Allen Anfeindungen zum Trotz: 2-G-Partys stecken an mit guter Laune. Der Partygrieche Cavos und die Kultdisco Boa feiern in der Nacht zum Freitag den Neustart heftig. Servietten fliegen – und Corona scheint für einige Stunden weit weg.
Stuttgart - Würde es keine Corona-Impfungen geben, wäre die Menschheit kleiner – und Stuttgarts Partygrieche müsste noch immer aufs Partymachen warten.
Die Taverna Cavos, 2012 nach Münchner Vorbild an der Lautenschlagerstraße eröffnet und zuletzt fast ein Jahr lang geschlossen (länger als von den Coronagesetzen verlangt), war bekannt dafür, dass, sobald Grillteller leer gegessen und Kerzen ausgeblasen sind, die Gäste bei lauter DJ-Musik enthemmt tanzen und Servietten werfen, als gäbe es kein Morgen. Das Gegenteil von Kehrwoche wütet in normalen Zeiten an einem Ort im Feierrausch. Ihren Spaß an der Verrücktheit holen sich nun die „Cavosianer“, wie sie sich nennen, bei einer Party zurück, die „Return of the Ouzo“ heißt.
Der Malo-Wirt feiert beim Cavos-Comeback seinen 59. Geburtstag
In the Länd goht’s ab! 400 Stammgäste sind eingeladen – alles geht aufs Haus. Selbst Champagnerflaschen stehen auf den Tischen for free. Nur Geimpfte oder Genesene dürfen kommen, was – wie neuerdings so üblich – für Beschimpfung im Netz sorgt.
Hiki Shikano Ohlenmacher, der Cavos-Betriebsleiter, nimmt’s gelassen. „Von 300 Kommentaren zu unserem 2-G-Post waren etwa 250 gegen uns“, sagt er. Die Profile der Protestierer hat er sich genau angeschaut. „Die schreiben, sie würden nie wieder zu uns kommen – aber waren noch nie da.“ Viele Profile seien Fakes – als würden sich Impfgegner verbünden, um über 2-G-Freiheiten herzufallen. Dies bestätigt Matthias Grohe. Der Wirt des neuen Dschungelrestaurants Malo feiert beim Cavos-Comeback seinen 59. Geburtstag. Bei der Polizei hat er Anzeige gegen unbekannt erstattet. Ein Hater schickte ihm eine Morddrohung, weil er nur Geimpfte und Genesene reinlässt. Grohe hat „keine Lust, Blitzableiter der Politik zu sein“. Auch mit 2 G ist der Andrang im Malo groß. „Wir sind bis Weihnachten meist voll.“
Hat keiner Angst vor Impfdurchbrüchen?
Politik und Corona scheinen weit weg. Weil so viele für die Ouzo-Party zugesagt haben, hat das Cavos ein Zelt im Hof aufgebaut. Der Schreiber dieser Kolumne ist stolz: Er schafft’s den ganzen Abend ohne Ouzo! Dies können nicht so viele von sich sagen. Bauunternehmer Florian Gauder, so etwas wie der Ehrenvorsitzende des Vereins „Cavosianer“, dessen Vereinszweck „Spaß“ ist, trinkt verschärft – er kippt „Blouzo“. Dabei handelt es sich um einen blau gefärbten Ouzo – mit durchschlagender Wirkung. „Man pinkelt danach grün“, sagt Gauder und lacht. Schon etliche Männer seien vor Angst zum Urologen gerannt, weil sie dachten, krank zu sein. Ist aber nur harmloser Farbstoff!
So gehen Späße von Männern, die das Erwachsenwerden noch ein bissle rausschieben. Auf die Crazy-Time hat das Cavos lange gewartet. Selbst im Sommer im Freien wollte der Partygrieche nicht öffnen, sondern erst, wenn Party erlaubt ist. Im Mai kam trotzdem mal die Polizei, um ein heimliches Fest aufzulösen. Der Cavos-Chef weilte im Urlaub. Er habe nix damit zu tun, nur den Schlüssel einem gegeben, der dies ausnutzte. Ach so.
Bei 2 G fällt die Maske. Hat keiner Angst vor Impfdurchbrüchen? „Man könnte vom überschaubaren Risiko reden“, sagt ein junger Mann und streicht das Positive heraus: „Ist doch toll, dass so viele geimpft sind!“ Die Kontrollen am Eingang sind genau. Ein anderer Gast gibt zu bedenken: „Hoffentlich fällt uns 2 G nicht auf die Füße. Wenn Geimpfte nicht mehr zum Testen gehen, kann’s gefährlich werden.“ Und etliche Impfpässe seien obendrein gefälscht. Ein Arzt ist im Saal! Schönheitschirurg Christian Fitz hat die dritte Impfung hinter sich und rät dies allen anderen. Sänger Almklausi und dessen Frau Maritta – sie waren im „Sommerhaus der Stars“ – sitzen bei ihm. Die Aufzeichnung der RTL-Trashshow war im Juni. „Was gesendet wurde, ist extrem zusammengeschnitten“, klagt Almklausi, „auf unsere Kosten.“ Dies grenze fast an Mobbing. Seine Frau würde trotzdem „jederzeit wieder mitmachen“.
Beauty-Doc Christian Fitz rät zur Booster-Impfung
Servietten fliegen – und eine alte Schlange beißt wieder zu. In derselben Nacht feiert die renovierte Boa ihren Neustart, ebenfalls unter 2 G. Dabei: der frühere Fußballprofi Kevin Kuranyi. Boa-Chef Rainer Frankfurth begrüßt Vorgänger Werner „Sloggi“ Find. Diesem gefällt, dass seine Disco dem Jungbrunnen entstiegen ist, auch wenn er alles „noch etwas geleckt“ findet. Später ist’s so voll, dass dies nicht mehr auffällt.
Die 2-G-Option fühlt sich an wie ein kleiner Freedom-Day. In ist, wer drin ist, hieß es früher. Jetzt: In ist, wer geimpft ist. Wer reinkommt, bestimmt der Impfnachweis. Wird’s zum Ansporn für den Piks? Oder wird noch mehr Hass das Netz fluten? Sobald Servietten fliegen, ist dies alles aber vergessen.