In der Königstraße könnten zumindest Pakete mit dem Lastenfahrrad statt dem Lkw ausgeliedert werden Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

In der Stuttgarter City könnten drei von vier Fahrten mit Lieferwagen durch eine Paketverteilung mit Lastenrädern oder batteriebetriebenen Caddys ersetzt werden. Dieses Ergebnis seiner Untersuchung hat Steffen Raiber vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation am Dienstag im Technikausschuss des Gemeinderates vorgestellt.

Stuttgart - Stadträte fast aller Fraktionen zeigten sich angetan. Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) hält einen Versuch für den nächsten logischen Schritt: „Wir arbeiten daran.“

Der Studie vorausgegangen waren Gespräche der Industrie- und Handelskammer Stuttgart und der Karlsruher PTV Group, eines auf Verkehrsoptimierung spezialisierten Dienstleisters, mit zahlreichen Lieferfirmen. Diese beklagen ein zu enges Lieferzeitfenster für die City-Fußgängerzonen, zu viele Baustellen, zu wenig Logistikflächen und mangelhafte Information über Störungen. Sie zeigten aber Interesse an einem Konzept für die „letzte Meile“, also den Lieferweg zum Endkunden.

Steffen Raiber betrachtete für die Untersuchung der City-Logistik zwei Paketdienstleister mit zusammen 35 Prozent Marktanteil. 50 Prozent aller Pakete entfielen auf die Königstraße (100 Prozent: 900 Pakete pro Werktag), 75 Prozent auf nur sechs Straßen in der City. In der Umstellung von dieselbetriebenen Transportern auf emissionsfreie Lastenräder sieht Raiber „ein großes Potenzial für Stuttgart“. Räder müssten zwar öfter zu einem Paketdepot und bräuchten vielleicht mehr Personal, „im Idealfall bekommen wir aber drei von vier Lieferwagen aus der City“, sagte Raiber.

„Wir sind einen großen Schritt weiter, der Vortrag schreit nach einem Versuch“, sagte Schairer. Die Anpassung der Lieferzeit werde man beim Thema nachhaltige Mobilität diskutieren, Verkehrssteuerung und Baustelleninfo seien Themen für den Haushalt.

Für die CDU müssen es nicht unbedingt Räder zur Verteilung sein. „Wie wäre es mit einer Art Golfcaddy?“, sagte Fraktionschef Alexander Kotz. Die bisher auf 9 Uhr begrenzte Anlieferzeit müsse angepasst werden, könne vielleicht bis 12 Uhr reichen. Ein Versuch sei richtig, sagte Grünen-Fraktionschef Peter Pätzold. De facto werde heute schon den ganzen Tag angeliefert.

„Das Kontrollpotenzial der Stadt ist nicht ausreichend“, monierte Hans H. Pfeifer (SPD). Er äußerte Bedenken, sprach von einer „Armada von Lastenrädern“, für die es keine extra Fahrwege gebe. Und die Umladestellen würden „nicht schön aussehen“. Eine Fläche mit 54 Quadratmetern oder bis zu vier Flächen mit je zwölf Quadratmetern seien nötig, hatte Raiber vorgerechnet. „Wenn drei Viertel der Fahrten eingespart werden können, müssen wird den Schritt tun“, sagte Gangolf Stocker (SÖS/Linke-plus). Auch Freie Wähler, AfD und FDP sowie Stadtisten sprachen sich für einen Praxistest aus.