Zeit für Bekehrung, Zeit für den Christustag Foto: dpa

In der Porsche-Arena treffen sich die Pietisten zum Christustag. Während der Kirchentag bunt, plural und offen ist, geht es hier um eine klare Botschaft: Die Bibel hat immer Recht. Vor allem die „Ausgrenzung“ der messianischen Juden empört die Evangelikalen.

Stuttgart - Von der Decke der Porsche-Arena hängen sieben riesige Buchstaben, kunterbunt bekritzelt. „Christus“ steht darauf. Zeit für Erneuerung, Zeit für Bekehrung, Zeit für den Christustag. Die Ränge sind vollbesetzt. „Vater, unser Vater“ tönt es durch die Halle, „bis ans Ende der Zeiten.“ Sanfter Sacro-Pop verzückt die Besucher, die mit geschlossenen Augen und erhobenen Händen mitsingen. „Vater, unser Vater, alle Ehre deinem Namen.“

Die Pietisten haben sich versammelt, die frommen und konservativen Christen. Um Mission geht es. Und die messianischen Juden. „Das ist ein sehr großes Leid an diesem Kirchentag, dass sie nicht dabei sind. Es ist eine Tragik, dass das Gespräch mit den messianischen Juden auf diesem Kirchentag so minimalistisch geführt wird“, sagt Dorothee Gabler, Dozentin an der Evangelischen Missionsschule Unterweissach auf dem Podium.

Als Moderator Ralf Albrecht den Leiter der messianischen Juden, Anatoli Uschomirski, begrüßt, brandet Applaus auf. „Wir haben uns sehr gut in die schwäbische Gesellschaft integriert“, sagt Uschomirski. Er kritisiert das intellektualisierte Christentum, dass den messianischen Juden „auf dem größten Treffen der deutschen Protestanten einen Platz verwehrt“. Dies sei ein Fehler. „Die Christen können von uns lernen, die Bibel durch die jüdische Brille zu sehen. Wir können voneinander viel lernen.“

Das Kirchentagspräsidium hat den messianischen Juden den Aufbau eines Standes auf dem Markt der Möglichkeiten verweigert. Für die Pietisten ein Eklat. Sie sehen in den messianischen Juden ein Verbindungslied zwischen Juden und Christen. Messianische Juden glauben an Jesus Christus als Messias und gleichzeitig praktizieren sie jüdische Bräuche und begehen jüdische Feiertage. „Ihr messianische Juden habt einen Platz in unserem Herzen“, sagt Moderator Albrecht, der im Hauptberuf evangelischer Dekan von Nagold ist.

Im Interview mit den Stuttgarter Nachrichten hat Albrecht sich bekümmert über das Verhalten des Kirchentagspräsidium um Generalsekretärin Ellen Ueberschär gezeigt. Ohne die Abweisung der messianischen Juden wäre die Kooperation von Kirchentag und Christustag noch weiter gegangen. Ueberschär hatte es abgelehnt, Anhänger einer aktiven christlichen Judenmission auf dem Kirchentag ein größeres Podium zu geben. Man hat sich auf eine Podiumsdiskussion mit einem Vertreter der messianischen Juden, der evangelischen Kirche und der jüdischen Gemeinde.

Ein prominenter Gast auf dem Podium des Christustages ist der Unternehmer Heinrich Deichmann, der eine deutschlandweite Schuhwarenkette besitzt, auch er „der in Bibel lebt“ wie Albrecht sagt. Gewinnmaximierung, Shareholder Value, hohe rendite – für den evangelikalen Christen Deichmann ist das zu wenig. Er will die biblische Botschaft privat und in seinem Unternehmen leben.

„Die Kirche sollte sich wieder auf das Wesentliche besinnen - auf das Evangelium“, betont Deichmann und redet den Anwesenden aus der Seele. Die Bibeltreuen sind in der Porsche-Arena. Der erhoffte Austausch mit den Besuchern des Kirchentages bleibt – bis auf ein paar Wenige - aus.

Nach dem Podium folgt die Kollekte. Der Klingelbeutel geht rum, die Pietisten zücken ihre Brieftaschen, um die „Christusbewegung“ zu unterstützen. „Wir danken herzlich, dass sie unsere Projekte mittragen, damit das Wort Gottes in die Welt hinausgetragen wird“, sagt Moderator Albrecht zum Schluss. „Vergelt’s Gott.“ Und ab geht’s in eine kurze Pause.