwechslungsreichen Abfahrten. Nur in Keystone gibt es Nachtskifahren am Dercum Mountain. Alle Infos unter www.snowusa.com.

Veranstalter
Mehrere deutsche Veranstalter haben bis Ende April Skireisen in die Colorado Vail Resorts im Programm. Bei Faszination Ski (www.faszinationski.de) und Wingert Reisen (www.wingert.de) kann momentan das "Ski for free"-Package gebucht werden, das neben einem Sechs-Tage-Skipass, dem Hin- und Rückflug und Mietwagen auch sieben Übernachtungen/Frühstück ab 1290 Euro enthält. Weitere Anbieter: Aeroski (www.aeroski.com), Hagen Alpin Tours (www.pulver-schnee.de), Sturmboeck Club Reisen (www.sturmboeck.com).

Cat Ski Tour
Bei Keystone Adventure Tours kann an vier Tagen in der Woche bis Anfang/Mitte April eine Cat Ski Tour gebucht werden. Die Skifahrer werden mit der Schneekatze auf einen über 3000 Meter hohen Bergrücken transportiert und fahren durch Tiefschneegelände mit ausgebildeten Guides und Sicherheitsausrüstung mindestens sechs Abfahrten. Im Preis von 160 Euro pro Person sind die Spezialskier, die Sicherheitsausrüstung, der Transport, das Mittagessen und die Begleitung enthalten. Nur für geübte Skifahrer. Infos unter www.snowusa.com oder Telefon 001/ 970/496/4386, www.keystone.com.

Was Sie tun und lassen sollten
Auf jeden Fall in Beaver Creek sich von einem privaten Guide einen Tag zu den schönsten Pisten und ins Gelände führen lassen (Adventure Class ca. 88 Euro pro Person). Das tolle Bergpanorama von Keystone kann man auch ohne Skifahren genießen. Keystone Adventure Tours bieten auch einstündige Sightseeing Touren mit den Snowcats an, Infos dazu unter www.keystone.com. Die Lieblingspiste von Lindsey Vonn in Vail ist der 6,4 Kilometer langen Riva's Ridge. Infos über alle Vail Resorts: www.snowusa.com.
Auf keinen Fall die Höhe unterschätzen. Die Skigebiete liegen oft über 3000 Meter hoch, die Höhenkrankheit ist eine Gefahr, da die Luft sauerstoffärmer und sehr trocken ist. Deshalb sollte man unbedingt viel Wasser trinken, sich langsam akklimatisieren und ausreichend Sonnenschutz verwenden.