Die Integration von Menschen mit Handicap ist für die Unternehmergattin Carmen Würth Lebensaufgabe.
Künzelsau - Die Stunden der Ungewissheit Ende September 2015 müssen zu den schrecklichsten im Leben von Carmen Würth gehören. Ihr behinderter Sohn Markus wird aus einer therapeutischen Lebensgemeinschaft in Hessen entführt. Wenig später kommt er unversehrt frei, die Entführer sind bis heute nicht gefasst.
Die Geschichte als Unternehmergattin beginnt für Carmen Linhardt im Sommer 1956. Damals lernte die junge Frau, am 18. Juli 1937 in Pforzheim geboren, bei einem Gottesdienst in einer neuapostolischen Kirche den 21-jährigen Schraubenhändler Reinhold Würthkennen, der auf Verkaufstour in Friedrichshafen unterwegs ist. Er wirbt heftig um die Frau mit den schwarzen Augen und Haaren – und hat Erfolg. Am 9. Dezember 1956 findet in Künzelsau die Hochzeit statt. „Ich wurde eher geheiratet, als dass ich bewusst geheiratet habe“, erzählt sie ihrem Biografen Wolfgang Bok („Carmen Würth. Mit dem Herzen sehen“, Swiridoff-Verlag).
Die Wendung in Carmen Würths Leben
1958 kommt Tochter Marion zur Welt, drei Jahre später Tochter Bettina (heute Vorsitzende des Stiftungsbeirats). Die Familie und das Unternehmen wachsen. „Ich war weitgehend eine alleinerziehende Mutter“, erinnert sie sich. 1965 scheint das Glück vollkommen: Stammhalter Markus wird geboren. Doch eine Impfung im Babyalter schädigt den gesunden Jungen, der seither geistig behindert ist. Markus’ Schicksal gibt Carmen Würths Leben eine Wendung. Die Integration von Menschen mit Handicap wird zur Lebensaufgabe der Philanthropin, „behinderte und nicht behinderte Menschen in harmonischer Weise zusammenzubringen“. 1999 entwickelt sie die Konzeption für eine Stätte der Kommunikation und Begegnung von Menschen mit und ohne Handicap, die 2003 in die Eröffnung des Hotel-Restaurants Anne-Sophie in Künzelsau mündet. Das Haus lernt Mitarbeiter mit einer Behinderung in die Arbeitsabläufe eines Gastronomiebetriebes ein. Im Hotel trifft man häufig auf Carmen Würth, die hier ganz ungezwungen herzliche Gastgeberin ist.
Vielfach sozial engagiert
Barrieren zu überwinden, das ist auch das Ziel ihrer 2008 gegründeten Stiftung Carmen Würth und der vielen Einrichtungen, die Würth im In- und Ausland unterstützt. Sie engagierte sich als Vizepräsidentin von Special Olympics Deutschland und als Schirmherrin der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Baden-Württemberg. Übrigens: Einen Wikipedia-Eintrag zu Carmen Würth sucht man vergebens. Ein weiterer Ausdruck ihrer Bescheidenheit.